28.06.15 – Nie is nix!

Eine Woche ist rum und wir sind noch immer in Torrevieja.

Übersetzt bedeutet der Name der Stadt  „Alter Turm“. In seiner Nähe entstand das alte Torrevieja, das später durch Erdbeben  zerstört wurde. Hier,  in einer weiten Ebene, finden sich mehrere Salzseen. Dank der zuverlässig strahlenden Sonne bilden sie die Grundlage für die Salzgewinnung, durch die ein Stück Torrevieja in alle Welt exportiert wird. Auch die Seefahrt  spielt in Torrevieja eine wichtige Rolle. Die Einheimischen trieben zum Beispiel Handel mit Cuba und brachten von dort die typischen Melodien der „Habaneras“ mit nach Hause. Ein internationaler Habanera-Contest zieht bis heute Touristen in den Ort. Auf sie ist im heutigen Torrevieja  alles ausgerichtet: In den schachbrettartig angelegten Straßen reiht sich Geschäft an Geschäft, dazwischen jede Menge Cafes , Restaurants und Tapas-Bars. Neben einem Fischereihafen hat man die Wahl zwischen drei Marinas im riesigen Hafenbecken. Die Marina International besuchten wir ja an unserem Ankunftstag. Gleich nebenan ist der Club Nautico angesiedelt und am Ende des Hafenbeckens befindet sich die Marina Salinas mit dem „Varadero“ (die Werft).

Nachdem ich der perfekt deutsch sprechenden jungen Dame an der Rezeption  der Marina International von unserem Motor erzählt habe, empfiehlt sie mir Oscar. Er hat sein Geschäft im Varadero und gilt als Motorexperte. Der Niederländer, der seit 20 Jahren hier lebt, vertritt Volvo-Penta vor Ort ( www.marine-engines-spain.com ). Außerdem betreute er Rennboote beim letzten Grand Prix auf Ibiza. Sie erreichten immerhin zweite und dritte Plätze bei dem Wettrennen! Also nix wie hin zu Oscar!

Zunächst sieht es nicht gut aus für uns. Oscar hat absolut keine Zeit für unseren Motor. Doch wir lassen nicht locker. Außerdem ist Oscar ein sehr netter Kerl, der gerne hilft. Also sollen wir den Motor warm laufen lassen und dann zur Werft kommen. Gesagt, getan…..

Eine Stunde lang drehen wir unsere Runden  draußen vor dem Hafen. Zum ersten Mal sind wir froh, als endlich das Klappern einsetzt. Dann kommt Oscars Diagnose: Im Motoröl ist jede Menge Diesel! Er vermutet, dass die Diesel-Förderpumpe defekt ist. Und dann schiebt er noch hinterher: „Weißt du, was passieren kann? Wenn immer mehr Diesel ins Öl gelangt, kann es sein, dass die Drehzahl plötzlich immer höher geht. Dann ist der Motor nicht mehr  zu stoppen, bis er explodiert.“ – Wir müssen schlucken und danken unserem Schutzengel.

Doch wie gesagt: Oscar hat keine Zeit für die Reparatur, will dem Käpt´n aber gern mit Rat und Tat zur Seite stehen sowie Ersatzteile für uns bestellen.

Wir verlegen uns zunächst in die Marina Salinas. Direkt gegenüber der Werft bekommen wir einen Platz an Steg L. Am nächsten Tag macht sich der Käpt´n ans Werk. Wie jeden Tag ist es brütend heiß und auch ohne sich zu bewegen ist man in Schweiß gebadet. Ohne Bewegung kommt man natürlich nicht an die Wasserpumpe. Die muss nämlich ausgebaut werden, damit die Förderpumpe erreichbar ist. Der Käpt´n windet sich bei  über 30 Grad Raumtemperatur wie ein Wurm auf dem Boden. Endlich liegen beide Pumpen in der Spülschüssel und werden zu Oscar gebracht. Er führt die ohnehin fällige Wartung der Wasserpumpe durch und bestellt bei Bosch eine neue Förderpumpe.

Verrenken und schwitzen ist des Skippers Los!

