26.08.2015 – Segelglück

Genau 15 Tage verbringen wir in Burriana und nutzen damit voll den Rabattpreis aus, der gewährt wird, wenn man einen halben Monat bleibt. Schon der reguläre Tagessatz von 13 Euro ist unglaublich günstig, doch die 104,24 Euro, die wir jetzt über den Tresen schieben, lassen die Bordkasse jubeln.

Schon seit Tagen haben wir mehrmals täglich die Wetterberichte studiert. Bis Montag rüttelt und schüttelt der Nordwestwind an den Masten und Fallen der Schiffe im Hafen. Das Wasser ist aufgewühlt und plätschert gegen die Bordwand. Die Schwimmstege reiben sich an den Pfählen. Es knirscht und knarzt ununterbrochen. Doch für Dienstag wird eine leichte Beruhigung angekündigt.  Drei bis vier Beaufort mit Böen fünf bis sechs aus Nord bis Nordost, dazu am Nachmittag hohe Gewitterwahrscheinlichkeit für Valencia  ist angesagt. Danach soll der Wind wieder auf Südost drehen und stark abnehmen. Also wagen wir den Absprung.

Um 8:20 Uhr legen wir ab. Auf dem finnischen Boot gegenüber winkt man uns zum Abschied und wünscht gute Reise. Auf Deutsch wohlgemerkt, denn der Skipper wurde  in Deutschland geboren, wanderte nach  Finnland aus, heiratete dort eine Finnin  und lebt nun mit ihr auf  seinem Boot  Marke  Nauticat. In Finnland hat das Paar kein Zuhause mehr und will in Burriana  überwintern.

Zehn Minuten später steht die Genua  und der Motor schweigt. Das Großsegel wird nicht ausgepackt, denn der Wind kommt fast von achtern, da würde es das Vorsegel  abdecken. Trotzdem pflügt unsere Anima  mea mit über fünf  Knoten durch die nur mäßig bewegte See. Wie aus der Sahnetube gespritzt hat sich ein lockeres Wolkenband unter die Sonne im Osten gelegt. Dort liegt Mallorca. Am Samstag wird uns die Fähre von Valencia zu dieser größten Baleareninsel bringen, wo  wir nach nunmehr vier Monaten unsere Enkel und deren Eltern wiedersehen werden.

Langsam verschwindet Burriana im Kielwasser. Der Blick schweift zu den  grünen Bergketten an Land. Ihre Zick-Zack-Gipfel bohren sich in den klaren, blauen Himmel. Mit geblähtem Segel ziehen wir an der Küste entlang. Keine wilden Böen, keine tobenden Wellen stören  unsere Fahrt. Das vorbereitete Brötchen wird ausgepackt und genüsslich verzehrt. Pures Segelglück!

Gegen elf Uhr haben wir Sagunto erreicht. In dieser ehemals bedeutenden Stadt mit den römischen Siedlungsresten gibt es einen Club Nautico, den man notfalls anlaufen könnte. Doch kein Gewitter droht, und wir wollen weiter. Die Hälfte der Strecke liegt schon hinter uns. Burriana ist gänzlich verschwunden. In der Ferne sind bereits die Kräne von Valencias Hafen zu sehen. In diesem Moment müsste unsere Familie gerade in Hamburg Fuhlsbüttel Richtung Mallorca abheben. Das erste Flugabenteuer für unseren jüngsten Enkel Nick nimmt seinen Lauf. Wenn wir in Valencia sind, wird er in Palma landen. Das sind die Relationen!

