22.08.2016 – In engen Gassen

Bonifacio verdankt seinen Namen dem toskanischen Marquis Boniface, der im Jahre 828 an einem Militäreinsatz gegen die Sarazenen teilnahm. Um die Seestraße gut im Blick zu haben, ließ er auf dem Hochplateau eine Festung bauen. Der Hafen Bonifacio im Zentrum der Seefahrt-Routen war allerdings schon seit der Antike bekannt und sogar Homer beschrieb ihn in seiner „Odyssee“.
Wir haben schon mehrmals gehört, wie schwierig es in der Hochsaison ist, in Bonifacio einen Liegeplatz zu ergattern. Daher wollen wir uns den Hafen von der Landseite her erobern.
Direkt an der Marina Porto Vecchio befindet sich der Busbahnhof. Von dort fährt auch der Bus nach Bonifacio. Das Ticket für zwei Personen hin- und zurück kostet 32 Euro und wird vom Busfahrer handschriftlich ausgefüllt. In einer halben Stunde sollten wir nun in Bonifacio sein.
Doch bereits am Ortsausgang von Porto Vecchio stehen wir in einem Riesenstau. Es geht nur im Schritttempo weiter und nach und nach fallen allen Fahrgästen, auch uns, die Augen zu. Irgendwann verändert sich das Fahrgeräusch und wir wachen auf. Der Stau hat sich aufgelöst und es geht zügig durch die grüne, hügelige Landschaft auf genau der Landstraße, die wir vor 37 Jahren per Fahrrad befahren haben.
Mit reichlich Verspätung erreichen wir den Ortseingang von Bonifacio und stehen schon wieder im Stau. Aus der geplanten Fahrzeit von einer halben Stunde ist eine volle Stunde geworden, als wir am Hafen direkt bei der Capitainerie aussteigen.
Hier beginnt der „Flaschenhals“ mit 400 Liegeplätzen für Yachten bis 50 m Lüa. Zu unserem Erstaunen sind noch einige Lücken an den Stegen, doch es ist ja noch früh am Tag.7b.IMG_3074

Diamond macht einen Platz frei

Wir gehen am Wasser entlang in Richtung der Festung, die von der Republik Pisa angelegt und 1195 von den Genuesern übernommen, erweitert und verbessert wurde. Die trauten den Einwohnern Bonifacios nicht über den Weg, nannten sie Rebellen und Piraten und vertrieben sie. Das schaffte Platz für Familien aus Ligurien, die hier in einer freien Stadt mit einem gewählten Senat, einem Gericht und dem Münzrecht leben konnten. Noch immer wird hier ein ligurischer Dialekt gesprochen.7c.IMG_3092

Allerlei Schnickschnack macht den steilen Anstieg zur Altstadt zum kurzweiligen Vergnügen8.IMG_3138
Garantiert pflegeleicht!

Am Ende des steilen Weges werden wir mit einem grandiosen Ausblick über die Straße von Bonifacio belohnt. Nur noch ein kurzes Stück, dann gehen wir durch das alte Genueser Stadttor, das früher nur über eine Zugbrücke zu erreichen war.9.IMG_3096

An den Felsen geklebt10.IMG_3129
Das Genueser Stadttor

Natürlich ist Bonifacio ein touristischer Ort. Die engen Gassen mit den vielen Kunsthandwerkläden, Restaurants, der Kirche und mehreren Kapellen sind voller Besucher, aber es macht trotzdem Spaß, hier hindurch zu flanieren.11.IMG_3103

In den engen Gassen von Bonifacio

Im Gegensatz zum aragonesischen König Alfonso V, der 1420 die Stadt belagerte und bombardierte, haben die meisten Besucher wenig Interesse an der Festung. Dabei kostet die Besichtigung nur 2,50 Euro, bietet viel Information zur Stadtgeschichte und vor allem tolle Ausblicke.14.IMG_3128

Wo einst die Fischer lagen, tummelt sich heute die „Haute Volaute“15.IMG_3130
Einmalig schön: Die Straße von Bonifacio

Wir haben noch Zeit für einen Restaurantbesuch und wollen endlich mal typisch korsisch essen. Auf sämtlichen Speisekarten finden sich „Korsisches Ragout mit vielen Kräutern“ und „Aubergine a la Bonifacio“.12.IMG_3109

Korsisches Ragout13.IMG_3110
Aubergine a la Bonifacio

Wir sind überrascht, dass unser Bus zurück nach Porto Vecchio pünktlich ankommt. Doch der Stau während der Rückfahrt ist noch heftiger. Kein Problem! Nach dem reichhaltigen Essen kommt ein ausgiebiges Verdauungsschläfchen gerade recht. Dafür haben wir neben der geplanten halbstündigen Fahrtdauer zusätzlich eine Stunde und 15 Minuten Zeit. Bei dem Gedanken, dass wahrscheinlich auch der Bus zum Flughafen Ajaccio im Sommerstau stecken bleibt, kommen wir doch leicht ins Grübeln. Da sollte man doch lieber einen Bus früher fahren!
Aber auch Porto Vecchio hat eine hübsche Altstadt oben auf dem Hügel. Das alte Stadttor beherbergt jetzt ein Edelrestaurant. Die engen Gassen werden von Granitsteinhäusern gesäumt, fast in jedem ist ein kleiner Laden oder ein Restaurant untergebracht. Auch hier boomt der Tourismus, doch in der schönen Kirche ist es friedlich und still.IMG_3148

StadttorIMG_3152
Der Innenraum der Kirche

In der Festung ist gerade eine Ausstellung mit Bildern des Künstlers Maxime Chapat kostenlos zu besichtigen. Die riesigen Portraits zeigen Menschen, die man glaubt, schon einmal irgendwo getroffen zu haben. Irgendwie faszinieren ihre ausdruckvollen Gesichter und ihr Blick nimmt den Betrachter gefangen.IMG_3141

Bilder einer Ausstellung

Auch in Porto Vecchio gehen wir korsisch essen. Der Käptn wählt „Korsischer Schweinebraten mit Honigsoße und Bratkartoffen“, ich probiere die „Aubergine a la Porto Vecchio“. Ein korsisches Tiramisu mit viel Schlagsahne ist krönender Abschluss, während neue Gäste geduldig auf einen Tisch warten. Für den Käptn bleibt das Ragout aus Bonifacio der Favorit, doch meine Aubergine aus Porto Vecchio kriegt eine „Eins +“.
Wieder steht ein Wochenende bevor. Die Life-Musik in der Hafenbar wird lauter und wir denken an die Abreise. Doch so eingekeilt wie wir an unserem Platz sind, ist Geduld gefragt. Dann kommt plötzlich unsere Chance. Noch vor dem Frühstück wird der Platz links neben uns geräumt. Jetzt haben wir etwas Raum zum Manövrieren. Vor uns verstopft ein italienisches Motorboot den Ausgang. Fahrer und Frau diskutieren heftig mit einem anderen Motorbootfahrer, der behauptet, dass sie sein Schiff „touchiert“ hätten. Ich stehe auf dem Vorschiff, rufe:“Please, go!“ und sie räumen das Schlachtfeld. So schlüpfen wir heil aus dem „Flaschenhals“ und dann durch die Hafenausfahrt. Da bleibt selbst dem aufgeblasenen Einhorn die Luft weg!IMG_3139

Für Nicky: Das aufgeblasene Einhorn

 

 

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