Verrenken und schwitzen ist des Skippers Los

Vorne: Dieselförderpumpe. Hinten: Wasserpumpe

Vorne: Dieselförderpumpe. Hinten: Wasserpumpe

Am Mittwoch können beide Pumpen wieder eingebaut werden. Der Einbau der Förderpumpe erweist sich als sehr „figelinsch“. Den Luftfilter, der zwischen den beiden Pumpen sitzt, wieder einzusetzen ist das größte Problem. Ich mache mir Sorgen um die Gesundheit des Käpt´ns, der jeden Augenblick an Hitzschlag oder Verzweiflung zu sterben droht. Doch wie immer, kriegt er auch das wieder hin.

Bis zum nächsten Tag müssen wir uns noch gedulden, dann hat Oscar wieder Zeit für uns. Er legt sich vor den Motor, testet die Öltemperatur und beurteilt das Motorgeräusch. Er meint, dass jetzt noch der Kühleranschluss verändert werden muss. Wieder winden und schwitzen!

Doch auch Experten können irren! Weiterlesen

21.06.2015 – Torrevieja

Wir kommen spät weg von Almerimar.

Der Käpt´n hält einen Ölwechsel für unerlässlich und fängt noch vor dem Frühstück damit an. Als ich vom Duschen zurückkomme, stehen Salon und Cockpit Kopf. Ich beschließe, schon mal zu frühstücken und hoffe, der Ölwechsel ist bald beendet. Doch nun muss noch das Altöl entsorgt werden. Fragt sich nur, wo! Der Käpt´n will es unbedingt herauskriegen, bevor er frühstückt. Außerdem muss das Mietauto noch zum Hafenbüro gebracht und die Hafengebühr bezahlt werden.

Ich schlage vor, meinen fertigen Blog in einem Cafe einzustellen, solange der Käpt´n noch beschäftigt ist. Wir wollen uns dann im Cafe treffen. Als ich dort ankomme, ist noch nicht geöffnet. Ich kann mich trotzdem draußen vor der Tür einloggen und fange mit der Arbeit an. Den Text und die ersten Bilder habe ich schon eingestellt, da trudelt nach und nach das Personal des Cafes ein, sperrt die Tür auf, rückt Stühle um mich herum zurecht, hängt die Blumenampeln unter die Decke der überdachten Terrasse. Ich kann unbehelligt weitermachen, doch plötzlich klappt es mit den Bildern nicht mehr. Eine Fehlermeldung nach der anderen. Und das mittendrin! Da kommt der Käpt´n um die Ecke.   „Wie weit bist du?“ –  „Ich hab´ hier Probleme mit den Bildern!“

Der Käpt´n verdreht die Augen, trippelt neben mir unruhig auf der Stelle, seufzt tief, atmet schwer. Ich kann doch auch nichts dafür!!! Der Käpt´n setzt sich etwas abseits irgendwo hin, während ich ratlos weiterprobiere. Da schleicht sich der Inhaber des Cafes mit seinem Smartphone an mich ran, tippt drauf rum und murmelt vor sich hin, dass es wohl wieder Probleme mit seiner Antenne gibt, denn das Internet funktioniert nicht.

„Und wann funktioniert es wieder?“-„Wenn der Techniker da war!“ antwortet der gute Mann.        Na, toll! Ich rufe dem Käpt´n zu, dass ich ins Cafe gegenüber muss, um die Sache zu Ende zu bringen. „Waaas?“- Die Augen rollen wieder! Doch der Käpt´n folgt mir, wenn auch widerwillig. Das Cafe hat noch nicht geöffnet, eine Angestellte fegt aber gerade  die überdachte Sitzmöglichkeit. Als ich mit  aufgeklapptem Laptop und Leidensmine vor ihr stehe, lässt sie mich kurzerhand Platz nehmen. Es geht tatsächlich weiter, doch die Internetverbindung ist sehr lahm. Der Käpt´n ist nicht bereit, sich zu setzen, bleibt noch einen Moment in der Nähe stehen und ruft mir dann kurz und bündig  zu: „Also, ich geh´ dann!“