Vor Sagunto schwächelt der Wind etwas. Gleichzeitig baut sich eine unangenehme See auf. Anima mea „eiert“ zwischen der mächtigen Hafenmauer an Steuerbord und den gelben Tonnen der Fischzuchtanlage an Backbord hindurch. Dann ist die Windpause überstanden. Der Wind fällt nun östlicher ein, und die Genua kommt auf die Steuerbordseite. Die letzten drei Meilen bis Valencia werden dann doch noch richtig anstrengend für den Käpt´n. Frischer Wind drückt die Wellen in die Bucht von Valencia, presst sie gegen die mächtige, weit auf See hinaus reichende Hafenbefestigung. Von dort werden wohl die anrauschenden Wellen zurückgeworfen, so dass eine sehr „kabbelige“ See entsteht, durch die wir uns mühsam hindurchackern. Erst ganz kurz vor der Hafeneinfahrt werfen wir den Motor an. Im großen Vorhafen wird schnell die Genua eingerollt. Das war´s! Wir haben unser Ziel erreicht. Um 14:00 Uhr machen wir an der Tankstelle fest. Schlappe 19 Liter passen in den Tank. So wenig haben wir seit dem 29. Juli verbraucht, denn da haben wir das letzte Mal in Benicarlo getankt.

Bei der Anmeldung im Hafenbüro erwartet mich die gleiche Prozedur wie beim letzten Mal. Alle Papiere werden nochmals kopiert, die gleichen Formulare müssen wieder handschriftlich ausgefüllt werden. Wieso sind wir hier nicht im Computer gespeichert? In anderen Marinas, die wir wiederholt besucht haben, war es so. Das spart Papier und Zeit.

Nach der Anmeldung springt der Marinero in sein Bötchen und braust uns voran zum Anlegeplatz. Es ist fast der gleiche wie beim ersten Besuch in Valencia. Neben uns liegt ein winziges Segelschiff aus Varel. Es hat eine offensichtlich selbstgebaute Windfahnensteuerung. Ich vermute gleich, dass die beiden jungen Leute an Bord über die Biskaya bis hierhergekommen sind. Der Käpt´n will das zunächst nicht glauben, wird aber von dem Skipper eines besseren belehrt. Bei ruhigem Wetter haben sie im letzten Jahr neun Tage von Falmouth  bis La Coruna gebraucht, sind danach den gleichen Weg wie wir über Portugal bis hierher gesegelt.

Alle Achtung vor dieser Leistung und dem Wagemut!IMG_2258

 

Wir können das gut nachvollziehen, denn wir haben ja auch „klein“ angefangen. Mit unserem Folke-Junior hätten wir in schwerer See zwischen Bagenkop und Marstal beinahe Schiffbruch erlitten. Später kauften wir ein richtiges Folkeboot und segelten bis ins Kategatt. Die Segel konnten nicht gerefft werden, es hatte auch keine Seereling. Es gab sehr abenteuerliche Situationen, wenn ich  Segelanfänger das Boot in den Wind drehen sollte und dabei den Käpt´n fast außenbords geschmissen hätte. Ab Windstärke fünf wurden wir in den Ostseewellen heftig gebadet. Doch wir waren jung und vom Segelvirus befallen. Wir träumten von der großen, weiten Welt, die wir segelnd erobern wollten. Damals wären wir am liebsten von heute auf morgen ausgestiegen, wenn unsere Kinder nicht gewesen wären. Sie sollten eine solide Ausbildung bekommen, während wir gleichzeitig für unsere Zukunft vorsorgten. Mittlerweile sind wir froh, das alles so „durchgezogen“ zu haben. Nach einem langen Arbeitsleben sind wir heute gut versorgt und haben ein stabiles Schiff, auf dem es sich angenehm leben lässt.

Aber wir haben auch ganz viel Glück, dass wir gesund und  unternehmungslustig geblieben sind.

Die Alten und das süße Leben

 

Also echtes Segelglück!

 

 

18.08.2015 – Burriana/Borriana: Ein Ausflug ins Grüne

Seit einer Woche sind wir nun in der Marina Burriananova, überbrücken hier die Zeit bis zu unserer Abreise nach Mallorca.

Was macht man so, wenn man  in einer relativ unspektakulären Marina mehrere Tage verbringen will bzw. muss? – Man schläft morgens zunächst mal gründlich aus. Dann kocht man das Kaffeewasser  für den ersten Muntermacher und füllt nebenbei noch drei Thermoskannen mit heißem Wasser für das Spülwasser des Tages. Die Betten werden gemacht, dann geht´s zur Dusche. Für den Käpt´n folgt nun der Höhepunkt des Morgens: Das ausgiebige Frühstück unter der Kuchenbude im Cockpit. Nach  dem Abspülen des Frühstückgeschirrs wird im Supermarkt „Carter“ eingekauft (etwa alle drei Tage), nach Bedarf  wird eine Handwäsche in der Plastikschüssel durchgeführt, es wird geputzt, repariert (z.B. Strumpflöcher schließen oder Lackschäden ausbessern), Emails werden gelesen und geschrieben und das  Abendessen wird vorbereitet.

