21.10.2014 – Abschiedsstimmung

Abschied liegt in der Luft!

Am Wochenende verabschiedete sich zunächst das schlechte Wetter. Die Segel wurden ein letztes Mal hochgezogen, mit Süßwasser abgespritzt und im linden Lüftchen getrocknet. In kurzer Hose und ärmellos holten wir sie dann herunter, rollten sie auf dem Steg fein säuberlich auf und packten sie in die Segelsäcke. Alle schmutzige Wäsche, die sich seit Portimao angesammelt hatte, wurde in drei Waschmaschinen-Gängen gewaschen, wobei mich eine Kakerlake im Waschpulver-Eimer erschreckte. Ein kapitaler Bursche, der erste, den wir bisher auf unserem Törn gesichtet haben. Mögen weitere ausbleiben!

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La Cucaracha

Nachdem alles getrocknet war, sortierte ich schon mal nach „das bleibt an Bord“ und „das kommt in den Koffer“. So häuften sich im Vorschiff und in der Hundekoje bereits einige Stapel mit Dingen an, die morgen in Hamburg-Fuhlsbüttel landen werden.

Alle Vorräte, deren Haltbarkeitsdatum vor dem 20.April 2015 lag, wurden verarbeitet. Darunter fünf englische Brotback-Mischungen, Trockenmilchpulver, Tütensuppen und Dr. Oetker Kaiserschmarrn, zu dem ein leckeres, selbstgemachtes Apfelmus auf den Tisch kam.

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Brot aus englischer Backmischung, Apfelmus und Tomatensoße aus portugiesischem Obst und Gemüse

Auch Franz und Heidi von der Albatros sagten wir „Adjö!“ Mit ihrem VW-Bus, den eine Tochter von München hierher gesteuert hatte, starteten sie am Samstag zu einer Entdeckungsreise ins Landesinnere von Portugal. Toll, wenn man sowohl zu Wasser als auch zu Lande mit eigenen Gefährten die Gegend erkunden kann!

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Franz und Heidi auf ihrer Albatros, eine Halberg-Rassy 31

Unseren englischen Nachbarn Ben und Philippa mit ihren Kindern Olive und Alfi sagten wir am Montag „Goodbye!“. Jeden Tag freuten wir uns über die süße Olive, wenn sie mit ihrem hohen Piepsstimmchen auf der „Dhanu“ herumzwitscherte und den „Monkey“ gab, indem sie am Rahmen für die noch nicht vorhandene Kuchenbude schaukelte. Unsere Anima mea hat sie ebenfalls gründlich untersucht und ihr Papa, gelernter Bootsbauer, war sehr angetan von Käptn´s Selbstbau-Version. 4.IMG_2331-58

Ben und Olive

Mama Philippa hat einen eigenen Blog: philippaodonnell.wordpress.com 5.IMG_2332-58

Philippa und Alfi

Auf sehr unterhaltsame Weise schreibt die studierte Rechtsanwältin über die Geschichte der alten Holzyacht, ihren Ben und ihr „The Great Pea Green Boat Adventure“ mit der Familie. Unbedingt lesenswert! Ich werde auf jeden Fall weiterverfolgen, wo es die Vier demnächst hintreibt. Noch haben sie nicht in Richtung Kanaren abgelegt.

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13.10.2014 – Lagos im Regen

Aber hallo!!! Die Algarve kann auch anders!!!!

Am vergangenen Dienstag verdunkelten graue Wolkenberge zunehmend den blauen Algarvehimmel. Am Mittwochmorgen um acht Uhr weckte uns ein trommelndes Geräusch an Deck. Es regnete!

„Wie schön für die Natur!“ dachten wir. Und richtig: Die blühenden Hibiskusbäume an der Avenida dos Descobrimentos glänzten wie frisch geduscht und bildeten in den nächsten Tagen eifrig neue hellgrüne Blätter und rote oder rosa Blüten. Der Rasen unter den Königspalmen erstrahlte sattgrün und sogar die längst verblühten Mittagsblumen trieben eine zweite Blüte aus.

Der Käpt´n nutzte die Regenpause für einen Ölwechsel. Nun hatte ich endlich mal Gelegenheit, in Ruhe durch die vielen kleinen Geschäfte in der Stadt zu bummeln. Gerade hier in Lagos werden sehr schöne portugiesische Produkte angeboten: Schicke Lederprodukte wie Handtaschen und Schuhe, wunderschöne Schals und Tücher, Bett- und Tischwäsche sowie bunte Kostbarkeiten aus Glas und natürlich die essbaren Köstlichkeiten wie z. B. Marzipan aus Algarvemandeln oder die allgegenwärtigen Sardinen in Dosen. Besonders faszinierend finde ich, was alles aus Kork hergestellt wird! Dünn und weich wie feines Leder wird es zu Schuhen, Taschen, Schlüsselanhängern und vielem mehr verarbeitet. Kleiner Wehmutstropfen bei meiner Rückkehr: Im Cockpit prangte ein fieser Ölfleck auf dem Teakboden. Die Plastiktüte, in der die Flaschen mit dem alten Öl standen, war undicht. Plastiktüten bringen doch wirklich nur Ärger!