Mir wird klar, dass das kein guter Tag wird! Trotzdem bringe ich meine Arbeit zu Ende und hetze dann zum Schiff zurück. Das Frühstück steht unberührt (bei 30° C) auf dem Cockpittisch. Der Salon steht immer noch Kopf. Und warum? Weil ich ja nie Zeit habe zu helfen! – Es gibt ein unschönes Wortgefecht, dessen Einzelheiten hier besser verschwiegen werden. Der Vorfall gehört jedenfalls zu den  typischen Szenen unserer Ehe und verleidet mir manchmal das Schreiben. Immer diese Probleme mit dem Internet, immer im falschen Moment  und dann noch das Unverständnis meiner besseren Hälfte.

Um 14:30 Uhr legen wir dann doch noch ab. Immerhin sitzen wir jetzt hier  seit zehn Tagen zwischen dem scheußlichen Plastikmeer der Treibhäuser und dem mittlerweile total beruhigten Mittelmeer, was die Laune auch nicht gerade hebt. Bis zur Bucht von Almeria verläuft die Fahrt fasst wortlos. Wenigstens der Motor macht kein Klappergeräusch mehr!  Plötzlich erhellt sich das Gesicht des Käptn´s und er deutet auf´s Meer hinaus: Delfine! Die ersten seit unserem Start aus Lagos. Das Eis ist gebrochen. Da kommt auch schon Cabo de Gata in Sicht.

Noch ein kleines Stück, und wir steuern hinter der Playa de los Genoveses in den kleinen Hafen San Jose.

Puerto San Jose

Cabo de Gata

Links auf der Hafenmauer steht ein Marinero und winkt uns zu. „Una noche?“ – „Si, una noche!“ Er deutet auf einen Platz gleich rechts hinter der Hafeneinfahrt. Wir steuern in den freien Platz zwischen den Schiffen. Ich steige vorne raus und halte Anima mea vom Steg ab. Der Käpt´n will die Mooring hochziehen, doch am Eisenring der Mauer baumelt nur ein kurzer Tampen. Die gekappte Mooringleine! Weiterlesen

16.06.15 – Bangen, Hoffen und Warten in Almerimar

Die Currywurst und auch die Pommes können wir weiterempfehlen! Allerdings werden sie  in dem kleinen  Lokal „La Plaza“ und nicht, wie fälschlicherweise berichtet , im „La Casa“ serviert. An der Theke steht Roya, eine Deutsche mit persischem Vater. In der Küche steht  ihr englischer Freund am Herd. „Frank macht das schon!“ sagt Roya, als wir ihr von unserem Motorproblem erzählen. Lecker getröstet und mit Franks Worten „Ich tippe auf die Einspritzdüsen“ im Hinterkopf gehen wir am ersten Abend in Almerimar  recht zuversichtlich zu Bett.

Franks rollende Werkstatt

Franks rollende Werkstatt

Am nächsten Tag macht sich Frank an die Arbeit. Düse 1 wird mitsamt der zugehörigen Unterlegscheibe ausgebaut und in ein leeres Gurkenglas gelegt. Düse 2 und 3 ebenso. Bisher ist nichts Auffälliges zu erkennen. Doch was ist das? Frank pult Düse 4 heraus, doch da ist keine Unterlegscheibe! Und diese Düse ist schwarz vor Dreck! Dieser Einbaufehler geht auf das Konto von Mat, „unserm Monteur“ in Plymouth. Wir können es nicht fassen! Doch gleichzeitig keimt Hoffnung auf. Vielleicht liegt es tatsächlich an den Einspritzdüsen.

2.IMG_1009 Drei sind eine zu wenig!

Nun heißt es wieder warten. Frank bringt die Düsen zu Bosch. Am nächsten Tag teilt er uns mit, dass die Düsenköpfe erneuert werden müssen.

