Abschied war das Thema der vergangenen Tage.
Nachdem uns Elke und Walter von der SY Sunrise am 3. August in Viana do Castelo verlassen hatten, wanderten wir durch die hübsche Altstadt von Viana do Castelo zur Zahnradbahn-Station. In wenigen Minuten waren wir oben auf dem Monte Luzia, auf dem die gleichnamige Basilica thront. Sie wurde im 20. Jahrhundert gebaut und vereint neo-Romanische, neo-Byzantische und neo-Gothische Elemente. Mit einem Wort: Geschmackssache!
Unbestritten schön jedoch ist der Ausblick auf den Fluss „Lima“, die Bergketten, Dörfer und die Atlantikküste. Hinter der Kirche fanden wir den Weg zum „ Grandhotel Santa Luzia“, einer sogenannten „Pousada“. Das sind staatlich geführte Hotels in historischen Gebäuden mit stilvoller Einrichtung, gutem Service und oft regionaler, vorzüglicher Küche.

Blick von der Pousada auf die Basilika

Der Lima, rechts neben der Brücke die Marina von Viana do Castelo
Im Arkadengang des Hotels setzten wir uns an einen der Tische und bestellten ein Sandwich und eine gut gekühlte Flasche „Vinho verde“. Erinnerungen wurden wach. Den letzten „Grünen Wein“ hatten wir in Portugal vor 18 Jahren getrunken. Es war unser einziger Urlaub während Anima mea vom Kapitän ausgebaut wurde. Mit einem Wohnmobil waren wir von Faro aus an der Algarve entlang zur spanischen Grenze gefahren. Dann ging es durch die hohen Berge nach Norden, immer am Grenzfluss „Guadiana“ entlang , bis ich die schwindelerregenden Blicke in den Abgrund neben mir nicht mehr aushielt. So bogen wir am „Douro“ nach Westen ab und fuhren durch das „Tal des goldenen Flusses“ bis Porto. Dann ging es an der Atlantikküste zurück über Lissabon zum Cabo de Sao Vicente entlang der Algarveküste nach Faro zurück. Wir verliebten uns in die verschiedenen Landschaften, die Dörfer und Städte dieses schönen Landes mit den freundlichen Menschen. Nun waren wir tatsächlich auf eigenem Kiel hierher zurückgekehrt und schauten hinunter auf den Hafen von Viana do Castelo, wo unsere Anima mea auf uns wartete.

Vinho verde

Der Speisesaal in der Pousada
Den Abstieg ins Tal machten wir zu Fuß. Durch einen schattigen, duftenden Eukalyptuswald wanderten wir an die Küste hinunter und nach Viana do Castelo zurück. Den schönen Tag beschlossen wir im Restaurant von Jorge Venancio. Eine gute Wahl! Kaum hatten wir uns an den blau-weiß eingedeckten Tisch gesetzt, kam neben der Speisekarte die erste Vorspeise: „ Eingelegte Sardinen mit Zwiebelringen“, dann die zweite Vorspeise „Bohnensalat mit Thunfisch“ und schließlich noch „Marinierter Tintenfisch“. Dazu natürlich frisches Brot. Alles kostenlos!
Für den Hauptgang bestellten wir geschmorten Kalbbraten mit dem typischen portugisischen Kohlgemüse und Backofenkartoffeln sowie Reis mit „Monkfish“, riesige, sehr schmackhafte Portionen, die kaum zu bewältigen waren, zumal wir ja schon die Vorspeisen aufgegessen hatten. Trotzdem ließen wir uns zu einem der berühmten „Postres“ überreden. Dazu gab´s einen Krug Wein und Wasser. Auf Kosten des Hauses wurden ein Kräuterschnäpschen und ein kleines Gläschen Portwein eingeschenkt. Dann kam die Rechnung: Rund 40 Euros für dieses Schlemmermahl! Wovon lebt dieser Familienbetrieb?