Mit heißem Wasser, Reinigungsmittel und Putzschwamm stürzte ich mich auf den Schandfleck, scheuerte bei der Gelegenheit gleich das ganze Cockpit, das hinterher glänzte wie ein Affenpopo. Aber der Schandfleck war mal gerade etwas heller geworden. Die Zeit, das Salzwasser und die Sonne werden ihm irgendwann den Garaus machen.

Um den Tag doch noch schön ausklingen zu lassen (und weil ich nach dem Putzeinsatz keine Lust mehr zum Kochen verspürte), gingen wir in der Stadt essen und hinterher in eine kleine Bar an der Praca Gil Eanes. Wie schon vorher beim Essen, wurden wir auch hier mit Lifemusik verwöhnt. Wir stellten wieder einmal fest, dass Lagos die schönste, lebendigste Stadt an der Algarve ist. Im Gegensatz zu den anderen Orten werden hier die Bürgersteige noch nicht hochgeklappt, was immer noch viele Touristen anlockt. Die haben es mittlerweile jedoch etwas schwer, die gute Laune zu behalten!

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06.10.2014 — Portimao

Am vergangenen Dienstag erreichten wir erneut Portimao. Diesmal bekamen wir den Platz 10 am Steg J, an dem wir schon bei unserem ersten Besuch hier vor etwa einem Monat festgemacht hatten. Allerdings liegen wir jetzt wesentlich preiswerter, denn mit dem Oktober kamen auch die Nebensaison-Preise. Lediglich die erste Nacht lag noch in der Zwischensaison. So gibt es also drei verschiedene Saisons in den Marinas in Portugal, wobei die Hauptsaison natürlich am teuersten ist.

Auch hier spürt man mittlerweile deutlich den Herbst. Die Blätter der Laubbäume fallen vertrocknet zu Boden. Die Mandelbäume sind fast kahl und tragen nur noch ihre harten Früchte. Die Oliven an den Bäumen sind schwarz und reif.

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Olivenbaum

Zwar ist es immer noch sehr warm (teilweise 28°C), aber die Tage werden deutlich kürzer. Um 8:00 Uhr morgens (Deutschland 9:00 Uhr) wird es hell und um 20:00 Uhr abends ist es dunkel. Dann müssen die Teelichter auf dem Cockpittisch brennen, damit man beim Abendessen nicht „im Trüben fischt“.

Den 3. Oktober haben wir zum ersten Mal in unserem Leben in kurzen Hosen an Bord der Anima mea verbracht. Zur Feier des Tages gab es eine selbstgemachte Pizza „Schwarz-Rot-Gold“. Den „Pizza Base Mix“ hatte ich noch aus England, alle anderen Zutaten (Mais, Oliven, eingelegte Artischocken, Tomaten, Knoblauch, Mozzarella, Reibekäse, Oregano, Thymian, Rosmarin, Pfeffer, Salz, Tomatenpüree) stammen aus Portugal.

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Obwohl rein vegetarisch, hat die Pizza auch dem Käpt´n sehr gut geschmeckt.

Am Samstag fuhren wir mit einem Wassertaxi von der Marina aus über den Rio Arade hinüber nach Ferragudo. Wir wollten doch endlich mal sehen, ob dieses malerisch auf einem Hügel liegende Fischerdorf auch aus der Nähe so hübsch aussieht. So kletterten wir die steilen, engen Gassen hinauf zur Kirche, deren stündliches Läuten uns drüben in der Marina mit zartem Glockenton mitteilte, was die Stunde geschlagen hatte. Eine quirlige Schar von Pfadfindern bevölkerte den Kirchenvorplatz, von dem aus sich eine tolle Aussicht auf die Flussmündung und Portimao bot. Doch leider war die Kirche geschlossen.

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Die Kirche in Ferragudo

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Die Madonnenfigur in der Kirchenmauer

Weitere Sehenswürdigkeiten gab es nicht zu besichtigen, doch in den stillen, verwinkelten Gassen gab es viele hübsche und kuriose Dinge zu entdecken.

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Typische Gasse

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Bougainvillen-Pracht

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„Unkaputtbare“ Waschmaschine

Während an den meisten Hauswänden blau-weiße Azulejos mit sakralen Motiven angebracht waren, fanden wir an einem Haus diese farbenfrohe Ansicht des Fischerdörfchens:

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Ein Bild von einem Dorf

An der anderen Seite des Dorfhügels stiegen wir hinunter zur Straße, der wir ein kurzes Stück bis zum Flussufer folgten. Auch von hier aus sah der bunte Häuserhaufen sehr fotogen aus.