Wir müssen noch weitere zwei Tage warten, bis Frank die Düsen bei Bosch abholen kann. Jetzt fehlt „nur“ noch die Unterlegscheibe. Dazu braucht Frank die Motornummer, worauf alle vier Scheiben neu in Murcia bestellt werden. Einen Tag später hat Frank auch diese Ersatzteile. Doch wieder heißt es: Geduld, Geduld! Frank ist ein vielbeschäftigter, sehr gefragter KFZ-Meister. Auch andere Schiffseigner warten sehnsüchtig auf seine Dienste. Zum Beispiel solche Mega-Yachten wie die „Little Taiba“ aus Kingstown/St. Vincent. Jedes Jahr kommt sie aus der Karibik nach Almerimar. Wir vermuten, um hier die Hurrikan-Saison zu verbringen. Doch jetzt hat auch sie ein Motorproblem, das Frank beheben soll.

Aus St. Vincent

                                         Mega-Yacht aus der Karibik

Mittlerweile haben wir Donnerstag, und wir sind nah an einem Hafenkoller. Und auch das noch: Einem aufziehenden Gewitter  folgt kräftiger Regen. Völlig ungewöhnlich zu dieser Jahreszeit.

Gewitter am 11.06.15 in Almerimar

Regen

Dem Regen folgt Starkwind. Endlich aus Westen, aber eben viel zu heftig. Der Windmesser zeigt bis zu sieben Bft. Anima mea zerrt und zieht an der Mooringleine. Ihr Bugspriet kommt der Mauer  gefährlich nahe. Wir müssen die Achterleine dichter holen. Das geht bei diesem Winddruck nur über die Winsch. Mit vereinten Kräften schaffen wir es, das dicke Tau über die Winsch zu ziehen.

Der Westwind ist unangenehm kühl und pustet voll in unser Cockpit. Wann haben wir das letzte Mal gefroren? – Schnell wird die Kuchenbude aufgebaut! Schön geschützt beobachten wir die Flugkünste der Seeschwalben. Trotz der Sturmböen schaffen sie es,  in der Luft auf der Stelle zu stehen. Das  aufgewühlte Wasser im Blick, stürzen sie sich plötzlich kopfüber hinein, um postwendend mit einem kleinen Fisch im Schnabel wieder hochzuschießen. Haben die Röntgenaugen?

Anders herum macht es der große Fisch, der hier im Hafenbecken  seine Kreise zieht. Plötzlich schnellt er aus dem Wasser hoch, springt wie ein Delfin zwei, drei oder viermal  in die Luft, während er zwischen den Sprüngen  mit einem lauten „Klatsch!“ in den Fluten verschwindet. Reine Lebensfreude oder Fliegenjagd? Wir finden es nicht heraus.

Wenn die Segler lieber im sicheren Hafen bleiben, kommt die Zeit der Kitesurfer.  Vor der Kulisse der Bergketten und dem flächendeckenden  „Mar del Plastico“ (Gewächshäuser aus Plastikfolien) sausen sie unermüdlich über die Wellen.

Da geht die Post ab!

Da geht die Post ab!

Der Sturm jault, faucht und heult in den Wanten. Er zerrt und reißt an der Takelage der Boote. Die Hafenmusik erfüllt die Luft mit Klimpern, Klirren und Klötern. Weiße Schaumkronen überziehen das aufgepeitschte Meer. Wir schieben Lage im Hafen! Der Käpt´n schläft schlecht, weil er sich Sorge um die Leinen macht.

Bei einem Spaziergang durch den Hafen entdecke ich das „nauticmobil“ bei der Bootswerft. Frank meint, dass er am Sonntag Zeit für uns hat.

Uns fällt langsam die Decke auf den Kopf! Beim Hafenmeister liegen Prospekte von „kisacar“  in Almeria aus. „Wherever you are, you will have your car“ lautet das Motto der Firma mit dem Katzenkopf auf Rädern. Die Mietwagen sind nicht ganz billig. Wenn man ein Auto für mindestens vier Tage mietet, werden die 30 Euro Zustellgebühr erlassen. Unsere  Gribs sagen, dass der Wind noch bis Dienstag anhält. Also bestellt der nette japanische Hafenmeister für uns einen Fiat Punto, der am Freitag um zehn Uhr am Hafenbüro angeliefert wird. Der junge Mann von  kisacar sieht sehr spanisch aus und spricht perfekt deutsch. Er verrät uns, dass sich seine deutsche Mutter während eines Urlaubs in den 80igern in seinen spanischen Vater verliebt und ihn später geheiratet hat.

