28.06.2016 Zwischen Flachbildschirmen und Naturwundern

Gegenüber von Arbatax liegt – nur drei Seemeilen entfernt – die Marina di Baunei, auch Marina Santa Maria Navarrese genannt. Etwa auf halbem Weg erhebt sich der bizarre Steinhaufen „ Isolla dell´Ogliastra“ aus den glasklaren Fluten.

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Isolla dell´Ogliastra

Es stimmt, was Wolfgang und Gisela sagen: Santa Maria Navarrese ist richtig „kuschelig“. Die Marina liegt am Fuße steiler Hügel und Berge, die zum Nationalpark Gennargentu gehören.

 

Zwei Nächte verbringen wir in Arbatax, dann fahren wir hinüber nach Santa Maria Navarrese. Kurz vor uns läuft eine deutsche Ketch in den Hafen ein. Wir haben bereits den entsprechenden UKW-Kanal eingestellt und verfolgen den Funkverkehr. Auf die italienisch formulierte Anmeldung wird in bestem Deutsch geantwortet.

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Marina di Baunei/ Santa Maria Navarrese

Info zur Marina Baunei/Santa Maria Navarrese: Die Marina liegt geschützt  in einer herrlichen Umgebung. Einer der Marineros spricht deutsch. Mitglieder der Kreuzer Abteilung und des ADAC erhalten 10% Preisnachlass. Saubere, geräumige Toiletten und Duschen. Haartrockner. Gutes WIFI an Bord.Wasser und Strom werden extra berechnet. Wir haben 25 Euro bezahlt. Hafenbar mit sehr leckerem Eis. Einkaufsmöglichkeit bergauf im Dorf. Schöne Wanderwege in den Naturpark.

Als später auch die Amica festgemacht hat, gehen wir zusammen in die Hafenbar. Dort gibt es superleckeres Eis. Auch ein Flachbildschirm hängt in der Bar, doch leider wird das Fußballspiel Deutschland-Tschechien nicht im italienischen Fernsehen übertragen und „Sky“ hat die Bar nicht gebucht. Angeblich würde ein einziges Spiel des Bezahlfernsehens 100 Euro kosten. Die spart man sich wohl lieber, denn abends kehrt ohnehin das halbe Dorf auf einen Drink in der Bar ein und lässt das Geld auch ohne Fernsehen in der Kasse klingeln.

Wir finden jedoch ein Restaurant, in dem wir das Spiel verfolgen können. Deutschland gewinnt! Der nächste Gegner ist entweder Spanien oder Italien.

Das ganze Wochenende haben wir Zeit, das reizvolle Dorf und den Wanderweg zur Felsnadel Pedra Longa zu erkunden. Wir sind begeistert von der Blütenpracht in den Gärten und den Ausblicken auf die Bucht.

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Blütenpracht in Navarrese

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Es ist allerdings sehr heiß und so begnügen wir uns am Samstag mit der halben Wanderstrecke zur Pedra Longa, die 128 Meter aus dem Wasser herausragt. Das Quellwasser an einem schattigen Rastplatz am Wanderweg ist leider auch nicht sehr erfrischend. „Pi-warm“ sprudelt es aus dem Schlauch.

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Hörst du nicht die Glocken?

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Die Quelle

Auf dem Weg zum Supermarkt entdecke ich in der Nähe der Kirche einen merkwürdigen Felsbrocken. Auf der Oberseite erkenne ich elf schüsselartige Vertiefungen und zwei merkwürdige Zeichen. Ich finde eine Texttafel mit der Erklärung für den „Cupstone“. Demnach gibt es auf Sardinien mehrere solcher Steine, die während der letzten Eiszeit vor 10 000 Jahren von den Gletschern hierher transportiert wurden. Nach dem Prinzip „Steter Tropfen höhlt den Stein“ entstanden bei entsprechenden Bedingungen kleine Mulden in solchen Steinen. Die Menschen der Steinzeit tranken das kostbare Süßwasser, das sich darin sammelte. Sie dankten den Regengöttern für ihre Gaben und machten den Findling zur Kultstätte.

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Der Findling mit den elf „copelle“ (Schüsseln)

Die eingeritzten Zeichen sind Buchstaben einer orientalischen Schrift, die vor 2000 Jahren hinzugefügt wurden. Sie entsprechen den Lauten „ya“ und „he“ oder „khi“ und ergeben zusammen das Wort „yavhe“ oder „yakhe“, was „Gottheit“ bedeutet. Wahrscheinlich wurde der Stein in der ersten Kirche aus der Byzantinischen Zeit als Altar genutzt. Ein steinerner Zeitzeuge also, der beweist, dass hier seit der Steinzeit Menschen lebten.

