19.08.2016 – Flaschenhälse

Les Bouches de Bonifacio ist der französische Name für die Straße von Bonifacio, die sich inmitten des gleichnamigen, 80 000 Hektar großen Naturschutzgebietes befindet. Ein Fahrwasser, das man am besten bei ruhigem Wetter in Angriff nimmt, da hier der vorherrschende Wind um ein bis zwei Beaufort aufdreht. Entsprechend der Windrichtung entwickelt sich dabei auch eine Strömung, die bei Westwind ein bis zwei Knoten betragen kann.
Sonntag, der 14.08. ist ein fast windstiller Tag. Auch die Wellen haben sich geglättet. Solche Tage kann man an der Westküste im Kalender rot anstreichen!
Der Käptn steigt ins Schlauchboot und rudert zur Bugboje, um die Leine zu lösen, während ich die Leine an der Heckboje lose gebe. Das haben gleich die Marineros mitbekommen und steuern ihr Bugsierboot zu uns um zu helfen. Zum Abschied winken sie uns freundlich hinterher.
Wir winken zurück. „Au revoir! Schön war es in eurer Bucht!“
Etwa 1 ½ Stunden später sind wir am Capo de Feno, das wir wegen des ruhigen Wetters dicht passieren können.1.IMG_3012

Capo de Feno

Dahinter erhebt sich eine strahlendweiße Steilküste. Hinter dem Punta de la Madonetta geht es in den „Flaschenhals“ von Bonifacio.2.IMG_3037

Punta de la Madonetta

Ein Schiff nach dem anderen kommt dort heraus, während eins nach dem anderen hineinfährt, um den frei gewordenen Liegeplatz im Port Bonifacio in Beschlag zu nehmen. Es herrscht ein Verkehr wie auf der Autobahn, nur, dass keine Fahrspur zu erkennen ist. Alles fährt kreuz und quer, während hunderte Schiffsschrauben das Wasser in einen Wildbach verwandeln.

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Der Flaschenhals von Bonifacio entstand aus einem ehemaligen Flussbett

Wir haben keine Lust auf Liegeplatz-Stress und schaukeln durch die Wellenberge weiter nach Osten, erst mal vorbei an der alten Stadt, deren Häuser oben auf dem Hochplateau kleben.4.IMG_3053

Bonifacio, seit jeher durch seine Lage gut geschützt.

An der Ile Saint Antoine schließt sich der Kreis! Wir haben nach 36 Tagen Korsika umrundet und dabei 294 Seemeilen zurückgelegt.5.IMG_3070

Ile Saint Antoine

Wegen des ruhigen Wetters können wir jetzt die Abkürzung durch die „Passage de la Piantarella“ nehmen, wobei die Ile Lavezzi, die Ile Cavallo und die Ile Ratino an Steuerbord passiert werden. Um 16:00 Uhr erreichen wir den Hafen von Porto Vecchio, doch es ist kein Liegeplatz mehr frei. Vor dem Hafen liegen bereits viele Boote vor Anker und wir legen uns dazu.