Dann starten wir zu unserem ersten Ausflug. Über die Autovia del Mediterraneo fahren wir an Almeria vorbei nach Nijar. Der hübsche Ort, bekannt für seine Handwerkskunst, liegt am Rande der Sierra Alhamilla. Von hier aus folgen wir einer in unserem Reiseführer „Spanien (National Geographic Traveller)“ beschriebenen Tour durch den Parque Natural Cabo de Gata-Nijar.

Nijar

Nijar

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06.06.2015 – Almerimar

Um da weiterzumachen, wo ich zuletzt aufgehört habe: Essen gehen wir in Puerto de Benalmadena   beim Italiener. Es ist gut und reichlich. Zum Nachtisch gönnen wir uns eine Caipi in einem anderen Restaurant an der Touri-Meile. Sehr gut, sehr teuer!

Der Abschied am nächsten Morgen fällt nicht schwer. Zuerst  müssen wir mal wieder Tanken, denn Wind ist nach wie vor Mangelware.

Marina Benalmadena

     Schauerlich-schön: Puerto de Benalmadena

Nun tuckern wir an der Costa del Sol entlang. Wie schön sähe diese Küste aus, wäre da nicht die flächendeckende Bebauung mit Hotelhochhäusern! Wir können uns kaum vorstellen, dass die alle voll werden.

Marbella

                                                                                                                 An der Costa del Sol

Unser nächster Hafen heißt Marina Caleta Velez, der dazugehörige Ort Velez-Malaga. Hier ist es sehr ruhig mit schöner Aussicht auf die Berge. Im Hafenbüro sagt man mir, dass uns momentan kein  Marinero beim Festmachen helfen kann.  Oh je! Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit! Aber wir schaffen das Mooringmanöver ohne Probleme.

Marina Caleta Velez (Malaga)

Marina Caleta Velez (Malaga)

Wir wollen so schnell wie möglich weiter und  legen bereits am nächsten Morgen ab. Unsere Hoffnung auf Wind erstirbt nach dem Segelsetzen. Mit zwei Windstärken kommen wir nicht weiter. An der Küste erheben sich immer höhere Berge. Wir kommen der Sierra Nevada immer näher, und bald gibt es ein Wiedersehen mit dem Mulhacen. Ein bisschen Schnee liegt noch dort oben.

Die Gipfel der Sierra Nevada, kurz vor Motril

                                                                                        Die Sierra Nevada präsentiert sich von der Seeseite

Der arme Motor muss  5 ½ Stunden arbeiten, bis wir in Motril angekommen sind. Eine endlos lange Mole, die zur Zeit auch noch verlängert wird,  zieht sich vom Hafen auf das Meer hinaus. Gerade verlässt eine Fähre den Hafen. ARMAS steht darauf. Den Namen habe ich doch schon mal gelesen! Richtig, das war auf der Kanareninsel Gomera! Und tatsächlich steht auf dem Schwesterschiff, das im Hafen liegt: Gran Canaria. Gleich hinter dem Fährhafen liegt die Marina. Auf dem ersten Ponton steht schon ein Marinero und winkt uns zu einem freien Platz. Zu unserer Überraschung gibt es einen Schwimmsteg, keine Mooring. Um uns herum tanzen die Schiffe auf und ab. Wir schließen uns an. Ein Wahnsinnsschwell herrscht in diesem Hafen. Das ist aber auch alles, was es hier zu beanstanden gibt.

Eine Nacht Eiertanz reicht! Außerdem soll bald Starkwind kommen. Klar, natürlich aus der falschen Richtung! Aber noch ist es ruhig und wir düsen weiter nach Almerimar. Etwa zwölf Meilen  vor unserem Ziel wird der Gegenwind immer heftiger, die Wellen höher. Wir kommen ins Rollen. Unser Motor macht inzwischen ein beunruhigendes Klappergeräusch, das wir schon seit einiger Zeit registrieren. Jetzt wird es immer lauter. Weiterlesen

02.06.15 – Von Gibraltar nach Puerto de Benalmadena

Am 30. Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht mehr lang, wir leben nicht mehr lang …..