Ein großer Teil des Tages ist also ausgefüllt mit der täglichen Bordroutine. Die restliche, zur Verfügung stehende Zeit wird vom Wetter und von den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bestimmt. Bei schlechtem Wetter – auch das gibt´s mittlerweile in Form von häufigen Gewittern – „kindelt“ der Käpt´n, während ich mich wieder dem Vokabeltraining widme. 29OO englische und rund 8oo spanische Vokabeln waren inzwischen bei  www.de.babbel.com   aufgelaufen. Die arbeite ich jetzt in Burriananova ab.

Zwischendurch müssen sich Augen und Hirn von der Anstrengung erholen. Gegen Sonne, Wind (momentan fünf bis sechs  Bft) und Gewitterschauer geschützt, sitzen wir unter der Kuchenbude und schauen hinaus aufs Wasser und auf die Stege. Da gibt es allerlei Hübsches, Interessantes oder auch Gruseliges zu entdecken:

Ausgesprochen hübsch ist die Galionsfigur unseres Nachbarschiffes „Essaress“ aus Dartmouth. Wie alle Galionsfiguren hat das wohlgeformte Mädel  die Aufgabe, den Kurs des Schiffes zu beobachten und es vor Unglück zu bewahren.

Die Galionsfigur der Essaress

Galionsfigur mit Idealfigur

Interessant, was dem Motorboot auf der anderen Seite des Pontons widerfuhr. Vorige Woche stand plötzlich die Polizei auf dem Steg und sperrte den Zugang zum Schiff mittels Flatterband. Am Tag danach tauchte der Eigner auf und entfernte das Band. Dann putzte er alles gründlich, so, als müsse er das Schiff von etwas ganz Ekligem befreien, zog die Persenning über den Eingang und verschwand wieder. Zwei Tage später fuhr die Polizei mit ihrem großen Polizeiboot durch die Marina, begutachtete das Boot per Feldstecher und anschließend auch vom Steg aus  und fuhr wieder davon. Angeblich geht es hier um Steuergeld.

An die Kette gelegt

An die Kette gelegt

Gestern trieb der Nordwind – er kündigt stets schlechtes Wetter an – einen Schwarm kleiner toter Fische durch den Hafen. Sie kamen aus dem Fischereihafen, wo man sie wohl nicht mehr gebrauchen konnte und waren leider ganz umsonst gestorben. Mit ihnen schwammen Styroporbehälter, Plastikflaschen und Plastiktüten durchs  Wasser. Am Ende des Hafenbeckens vereinigte sich alles mit dem alten Müll. Ich litt mit den Fischchen und dem Wasser, kann mich einfach nicht an den täglichen Umweltfrevel gewöhnen.

Die letzte Reise

Die letzte Reise

Schauen wir zur Landseite, fällt unser Blick auf die Wohnklötze von Burriananova, in denen sich wohl überwiegend  Touristen tummeln, denn dies hier ist ein rein touristischer Ort. Dahinter schauen die bizarren Zacken der Berge  hervor.

„Wie mag es dort, hinter den Häusern, wohl aussehen? Und ist Burriana (kastilisch) bzw. Borriana (katalanisch) schöner als Burriananova?“ ist unsere Frage, als wir uns am Samstag  aufmachen, das „Hinterland“ per pedes zu erkunden. Weiterlesen

13.08.2015 – „Wieso Burriana? „

„Da waren sie doch schon?“ wird der treue Blogleser jetzt vielleicht fragen.