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Doch die (rücksichtslos) ein- und auslaufenden Schiffe verursachen so heftigen Wellenschlag, dass wir zwei Stunden später genervt den Anker bergen und in unsere „alte“ Bucht Baie de Stagnolu zurücklaufen. Lieber Wasserskifahrer als das hier ertragen!
In der Baie de Stagnolu liegen bereits zwei Schiffe vor Anker. Zwischen ihnen ist noch genug Platz für uns. Dann schauen wir zu, wie die Wasserskifahrer ihre Kreise ziehen und irgendwann ins Wasser klatschen. Gegen Abend wird es ruhig. Nun können wir „dinieren“ und dabei den fast vollen Mond am Sternenhimmel bewundern. Vom Ufer weht aus einer Bar angenehme Life-Musik zu uns herüber, während wir an die vielen Eindrücke und Erlebnisse unserer schönen Korsika-Zeit zurückdenken.
Für das Frühstück am nächsten Morgen haben wir noch Brot, doch so langsam müssen wir mal einkaufen. Also fahren wir wieder die 1,1 Meilen zur Marina Porto Vecchio bis ins Hafenbecken hinein. Ein „Rothemd“ sitzt auf einem Steg und erfragt durch Handzeichen, ob wir einen Platz wollen. „ Warum nicht?“ Dann winkt er uns in eine Gasse zwischen zwei Stegen. „Nee, da fahr´ ich nicht rein!“ erklärt der Käptn. Einverstanden! Lieber keinen Platz als in diesen „Flaschenhals von Porto Vecchio“, aus dem wir womöglich nicht ohne Bruch rauskommen. Also lehnen wir das Angebot dankend ab und fahren wieder raus zum Ankerplatz, denn angeblich ist nichts Besseres für uns frei.
Der Anker sitzt sofort. Nun wollen wir mit dem Schlauchboot in den Hafen, dort festbinden und zum Supermarkt gehen. Doch nachdem der Außenbordmotor gestartet ist, geht er prompt wieder aus. Immer wieder, bis er keinen Mucks mehr macht. Also nochmal bei der Capitainerie anrufen und sagen, dass wir doch einen Platz brauchen, weil unser Außenbordmotor den Geist aufgegeben hat. Wir bekommen sofort eine Zusage und steuern in den Hafen. Jetzt ist plötzlich weiter außen am Flaschenhals „etwas Annehmbares“ für uns frei.
Im Laufe des Tages wird der Hafen regelrecht vollgepackt. Auch jede Menge Megayachten, fast alles „alte Bekannte“, legen hier mit lautem Bugstrahlrudergebrumme an, nachdem sie vorher für tausende Euro an der Tankstelle Diesel gebunkert haben. Auch wir haben dort unsere vier Reservekanister a 10 Liter nachgefüllt und an der Säule nebenan staunend die Zahl 4.400 Euro gesehen. So viel bezahlen die Reichen dieser Welt mal gerade so für eine Tankfüllung, während wir unsere „Dieselbeute“ in einem Einkaufswagen verstauen und dafür 62,98 Euro über den Tresen schieben.
Info zur Marina de Porto Vecchio: 150 der 540 Plätze bis 40 m Lüa sind für Gastlieger vorgesehen. Die Marina ist ein wichtiger Anlaufhafen für italienische Wassersportler, die momentan verstärkt auf dem Heimweg sind, denn Ende August sind in Italien die Ferien zu Ende. Es stimmt, was Rod Heikell in seinem Handbuch „Französische Mittelmeerküste und Korsika“ schreibt: „Yachten liegen hier im wahrsten Sinne des Wortes ,dicht gepackt´, sodass wenig Raum zum Manövrieren bleibt.“7.IMG_3144

Die Marina Porto Vecchio

Wir haben abenteuerliche Ein- und Ausparkmanöver inclusive „Rammings“ gesehen. Ansonsten ist die Marina (fast)perfekt (leider funktioniert das Wifi an Bord nicht gut). Der Preis stimmt: 37,60Euro pro Nacht für unser Schiff, Duschen kostet 2,50 Euro extra. Es ist die erste Marina, die der Wasserverschwendung entgegenwirkt. So gibt es nur zu bestimmten Zeiten Wasser am Steg und das Abspritzen der Schiffe ist untersagt. Leider wird dieses Verbot von den „Rothemden“ nicht konsequent bei uneinsichtigen Yachtbesitzern durchgesetzt. Es gibt eine Wäscherei und einen Autoverleiher (Europcar)neben dem Hafenbüro. Dort stehen auch Einkaufswagen, mit denen man Lebensmittel vom 10 Gehminuten entfernten Supermarkt oder die bereits erwähnten Dieselkanister zur Tankstelle transportieren kann.
Gleich neben der Marina beginnt die Restaurant- und Bar-Meile. Doch für uns viel wichtiger: Es gibt auch einen Schiffsausrüster. Dort fragen wir nach, wer unseren Außenbordmotor reparieren könnte. Die nette Frau Schiffsausrüster weiß jemand, doch der kann – wie sie selbst – kein Englisch. Deshalb übersetzt ein Kunde unser Anliegen und Madame ruft Monsieur Edouard an. Der kann erst morgen kommen. Auf einem Zettel notiert sie uns:

EDOUARD
0789877847 (Ich hoffe, die Telefonnummer wird nicht nötig sein!)
14 H CAPITAINERIE
17/8

Am 17.08. stehen wir kurz vor 14 Uhr an der Capitainerie und halten nach Herrn Edouard Ausschau. Wir taxieren alle ankommenden Männer und erkennen ihn dann sofort. Er ist bestimmt schon im Rentenalter, trägt verschossene blaue Bermudashorts (hat der Käptn auch für Schmuddelarbeiten) und verdient sich wahrscheinlich nebenbei ein Zubrot. Als er das Motorgehäuse öffnet, ist das Problem klar: Le carburateur (der Vergaser) ist wohl verstopft. Monsieur sagt etwas wie „Soufle´“. Als begeisterte Hobbyköchin kann ich mir denken, was er meint: In den Vergaser muss (zwecks Säuberung) Luft geblasen werden. Dazu muss er aber in seine Werkstatt fahren…. Jedenfalls funktioniert jetzt unser Moteur hors-bord wieder und unser Portemonnaie ist um 100 (cent) Euros leichter.
Doch die 16 Euro für eine Busfahrt hin und zurück nach Bonifacio haben wir noch übrig. Davon im nächsten Blog.

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