So beginnt ein altes Karnevalslied. Immer, wenn ich dieses Datum im Kalender sehe, erklingt die Melodie  in meinem Kopf.

Mit der Melodie im Kopf notiere ich im Logbuch: Sonntag, der 30.05.15. Port: Barbate, Destination: Gibraltar, Marina Alcaidesa.

Im unserem alten Reeds lesen wir nach, wie wir am besten durch die Straße von Gibraltar kommen: Im  Küstenfahrwasser entlang der spanischen Costa de la Luz  setzt der Strom in östlicher Richtung 3 Stunden vor Hochwasser Gibraltar.

Um 9:40 Uhr sagen wir der Katzenschar in der Marina Barbate Tschüs. Morgen wird sie ihre Brekkis und das frische Wasser vermissen. Zehn Minuten später ziehen wir das Großsegel hoch. Es unterstützt ein bisschen unsere Motorfahrt, denn Wind haben wir mal wieder nur wenig.

Den Weg zwischen den Thunfischnetzen hindurch finden wir ohne Probleme. Die Netzfelder mit den roten Bällen sind durch Untiefentonnen markiert.  Um 12:25 Uhr notiere ich im Logbuch: Einfahrt in die Straße von Gibraltar. Ab jetzt halten wir Ausschau nach Delfinen und  Walen. Sogar in der Seekarte ist  „Walewatching“ vermerkt. Da wird sich ja wohl was blicken lassen!

Der Motor macht 2100 Umdrehungen, der Wind säuselt mit 1 Bft und wir „rasen“ mit sieben Knoten Richtung Tarifa. Gerade verlässt die Fähre „Tarifa-Tanger“ den Hafen. Von hier starten auch „Wale-Watching-Touren“ mit „Erfolgsgarantie“. Na, dann sehen wir doch bestimmt auch bald einen der Meeressäuger!

Angestrengt schaue ich nach Steuerbord auf´s glitzernde Wasser. Große „Pötte“ ziehen wie Perlen an der Schnur vorbei nach Westen durch eine der am stärksten befahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt.

Plötzlich erhebt sich vor meinen Augen ein Berg aus dem Dunst! AFRIKA!

Nur  14 Kilometer trennen uns vom schwarzen Kontinent. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, es so weit mit dem eigenen Boot geschafft zu haben. Wenn jetzt noch ein Wal auftauchte! …..

Doch man kann nicht alles haben. Um 15:00 Uhr brettern wir mit teilweise 8 Knoten an Punta Carnero vorbei. Der „Felsen“ ist schon ganz nah. An Steuerbord passieren wir die Häfen von Gibraltar. Unser Ziel ist das spanische La Linea. Die Kaimauer entpuppt sich als Wartesteg der Marina Alcaidesa. Es liegt schon eine Yacht mit deutscher Flagge dort. Als wir vor ihr fest machen, erfahren wir, dass bereits um 14:00 Uhr Büroschluss war. Na ja, heute ist Samstag und wir können auch gut eine Nacht hier verbringen.

Die Marina schmückt sich mit fünf Ankern. Das entspricht fünf Sternen bei Hotels. Offensichtlich haben die Preisrichter die Marina nur von Land her betreten. Ich habe jedenfalls ein Problem, bei Niedrigwasser vom Schiff auf die kratzige Sandsteinmauer zu krabbeln. Doch der Blick aus dem Cockpit ist unschlagbar. Wir dinieren  mit Ausblick auf den berühmten britischen Felsen.

Nach dem Einklarieren am nächsten Morgen bekommen wir einen Liegeplatz an Steg D. Von dort schauen wir nicht nur auf den Felsen, sondern können auch noch die  Flugzeuge beobachten, die in unmittelbarer Nähe auf der  kurzen Landebahn des Flughafens Gibraltar starten und landen. Es sind bei weitem nicht so viele wie in Hamburg-Fuhlsbüttel. Da hält sich der Fluglärm in Grenzen.

