Im Hafen haben wir Max kennengelernt. Seit 20 Jahren pendelt er zwischen Stuttgart und Menorca, das seine zweite Heimat geworden ist. In Addaia besitzt er ein kleines Ferienhaus. Hier im Hafen liegt auch sein Boot, das er sich gemeinsam mit seiner Katze teilt, seit seine Frau vor ein paar Jahren verstorben ist. Vorgestern saßen wir mit Max in der „Cantina“ zusammen. Er erzählte uns viele lustige und traurige Geschichten aus seiner Zeit auf Menorca und schwärmte so von der Schönheit dieser Insel, dass wir uns gestern einen Ruck gaben und doch wieder ein Auto mieteten.
Morgens ging ich mit meinem Anliegen zu Juana ins Hafenbüro. Sie rief eine Autovermieterin im Nachbarort an, fragte nach dem Preis und bereits nach 20 Minuten hielt die Vermieterin mit einem Opel Corsa vor der Tür. Nach einem Schwätzchen mit Juana fuhr sie mit uns in ihr Büro. Die Formalitäten waren schnell erledigt, die Geschäftsbedingungen wurden in Deutsch ausgefertigt. Ein Protokoll wurde nicht erstellt, denn der Wagen ist Vollkasko versichert. Ohne Selbstbeteiligung, ohne Kaution! Er war ein Viertel vollgetankt. So müssen wir ihn auch morgen wieder im Hafen abstellen. Unverschlossen, den Schlüssel unter dem Blendschutz deponiert. Und jetzt kommt der Hammer: Für zwei Tage kostet uns der Spaß ganze 60 Euro!!! – Tja, so kann´s auch gehen.
Wir starteten gleich in Richtung Ciutadella. Vom Schiff aus hatten wir lediglich die Türme der Kathedrale gesehen, auch etwas von der alten Stadtmauer und den Häusern. Das sah alles so vielversprechend aus, dass wir uns die ehemalige Hauptstadt Menorcas heute nochmal genauer ansehen wollten.
Die Kathedrale in Ciutadella
Der Weg dorthin führte zunächst durch die „Berge“ – eher eine bucklige Welt – deren höchste Erhebung mit 357 Metern herausragt und „El Toro“ heißt. Auf dem Gipfel stehen ein Gotteshaus für das geistige und eine Posada für das leibliche Wohl. Von hier hat man einen wunderschönen Rundumblick über die 700 Quadratkilometer umfassende und damit zweitgrößte Baleareninsel.
Blick vom Toro auf Port de Fornells an der Nordküste
Weiter ging es auf der Schnellstraße nach Ciutadella. Kurz vor der Stadt entdeckten wir ein Schild mit der Aufschrift: TORRETRENCADA. Wir bogen von der Schnellstraße ab und folgten einem schmalen Sträßchen, das rechts und links von schützenden Steinmauern eingefasst war. Was, wenn uns jetzt jemand entgegenkäme? Immerhin gab es an einigen Stellen kleine Ausweichstellen.
Immer weiter in die Einsamkeit führte das Sträßchen, vorbei an trockenen Wiesen, auf denen sich die Kühe im Schatten der Bäume zusammendrängten und weiße Reiher in den Kuhfladen nach Nahrung pickten. Dazwischen weiß getünchte Bauernhöfe, alle proper und ordentlich. Endlich endete die Fahrt auf einem Parkplatz mit zwei Autos. Wir wanderten den Hinweisschildern hinterher durch endlose Wiesen mit den verschiedensten Gräsersorten. Dazwischen leuchtende Disteln in Violett und Gelb. Schmetterlinge taumelten zwischen den Blüten umher, Grashüpfer sprangen uns vor die Füße und im Schutz der grünen Büsche und Bäume zwitscherten und tirilierten alle möglichen Singvögel. Zwischen ihren kurzen Gesangspausen hörte man es leise in den sonnengebleichten Gräsern knacken. Wahrscheinlich platzten da gerade Samenkapseln und verstreuten ihre Früchte auf dem ausgedörrten Boden.
Gelbe Distel mit Schmetterling
Blütenknäuel
Dann erreichten wir die prähistorische Siedlung aus der „talayotischen“ Kultur. Diese Siedlungen aus der frühen Eisenzeit (550-123 v. Chr.) sind einzigartig für Mallorca und Menorca.
Kein Mensch weit und breit! Nur wir und der „Geist der Ahnen“, die hier gelebt und gebetet hatten und gestorben waren, schien über den Wasserstellen, den künstlichen Höhlen, Gebäuden und Kultstätten zu schweben.
Der durchlöcherte Stein
Guckloch
„Taula“ – Kultstätten gibt es nur auf Menorca. Die zentrale Säule stellt symbolisch die verehrte Gottheit dar. Am Fuß der Steine wurden Opfer dargebracht. Taula ist katalanisch und bedeutet Tisch. Der Legende zufolge speiste an den Taulas ein Volk von Giganten.
In den Fels geschlagene Einzelgräber
Wasserbecken aus prähistorischer Zeit. Es wurde in den Fels geschlagen und mit großen Steinplatten abgedeckt.
Durstig, hungrig, aber sehr beeindruckt wanderten wir zum Auto zurück. Bald waren wir in Ciuadella, stellten das Auto auf einem Parkplatz oberhalb des Hafens ab und warfen einen Blick hinunter auf unseren alten Liegeplatz. Er war noch frei!
Wir haben in der Lücke zwischen dem kleinen schwarzen Schiff und dem Motorboot mit dem Schlauchboot vor dem Restaurant gelegen.
Nach einem kleinen Imbiss unten am Hafen stiegen wir die breite Treppe hinauf zur Altstadt. Wieder mal eine wunderschöne alte Stadt mit engen Gassen, prächtigen Gebäuden und hübschen Geschäften.
Rosa Haus
Der Hafenschlauch
Gasse mit herrschaftlichen Häusern
Ein Aha-Erlebnis waren die Sandalen. Sie sind auch bei uns in Deutschland gerade „in“, wurden aber hier auf der Insel „in Handarbeit“ kreiert.
Made in Menorca: In allen Formen und Farben zu haben.
Den Ausflug beendeten wir dann Cala Santa Galdana im Süden der Insel. Sie soll eine der malerischsten Buchten auf Menorca sein. Doch uns war es hier zu touristisch. Nach einem erfrischenden Smoothy zog es uns ins verträumte Addaia zurück.
Die Cala Santa Galdana
Am Bugkorb der Anima mea steckte ein ausgedruckter Wetterbericht des Deutschen Wetterdienstes aus Offenbach für die Passage nach Sardinien. Darunter mit Kuli die Notiz: „Wetterbericht von Max“.