Schon seit einiger Zeit freunden wir uns mit dem Gedanken an, dass wir in diesem Jahr weder Barcelona noch erst recht nicht Mallorca anlaufen werden. Beim Blick auf unsere Gribs haben wir bisher immer wieder  festgestellt, dass man sich einfach nicht darauf verlassen kann, bei der Überfahrt von Barcelona nach Soller/Mallorca über etwa 100 Seemeilen beständigen Wind aus der richtigen Richtung zu haben. Und selbst, wenn wir es schaffen würden: Auf den Balearen wären wir auf Ankerplätze angewiesen. Bei den erforderlichen Ankermanövern braucht man einen zuverlässig  arbeitenden Motor. Wehe, wenn unser Sorgenkind in einer der proppenvollen, engen Buchten ausfallen würde! Ganz zu schweigen von den hohen Reparaturkosten, die dort anschließend auf uns zukommen würden.

So zwingt uns unser angeknackster Motor schon wieder zu einer Planänderung. Und die sieht so aus:

Sant Carles ist für dieses Jahr der Endpunkt auf dem Weg nach Nordspanien. Wir werden langsam nach Süden zurücklaufen, dabei möglichst viel segeln und nur notfalls motoren. Spätestens am  29.August müssen wir Valencia erreicht haben. Während unser Schiff dort in der preisgünstigen Marina Real Juan Carlos I bleibt, fahren wir per Fähre nach Palma de Mallorca. Dort treffen wir unsere Familie aus Hamburg, die in Porto Petro ihren Urlaub verbringt. Für unseren einwöchigen Aufenthalt habe ich tatsächlich noch ein nettes Hotel zu einem angemessenen Preis buchen können. Auch ein Mietwagen  wird uns für drei Tage zur Verfügung stehen. Ob mit oder ohne Anima mea, unsere Kinder und Enkel freuen sich auf jeden Fall auf das Wiedersehen und mailen uns: „Redet dem Motor gut zu, dass er durchhält!“ Wir wissen zwar nicht, ob er auf uns hört. Aber viel wichtiger ist wohl, dass wir ihn möglichst selten hören, indem er erst gar nicht zu Wort kommt.

Am Donnerstag, dem 6.8. sieht es laut Wetterbericht gut aus mit dem richtigen Wind. Wir wollen nach Benicarlo zurück. Um 10:00 Uhr hoffen wir, draußen mehr als zwei Bft aus Ost zu haben, doch leider geht es die ersten Meilen nicht ohne Motor. Nach vier Meilen sind es drei Bft aus SO und wir können segeln. Die Bilanz am Ende des Törns: 16,1 sm zurückgelegt, 2 Stunden 35 Minuten motort, zwei Stunden 5 Minuten gesegelt. Wir sind zufrieden, zumal das für morgen angekündigte Gewitter schon jetzt aufzieht. Genauer gesagt, sind es mehrere „Tormentos“, deren Wolken rundum den Himmel verdüstern, während grelle Blitze zucken und Donner grollt. Dann fällt heftiger Regen. Gut, dass wir noch gerade rechtzeitig unsere schöne, neue Kuchenbude von www.brazilcovers.pt  aus Lagos aufbauen können. So macht es richtig Spaß, dem Himmelsspektakel zuzusehen!

Die ganze Nacht gewittert es. Am frühen Morgen werde ich wach. Mir ist kalt! Angenehm kühle Luft strömt durch die offene Luke. Ich ziehe mir die Decke über die Ohren und schlafe zufrieden wieder ein.