Am Nachmittag starten wir unsere „Expedition Gibraltar“. Zu Fuß sind es nur wenige Minuten bis zur Grenze, wo wir unseren Ausweis vorzeigen müssen. Nun sind wir in Great Britain. Also müssen wir erstmal Geld tauschen. Wir hoffen, mit 40 Euro auszukommen, denn wenn wir am Schluss Gibraltar-Pfund übrig haben, können wir sie bei keiner Bank der Welt eintauschen. Für unsere Euro erhalten wir genau 25 Pfund . Hoffentlich reicht das für die Seilbahn, mit der wir auf den Berg hinauf wollen! Nach dem Geldwechsel müssen wir erst einmal warten. Ein Flugzeug startet und der Weg nach Gibraltar ist gerade gesperrt. Er führt nämlich geradewegs  quer über die Landebahn!

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Ein Flugzeug geht in Startposition

Wir bummeln durch „Gibraltar City“. Helgoland lässt grüßen! Ein Schnapshändler neben dem anderen, aber auch Geschäfte mit den bekannten Parfüm- und Kosmetik-Edelmarken  sowie Juweliere bieten ihre Ware zu „Duty-free-Preisen“ an. Die englischen Touristen schwärmen durch die Läden oder bevölkern die Restaurants , wo es endlich wieder die geliebten „Chips and Fish“ zu vernaschen gibt.

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Einkaufsstraße in „Gibraltar-City“

Doch oberhalb der Schaufenster entdecken wir hübsche Fassaden. Ein gelungener Verschnitt aus englischem und spanischem Baustil. Dann ruhen wir uns ein wenig in der kühlen Kathedrale aus. Neben dem Hauptaltar entdecke ich eine Gedenktafel mit dem Namen Sikorski. Das war doch der Name der Zeitschrift, die meine Töchter in ihrer „Sturm und Drangzeit“ kreiert haben!

Natürlich handelt es sich hier nicht um ein verspätet angebrachtes Werbeplakat für die Zeitung, sondern um eine Gedenktafel!

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Die Gedenktafel für General Sikorski

General Sikorski war im 2. Weltkrieg Kommandant  der polnischen Streitkräfte und kam am 4. Juli 1943 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

Dann suchen wir  auf dem Trafalgar Cemetery  den Grabstein  von Leutnant William Forster, der in der Schlacht von Trafalgar verwundet wurde. Er verstarb später an den Verletzungen  und wurde  hier auf diesem hübsch angelegten Friedhof  bestattet.

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Der Trafalgar Cemetery

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Das Grab von Leutnant William Forster ist 205 Jahre alt

Ein kurzes Stücke weiter  taucht auch schon die Talstation der Cable Car auf. Wir lösen eine einfache Fahrt. Stolze 9.50 Pfund pro Person müssen wir dafür hinblättern. Ein spanischer „Seilbahn-Chauffeur“ begleitet uns. In sechs Minuten bringt uns die Gondel  hinauf, während der Chauffeur  vom deutschen Sauerkraut und von Berchtesgaden schwärmt. On „the Top of the Rock“ ist die Aussicht auf den Atlantik und das Mittelmeer atemberaubend! Und dann schon wieder: AFRIKA!

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Afrika in Sicht

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Majestätische Aussicht

Ja, und dann sind da auch noch die berühmten, menschenähnlichen Bewohner des Felsens, nach denen er ja auch „Affenfelsen“ genannt wird. Sie leben hier in herrlicher Freiheit, schwingen sich über Geländer, Mauern, Büsche und Bäume,  lausen sich auf Straßen und Plätzen, schmusen mit ihren Babys und kriegen sich auch schon mal in die Haare.

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Affenfamilie

Es ist streng verboten, sie zu füttern, damit sie nicht krank werden. Sie sehen auch wirklich gesund und zufrieden aus und tun  nichts.

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Affe vor der Seilbahngondel

Einer allerdings machte eine Ausnahme. Während ich – wie immer, weil ich pausenlos fotografiere- in gewissem Abstand hinter dem Käpt´n herlaufe, sehe ich, wie ein Affenmann neben meinem Skipper die Straße entlang trottet. Plötzlich rennt er von hinten auf Heinz zu, springt an ihm hoch und „touchiert“ ihn am Rücken. Dann schlägt er sich in die Büsche.