Abendessen bei „D´o padrinho“ in der Rua Gago Continho, Viana do Castelo
Am nächsten Morgen legten wir ab nach Pavoa de Varzim. Dort wollten wir Steffi und Tomy von der SY Yemanja wiedertreffen. Die 22 Seemeilen hatten wir bereits um 13:30 Uhr hinter uns gebracht. Im Gegensatz zu dem hübschen Städtchen Viana do Castelo bot unser neues Ziel von See her das Bild einer modernen Bettenburg. In der Marina wurde uns vom Steg aus ein Platz zugewiesen und beim Festmachen geholfen. Dann gingen wir ins Hafenbüro. Eine sehr freundliche, englisch sprechende Dame bat um die Schiffsdokumente (Versicherungsnachweis, Flaggenzertifikat) und unsere Ausweise. Wir waren einverstanden, dass sie Kopien davon machte. So erledigte sie den „Formularkram“ später für uns. Das Gleiche hatten wir bereits zuvor in Viana do Castelo erfahren. Hier nahm man uns also im Gegensatz zu Spanien den Papierkrieg ab. Wie angenehm!
Nun bat man noch um unseren „digitalen“ Fingerabdruck, worauf wir in Zukunft nur den Zeigefinger auf das entsprechende Feld an der Tür zum Steg halten mussten, um zum Schiff zu gelangen.
Während der Anmeldung beobachtete uns ein Mann, der mich freundlich ansprach. „Sie sind auch Deutsche, sprechen Sie vielleicht portugisisch?“ – „Nein, leider nicht.“-„Aber bestimmt besser als ich englisch.“- „Vielleicht. Kann ich ihnen helfen?“ Und dann erzählte er uns von seinem Problem. Er war einhand bei Nacht übermüdet dicht an der Küste entlang gefahren und auf Felsen gelaufen. Menschen am Strand hatten es beobachtet und die Polizei alarmiert. Die hatte ihn abgeborgen und in die Marina geschleppt, wo das beschädigte Schiff aus dem Wasser gehoben wurde. Das war jetzt etwa einen Monat her. In der Zwischenzeit hatte der Segler sein selbstgebautes Stahlschiff wieder repariert. Morgen sollte die Polizei zur Schiffsbesichtigung kommen und „grünes Licht“ geben, so dass das Schiff wieder ins Wasser kann, weshalb ein Lifttermin vereinbart werden sollte. Nachdem ich das alles ins Englische übersetzt hatte, erklärte die Dame an der Rezeption, dass der „Boss“ der Marina aus Mitleid mit dem armen Segler , auf den von der Polizei her wohl noch hohe Kosten zukommen würden, einen guten Preis für den vergangenen Monat gemacht habe. So zahlte der Pechvogel schließlich für einen Monat Standgebühr an Land einschließlich Liften (es wurde nur einmal statt zweimal Liften berechnet) ganze 314 Euro. Wenn wir da an die englischen Preise für einen Winterlagerplatz an Land zurückdenken! Wir wären selbst mit einer Null hinter dem Betrag nicht ausgekommen.
Am Nachmittag kamen dann Steffi und Thomy von einem Ausflug nach Porto zurück. Wir verbrachten einen letzten Abend miteinander an Bord. In einigen Tagen wollten sie für kurze Zeit nach Hause fliegen, um danach ihre Reise über Madeira, die Kanaren, Kapverden und den Atlantik nach Brasilien fortzusetzen. Vielleicht war dies das letzte Mal, dass wir zusammen saßen und von unseren „Abenteuern“ berichteten. Doch „virtuell“ werden wir uns auch weiterhin begleiten.

Abschied von Steffi und Tomy aus Köln
Leider erfuhren wir an diesem Tag auch, dass wir nun unsere Segler-Freundin Ute für immer verloren haben. Ihr Seestern, den sie uns beim Abschied in Großenbroder Fähre schenkte, hängt seitdem an unserer Salonlampe und wird uns immer an sie erinnern.