Nach dem Frühstück sagen wir Bernd von der Esperanza hallo. Er freut sich, uns wiederzusehen und will uns gleich auf einen Kaffee einladen. Doch wir müssen zuerst einkaufen. Schließlich gibt es in Benicarlo einen „Lidl“ und der hat Heinz´ Lieblingssalami. Kaum sind wir zurück, steht Bernd auf unserem Steg und will unbedingt den Kaffee ausgeben. Außer Zigaretten hat er noch nichts zu sich genommen. In einer der Hafenkneipen setzen wir uns zusammen. Bernd erzählt seine Lebens- und Leidensgeschichte genau dort weiter, wo er zuletzt aufgehört hat: Bei  Drogen und Dealern in Vinaros, bei Anfeindung und Vertreibung durch die Mitglieder des Club Nautico, beim „Einschalten“ der NATO…..Mein Käpt´n ist ein geduldiger Zuhörer, das habe ich während unserer  35 Ehejahre stets zu schätzen gewusst. Mir sträuben sich bei solchen Geschichten die Nackenhaare. Entweder stelle ich mehr und mehr kritische Fragen oder ich werde sehr einsilbig und beende das Gespräch möglichst schnell. Beides ist nicht im Sinne von Menschen, die sich offenbar eine eigene Wirklichkeit geschaffen haben, der ich nicht folgen kann. Ich gebe noch eine Runde Kaffee aus und bitte gleich um die Rechnung. Bernd lässt es sich nicht nehmen, auch diese Runde zu bezahlen, obwohl er nicht mit Reichtum gesegnet ist. Dann verabschieden wir uns, denn morgen wollen wir weiter. Am Abend decke ich den Tisch im Cockpit, bereite einen Salat vor und stelle den Rose´ kalt. Dann holen wir uns Pommes und Kebab „para llevar“ beim „Hafentürken“. Hinsichtlich der Essenszeiten haben wir uns mittlerweile an die Spanier angepasst. So ist es bereits 22:00 Uhr, als wir mit unserer Essenstüte zum Schiff zurückkehren. Freudestrahlend kommt uns Bernd entgegen. Er hat sich schon gewundert, wo wir sind und will unbedingt noch ein paar Worte mit uns reden. Auf unseren Einwand „wir wollten aber gerade essen“ entgegnet er: „Aber für ein paar Worte ist doch noch Zeit!“ „Nein, um diese Zeit nun leider nicht mehr,“ wimmle ich ihn ab und schiebe hinterher, „aber wir hatten uns doch schon verabschiedet.“ „Ach, wirklich?“ meint er, gibt uns noch einmal die Hand und verlässt uns mit guten Wünschen für die Weiterfahrt. Der Käpt´n hat während des folgenden Abendessens ein schlechtes Gewissen, dass wir den „einsamen, armen Kerl“ so vor den Kopf gestoßen haben. Ich bin eher froh,  nicht schon wieder eingeräuchert zu werden. Von den Geschichten über die NATO und die Dealer mal ganz abgesehen.

Doch vielleicht war ich doch ein bisschen gemein zu Bernd und werde jetzt bestraft. Weiterlesen

05.08.2015 – Aus dem Schatzkästchen geplaudert.

Unsere Anima mea ist klein aber fein und findet fast in jedem Hafen Beachtung. Wir  sind immer sehr stolz, wenn plötzlich jemand auf unseren Schwimmsteg steigt oder auf dem Ponton stehen bleibt, das Schiff taxiert, den Daumen hebt und uns anerkennend „Bueno“ oder „Very good!“ zuruft.

Es gibt an Bord jedoch einen „Ausrüstungsgegenstand“, den man bei keinem Schiffshändler erwerben kann. Einerseits, weil er unsichtbar ist, andererseits, weil er mit keinem Geld der Welt zu bezahlen wäre: Die Schatzkiste unserer Erlebnisse.

Hier, in der friedlichen, gepflegten Sant Carles Marina ( www.santcarlesmarina.com) fühlen wir uns sehr wohl und füllen das Schatzkistchen bis zum Rand mit neuen Eindrücken.