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Orientalische Schriftzeichen

Dann gehe ich über die Straße zur Kirche. Der schlichte Bau ist das älteste Bauwerk im Ort. Eine Tochter des Königs von Navarra gründete sie im 11. Jahrhundert zu Ehren der Jungfrau Maria.

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Die Kirche Santa Maria Navarrese

Die Kirchentür steht offen und Gesang ist zu hören. Neugierig betrete ich den Innenraum und lausche der Probe eines kleinen Frauenchors unter männlicher Leitung. Mit den Aufführungen im Hamburger Michel ist das hier nicht zu vergleichen, aber die Innigkeit, mit der gesungen wird, ist ergreifend.

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Der Frauenchor

Nach und nach kommen die Kirchgänger, denn offensichtlich wird für die bevorstehende Messe geprobt. Überwiegend alte Frauen in ihrer typischen Tracht mit Faltenrock und Kopftuch, meist ganz in Schwarz gekleidet, füllen die Bänke.

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Ich verlasse den Raum, denn ich muss ja noch einkaufen. Draußen vor der Kirche finde ich meinen Lieblingsbaum: Die Olive. Aber was für ein Exemplar! So gewaltig, dass es kaum aufs Foto passt.

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Die alte Olive gilt als Naturmonument

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Am Sonntag können wir die Pedra Longa dann doch noch aus der Nähe bewundern. Bei einem Badeausflug mit unserem Schlauchboot zur Isolla dell´Ogliastra treffen wir die Amica-Crew vor Anker. Wolfgang und Gisela nehmen mich an Bord. Der Käptn bleibt in unserem „Rudi Koster“ (unser Schlauchboot wurde auf den schwedischen Koster-Inseln getauft) sitzen und wird abgeschleppt.

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Badeausflug

Dann bewundern wir ausführlich das „Geologische Monument“.

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Die Felsnadel Pedra Longa

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Am Montag verlassen wir diesen schönen Ort und segeln hoch am Wind fast 40 Meilen weiter nach Caletta. Der Ort ist nicht so schön wie Navarrese, doch an der Außenpier des kommunalen Yachthafens können wir eine Nacht ohne Strom und Wasser kostenlos festmachen und im Ort unsere Vorräte ergänzen. Besonders Wasser kann man bei diesen Temperaturen nie genug an Bord haben. Als wir vom Einkaufen zum Schiff zurück eilen, sitzen die Menschen bereits in den Straßencafes und starren auf die Bildschirme. Italien tritt gegen Spanien an. Wir schaffen es gerade noch, unsere Vorräte an Bord zu bringen, dann sausen wir zum Strandcafe´. Hier erleben wir die Fußballschlacht der beiden Mittelmeervölker. Am Schluss heißt unser nächster Gegner ITALIEN! Wenn das mal gut geht….

Auf jeden Fall werden wir am kommenden Sonntag irgendwo einen Flachbildschirm finden, uns in eine Ecke des Restaurants verkrümeln, Pizza bestellen und verhalten die Daumen für Jogis Mannen drücken. Wir wollen es uns ja schließlich nicht mit unseren netten Gastgebern verderben. Den Kopf werden sie uns im Falle eines deutschen Sieges aber bestimmt nicht abreißen, denn  in erster Linie sind sie Sarden und dann erst Italiener!

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Appetit auf mehr? Bald geht es weiter!

2 responses

  1. Hallo Christine und Heinz, seit einiger Zeit lese ich in eurem Logbuch. Es ist sehr schön geschrieben und ich erfahre auch etwas von der Amica. Immer wieder faszinieren mich die herrlichen Aufnahmen in Sardinien. Einiges haben wir auch schon gesehen, als wir das letzte Mal 2013 auf der Amica mit segeln durften. Leider sind eben 10/12 Tage zu kurz, aber trotzdem immer ein schönes Abenteuer. Ich wünsche euch noch eine schöne Zeit und Grüße an Gisela und Wolfgang. In diesem Sinne alles Gute wünscht Isolde aus dem Erzgebirge.

  2. Hallo, vielen Dank für den netten Kommentar. Sardinien ist wirklich sehr schön. Es war ein Glücksfall, die Amica in Bosa zu treffen, denn so konnten wir vom Insider-Wissen der Crew profitieren. Nun sind wir alle wieder in Santa Teresa und haben hier einen schönen Liegeplatz. Wir wollen jetzt das Landesinnere mit einem Mietwagen erkunden und nächste Woche Gisela und Wolfgang verabschieden.Die Grüße werden wir sofort ausrichten.
    Liebe Grüße ins Erzgebirge von Christine und Heinz

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