Utes Seestern
Unser nächstes Ziel war die Stadt Porto. Erst seit 2012 gibt es eine Marina am Südufer des Douro. Beim Einfahren in die Flussmündungen muss man stets den Gezeitenstrom und die Strömung des Flusses sowie den Schwell der Atlantikwellen im Auge behalten. Doch wir kamen gut in dem neuen Hafen an, wurden bereits vor der Einfahrt „abgeholt“ und zu einem Liegeplatz begleitet. Diesmal sprach die Dame an der Rezeption neben Englisch und Französisch auch ganz gut Deutsch. Wie alle Angestellten in der Marina war sie geradezu überschwänglich freundlich und hilfsbereit. Auf ihr Engagement angesprochen erzählte sie uns, wie glücklich sie sei, mit ihren 54 Jahren nach langer Arbeitslosigkeit hier wieder einen Job bekommen zu haben. Ein Schicksal, das vielen Portugiesen wiederfahren ist. Reichtum und Armut liegen hier nah beieinander. Viele Häuser sind baufällig und stehen zum Verkauf. Direkt neben der Marina gibt es noch ein öffentliches Waschhaus, in dem die Frauen ihre Wäsche per Hand „rubbeln“ und an kunstvoll aufgebauten Leinengestellen zum Trocknen aufhängen.

Das öffentliche Waschhaus in Porto

Die Waschbecken im Waschhaus

Fast ein Kunstwerk: Die Leinengestelle
Doch egal, ob reich oder arm: Portugiesen lieben das Feiern, dass es kracht. Aus uns unerfindlichen Gründen werden zu allen Tages- und Nachtzeiten Böller abgefeuert und Feuerwerke abgebrannt. Abends ertönt überall Musik und die Menschen sitzen in Restaurants und Bars zusammen bis in die späte Nacht. Angeln ist das größte Hobby der Portugiesen. In kleinen Booten oder vom Ufer aus wird den armen Fischen nachgestellt, was das Zeug hält. Schließlich ist Fisch das Hauptnahrungsmittel der Portugiesen. So war denn auch der neue Fußgängerweg von der Marina am Douroufer entlang bestückt mit Anglern, für die in den Holzplanken des Weges extra kleine Metalleinlässe zum Feststellen der Angeln eingebaut wurden . Als wir einen letzten Abendspaziergang in die Stadt machten, erinnerten uns die vielen beleuchteten Posen im Wasser ans Laterne laufen in der norddeutschen Heimat.

Porto bei Nacht
In Porto verabschiedeten wir uns auch von Elke und Walter von der SY Sunrise, die nun langsam ihrem nächsten Ziel – Madeira – entgegen streben. Wir sind ganz schön lange mit den beiden zusammen gefahren und haben uns prima miteinander verstanden. Nun trennen sich unsere Wege, doch wir hoffen, sie irgendwann und irgendwo wiederzusehen. Denn die Welt ist klein, das zeigt sich immer wieder.
Da stehen wir doch auf dem Steg der Tankstelle in der Marina Porto und ein großer Katamaran legt an. Heinz erkennt sofort: Das ist Lars (DH1RC) aus dem E 13 Funkkurs in Hamburg . Mit seiner kleinen Familie will er in die gleiche Richtung wie wir. Als wir am Abend in die Ria de Aveiro einlaufen, ist er wieder hinter uns. In der Ankerbucht Baia de S. Jacinto verbringen wir alle eine ruhige Nacht.

Vor Anker in der Baia de S. Jacinto
Um 12:30 Uhr lichten wir den Anker, denn um 13:30 Uhr ist Hochwasser, das heißt, danach nimmt uns die Strömung des Flusses mit hinaus und kein auflaufendes Wasser setzt dagegen. Doch wir hätten noch eine Stunde warten sollen. Für die 1,9 Seemeilen bis zur Flussmündung brauchen wir 45 Minuten, so stark ist noch die Gegenströmung. Andererseits hätten wir dann Probleme beim Einlaufen an unserem Zielort bekommen. Figueira da Foz liegt ebenfalls in einem Fluss und als wir um 19.00 Uhr dort einlaufen, kommt uns die Strömung schon entgegen. Doch das Anlegen am Besuchersteg klappt gut. Und wen entdecken wir gegenüber? Elke und Walter!
Nachdem wir uns beim freundlichen Hafenmeister angemeldet haben, bekommen wir einen Platz ganz dicht neben der Sunrise. Wir werden von Elke zum Abendessen eingeladen. Zu ihrer leckeren Nudelsoße stoßen wir mit einem Vinho verde aus unserer Kühlbox an. Denn morgen wollen die beiden nach Madeira segeln. Wir müssen früh raus, um sie zu verabschieden. Aber das ist gut, denn auch wir wollen weiter. Das nächste Ziel: Nazaré. Dann machen wir für dieses Jahr die ersten 1000 Seemeilen voll.