Nachdem die Gewitter am Freitag abziehen, bestellen wir uns an der Rezeption der Marina einen Leihwagen. Es ist nicht ganz so preiswert wie eine Buchung über das Internet, aber hier im Ort gibt es keine Leihwagenstation. Doch im 15 Kilometer entfernten Vinaros sitzt die Firma  „DAVIMA“, deren Prospekt wir auch schon in der Marina Benicarlo  gesehen hatten. Die nette junge Dame an der Rezeption ruft dort für uns an und erfährt, dass zum Mietpreis noch jeweils 10 Euro für das Bringen und Abholen des Wagens anfallen. Wir willigen ein und stehen am Sonntagmorgen an der Rezeption einem älteren, untersetzten Herrn gegenüber, der offensichtlich schon etwas genervt auf uns wartet, obwohl wir pünktlich auf der Matte stehen. Ohne uns richtig zu begrüßen, eilt er zum Tresen und beginnt ein energisches Gespräch mit der jungen Dame. Diese übersetzt, dass die Anlieferung am heutigen „Domingo“  30 Euro kostet. Auch, wenn es nur 10 Euro sind, wir sind etwas verärgert und fühlen uns von dem bärbeißigen Herrn über den Tisch gezogen. Unsere Einwände, dass davon nicht die Rede war und wir auch ohne weiteres hätten ab Montag buchen können, fegt er vom Tisch und bellt zu der jungen Dame hinüber: „Dann fahre ich jetzt zurück und bringe das Auto am Montag!“ Dazu fällt mir nur das Wort „Milchmädchenrechnung“ ein, kann das aber weder in Englisch noch in Spanisch übersetzen. Der Käpt´n hat langsam die Faxen dicke. Ich versuche hingegen, die schlechte Laune des Wadenbeißers nicht persönlich zu nehmen. Wer weiß, vielleicht ist seine Frau mal wieder fremdgegangen oder der Sohnemann hat das neue Auto an die Wand gefahren….Ich möchte jedenfalls endlich mal wieder was anderes sehen als Hafen und lenke ein. Irgendwie wird der Spanier nun doch zugänglicher. Die Personalien des Fahrers werden aufgenommen und nach der Bezahlung schreitet der Händler mit einem energischen „Jetzt kehts loss“  zum Ausgang. Auf dem Parkplatz  strebt er einem weißen Fiat Panda entgegen. Eine kleine Macke am Heck ist in den Unterlagen vermerkt. Hoffen wir, dass es dabei bleibt und uns niemand an die Karre fährt. Mit diesem Herrn hier möchten wir nicht um die Kaution streiten! Dann gibt er uns noch eine Broschüre mit Reisetipps und wünscht gute Fahrt. Fast hätte er die Fahrzeugpapiere wieder mitgenommen! Scheint doch ein bisschen gestresst und durcheinander zu sein, der Gute.

Plötzlich steht das junge spanische Paar vom Boot  gegenüber vor uns. „Gutes Auto!“ ruft der junge Mann, „haben wir gestern gemietet!“ „Aber der Händler ist so unfreundlich gewesen,“ sage ich. „War er bei mir auch, aber das Auto ist okay,“ antwortet der junge Mann. Also doch die Frau oder der Sohn, die schlechte Laune machen!

Unser Panda

Unser Panda im Feuchtgebiet

Nach dem Frühstück stürzen wir uns ins Vergnügen. Ich schlage für´s erste eine Tour ins Ebro-Delta vor. Gleich hinter dem Hafen biegt die Straße in dieses zweitgrößte Delta des Mittelmeeres ab.

Reisfelder und Lagunen im Ebro-Delta

Nach dem Nil- Delta ist das Ebro-Delta das zweitgrößte am Mittelmeer. Auf dem Luftbild ist nur ein Teil davon zu sehen.

In den Kanälen und Seen stehen die grauen und weißen Reiher reglos im Wasser und harren der Beute, die da kommen möge. Möwen und Seeschwalben schwirren durch die Luft und im See „La Tancada“ suchen sogar einige Flamingos nach Nahrung.

Flamingos im Ebro-Delta

Flamingos im Ebro-Delta

Leider sind auch viele Vögel auf der Straße verunglückt. Sie wurden Opfer des Autostroms, der sich von und zu den Stränden rund um das Delta bewegt. Kreuz und quer fahren wir durch die schmalen Wege im Delta, steigen auf Aussichtstürme und wandern durch die Dünen am Golf de Sant Jordi. „Ich hab das Gefühl, ich sitze in einem Reistopf,“ sage ich zum Käpt´n, denn durch die Klimaanlage dringt der typische Kochgeruch. Wahrscheinlich ist es der Duft der blühenden Ähren auf den ausgedehnten Reisfeldern.

Reisfeld im Ebro-Delta

Reisfeld im Ebro-Delta

In meinem Spanien-Reiseführer (National Geographic Traveler) finde ich eine passende Autotour. Thema: Priorat-Wein und Templerburgen. Da ist doch für jeden von uns etwas dabei: Für den Käpt´n die Templer und für mich der Wein. Weiterlesen