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Ferragudo

Wir verließen die stark befahrene Straße und wanderten über den Strand ans Flussufer, wo einige „ wild campende“ Wohnmobile standen. Ein Stückchen weiter hatten Angler ihre Ruten in den Sand gesteckt. Im Klappstuhl harrten sie ihrer Beute. Beim Anblick des Strandes verging mir allerdings schlagartig der Appetit auf Fisch. Das „Treibsel“ im Spülsaum bestand zu 90 Prozent aus Müll und toten Möwen. Hier, abseits der Touristenpfade, offenbarte sich erneut die traurige Wahrheit: Die Meere vermüllen zunehmend. Die Wellen spülen nur einen Bruchteil davon an Land. Das überwiegend leichte Plastikmaterial wird vom Wind über die Gras- und Buschflächen geblasen und verhakt sich dort in den Pflanzen. Die Tiere im Wasser und auf dem Land verenden in Tüten und Flaschen, die zu tötlichen Fallen werden können. Oder sie fressen kleinste Plastikteilchen und sterben daran, wenn sie nicht vorher herausgefischt und von uns aufgegessen werden. Dann wandert der Plastikmüll sogar in unseren Körper. Das ist eklig und ungesund.

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Spuren der „Wegwerf-Gesellschaft“

Der portugiesische Videokünstler Nuno Costa dreht zu diesem traurigen Thema Filme, mit denen er versucht, die „Plastiktüten-Gesellschaft“ seines Heimatlandes zum Nachdenken zu bringen. Bei www.youtube.com oder www.faz.net kann man sich eines seiner Werke ansehen. Meine nächste Spende geht jedenfalls an den „NABU“ zur „Rettung der Meere“. Wer macht mit?

Der NABU kümmert sich übrigens auch um Störche. Sie zählen zu meinen Lieblingsvögeln, seit ich in Norddeutschland lebe, wo sich in vielen Dörfern Storchennester finden. Es ist schon viel, wenn ein Dorf mit mehr als einem Nest aufwarten kann. Hier aber, in der Nähe der Lagunen zwischen den Flussmündungen der vielen Flüsse, gibt es massenhaft Storchennester. Auf unserer Wanderung entlang des Rio Arade zurück nach Portimao haben wir sieben Storchennester gezählt. Dabei suchen sich die „Babybringer“ die unterschiedlichsten „Nisthilfen“ aus: Schornsteine der ehemaligen Sardinenfabriken, alte Kräne, Ruinen und Funkmasten. Auf letzterem hatte der Storch „passgenau“ ein viereckiges Nest gesetzt.

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Storchennest mit Störchen auf „La Fabrica“ in Portimao

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Storchennest auf dem alten Kran am Museum Portimao, dahinter eins auf einem Schornstein

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Storchennest auf einer Ruine in Portimao

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Storchennest auf einem Funkmast am Fischereihafen in Portimao

Der Weißstorch heißt in Portugal übrigens cegonha. Die Legende, dass er die Babys bringt, stammt aus Südportugal. Hans Christian Andersen, der dänische Märchenerzähler, hörte davon bei seinem Besuch im Jahre 1866 und verbreitete die Geschichte in der ganzen Welt. Gut für die Störche, die dadurch fast überall geliebt und beschützt werden. Besonders unsere Störche sind ja auf ihrem jährlichen Zug nach Afrika vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Da geht es den portugiesischen Klapperern besser, denn sie überwintern hier. Hoffentlich gerät ihnen keine Plastiktüte in den Schnabel! Wenn sie damit ihr Nest auspolstern, kann das Regenwasser nicht mehr ablaufen und die Jungstörche liegen in der „Badewanne“, verkühlen sich und sterben. So geht es jedenfalls vielen Vögeln bei uns, denn auch in Deutschland fliegt Müll durch die Gegend und wird gerne zum Nestbau verwendet.

Wir jedenfalls gehen stets mit Rucksack und Stoffbeutel in den Supermarkt. Inzwischen packe ich die einzelne Paprika oder die zwei Zwiebeln nicht mehr in eine Plastiktüte. An der Kasse schiebt der Kassierer/ die Kassiererin nach dem Abwiegen alles in eine Tüte, die ich dann noch als Müllbeutel verwende. Kaum ein Kassierer oder eine Kassiererin will uns hier eine Plastiktüte aufdrängen. Als wir kürzlich beide mit prallgefülltem Rucksack auf dem Rücken und dem Beutel in der Hand „Pingo doce“ verließen, starrte uns die kleine, alte Dame vor dem Ausgang ziemlich ungläubig hinterher. Umringt von ihren kleinen weißen Plastikbeuteln stand sie auf dem Gehweg und wartete offensichtlich auf ihren motorisierten „Abholer“.

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Ferragudo: Müll als Deko