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Kurz vor dem Angriff

Vor Schreck kann ich den Überfall nicht knipsen. Ein kleiner Kratzer am Oberarm und zwei Schmutzflecken am Poloshirt bleiben von der Attacke zurück.

Nachdem wir auch noch das maurische „Castle“ aus der Nähe betrachtet haben, wandern wir steil bergab in den Ort hinunter.

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Das Castle aus der Maurenzeit

Unterwegs hatten wir an zwei schönen Aussichtspunkten  auf Gedenktafeln gelesen, dass die Queen und ihr Prinzgemahl hier bei ihrem Gibraltarbesuch   gestanden und in die Ferne geschaut hatten. Die Hinterhöfe, durch die wir jetzt kommen, hatte man ihnen bestimmt nicht präsentiert! Vor allem nicht den Müll , der überall herumliegt! Aber das ist ohnehin ein Problem, nicht nur auf Gibraltar sondern auch  in Spanien. Selbst, wenn in unmittelbarer Nähe Mülleimer stehen, liegen Plastikflaschen und Getränkedosen massenhaft auf dem Boden verstreut.

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Hinterhof an der alten Stadtmauer

Wir haben noch läppische 6 Pfund im Portemonnaie und großen Durst. Das Geld reicht gerade noch für ein Bier und einen Cider inclusive Trinkgeld. Dann geht´s über die Rollbahn zurück nach Spanien.

Am Abend zieht sich der Felsen ein keckes Wolkenhäubchen über, während die Sonne blutrot im Westen untergeht. Es war ein toller Tag!

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Gibraltar mit Wolkenhäubchen

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Sonnenuntergang

Am nächsten Morgen wollen wir endlich ins Mittelmeer. Unser eisernes Segel braucht jedoch Diesel. Deshalb wollen wir an der Tankstelle anlegen, wo bereits ein „Zweier-Päckchen“ wartet. Wir legen uns dazu und ich klettere über die beiden Yachten an Land. Im Office ist viel Betrieb. Endlich kann ich bezahlen, dann heißt es wieder warten. Der Tankwart muss über Funk angefordert werden. Als auch der Tank voll ist, steht ein Polizeiauto auf der Kaimauer. Fünf Polizisten haben anscheinend nichts Besseres zu tun, als uns zu überprüfen. Sehr freundlich und zügig geht die Prozedur von statten. Um 10:45 Uhr heißt es endlich: „Leinen los! Mittelmeer, wir kommen!“

Polizeikontrolle in der Marina Alcaidesa

Polizeikontrolle in der Marina Alcaidesa

Mittlerweile hat auch die richtige Strömung eingesetzt und etwa sieben Stunden weiter machen wir an der Muele de Espera (Wartesteg) in Marbella-Bajadilla fest. Das Hafenbüro hat gerade noch zehn Minuten auf. Schnell einklarieren geht nicht, weil schon wieder die Polizei auf der Matte steht und unsere Pässe überprüfen möchte. Sie finden uns schon wieder nicht in ihrer Verbrecherkartei. Also geht es zum Liegeplatz, wo schon der Marinero  wartet. Er hilft uns bei unserem ersten Mooring-Manöver. Eine schöne Schweinerei, als der Käpt´n die glibberige Mooringleine aus dem Wasser zieht und auf der hinteren Klampe belegt. Das Deck, die Fender und der Käpt´n sind voller Schlickspritzer. Das wird ab jetzt unser tägliches Brot sein!

Gleich am nächsten Morgen geht es weiter nach Puerto de Benalmadena. Ein großer Hafen im „Klein Venedig Style“. Einen Urlaub lang würde ich es in dieser Touristenhochburg nicht aushalten. Aber es gibt alles, was man braucht. Sogar Internet! Da kann ich ja gleich meinen Bericht auf die Reise schicken und anschließend das Problem des Abends lösen:

In welches von den gefühlt tausend Restaurants gehen wir heute essen?