01.10.2015 – Spanischer Herbst

Wir sind unterwegs von Alicante nach Torrevieja. Der Windmesser zeigt Null Windstärken, der Himmel ist weitgehend bewölkt, doch die Sonne brennt langsam immer mehr blaue Flecken hinein. An Steuerbord sehe ich gerade den Flughafen von Alicante. In dem blaugrauen Gebäude dort drüben werden wir in etwa vier Wochen stehen und auf unseren Flug nach Hamburg warten. Ich sage bewusst nicht, auf unseren Flug nach Hause warten, denn mittlerweile ist hier an Bord mehr denn je auch unser „zu Hause“.

Unter mir schnurrt unser Motor wie eine alte Nähmaschine, die sich durch dicken Stoff kämpfen muss. Er darf im „Schongang“ mit 1700 Umdrehungen seine voraussichtlich letzte Reise bewältigen. Dann wird er in Torrevieja zur letzten Ruhe gebettet. Totengräber „Oscar“ wartet schon!

Wir werden uns froh und dankbar von unserem Mercedes verabschieden. Er war bis zum Schluss zur Stelle, wenn uns der Wind verließ. Kam der Wind gar von vorne, kämpfte er sich tapfer durch die Wellen, brachte uns und die Anima mea stets in den sicheren Hafen.

Obwohl er Schuld daran war, dass wir die gesteckten Ziele seit unserer Abfahrt aus Deutschland nie erreicht haben, kann man sagen: „Unser Motor hat uns viel Schönes von der Welt gezeigt!“

Wäre alles nach unserem Willen gelaufen, hätten wir viele tolle Orte verpasst. Dazu gehören vor allem die Kanalinseln und die Bretagne im vergangenen Jahr, aber auch der lange Aufenthalt hier in Spanien. Ohne unseren Problemmotor hätten wir dieses phantastische Land wahrscheinlich nur gestreift. Abgeschreckt von den Hochhausburgen an der Küste hätten wir uns schnell aus dem Staub gemacht, wären jetzt wohl auf Sardinien oder in Italien. Stattdessen sind wir in dieses Land eingetaucht, haben viele wunderschöne Gegenden im Landesinnern besucht und die Menschen, ihren Alltag und ihre Feste kennengelernt. Den letzten Höhepunkt erlebten wir in Altea.

Auf der Fahrt nach Norden hatten wir diese Stadt  „links liegen gelassen“. Moraira passte besser zum Anlegen. So erwarteten wir nicht viel Neues nach all den schönen Orten  Moraira, Javea, Denia und Gandia, die wir vorher besucht hatten.

Besonders die Erinnerung an die tolle Fiesta in Denia verschaffte diesem Ort einen ganz besonderen  Stellenwert. Nun war der Sommer vorbei und wir glaubten, in den Küstenorten würden allmählich die Bürgersteige hochgeklappt. Doch unser Motor hatte wohl einen Riecher für lohnende Ziele, wodurch wir in den Genuss einer rauschenden Fiesta kamen.

Altea ist eine Perle unter den Küstenstädten an der Costa Blanca. Einziger Schwachpunkt ist vielleicht der Strand: Er besteht überwiegend aus Kies. In die glasklaren Meeresfluten sollte man sich lieber nur mit Badeschuhen stürzen und eine Matte oder Liege für das Sonnenbad parat haben.

Das „neue“ Altea besitzt neben einer guten Marina (mit schwachem WIFI) eine schöne Uferpromenade mit unzähligen Geschäften, Restaurants, Bars und Cafes. In den Straßen dahinter findet man das Rathaus, eine Kirche, das „Casa de Cultura“ (Kulturhaus), einen Bahnhof, breite Geschäftsstraßen sowie eine Universität und Sportanlagen.

Dahinter beginnt die Altstadt. Über  Treppen gelangt der Fußgänger durch verwinkelte Gassen hinauf zum Kirchplatz. Auf der Suche nach einem Restaurant ist es schwer, sich für eines zu entscheiden, so hübsch und einladend sehen sie alle aus.

Auffällig, wie sauber und gepflegt Altea ist. Weder im Hafenbecken noch auf Straßen und Plätzen, mögen sie noch so abgelegen sein, findet man Müll. Bemerkenswert, dass die meisten Hundebesitzer stets ein Plastiktütchen parat haben, wenn ihr Liebling seine Notdurft verrichtet hat. Kein Wunder, dass sich in dieser schönen Stadt inmitten einer prachtvollen Landschaft eine große Anzahl von Skandinaviern, Niederländern und Briten niedergelassen hat!

Unser Ausblick von Bord

Unser Ausblick von Bord

Seinen ganzen Zauber jedoch entwickelt Altea, wenn es dunkel wird. Schon von Weitem leuchtet die Kirche auf dem Stadthügel wie eine phosphoreszierende Schneekugelfigur. Während unseres Aufenthalts  erstrahlten die Straßen und Gassen zusätzlich im Licht der Festbeleuchtung, denn bereits seit dem 22. August befand sich Altea im Fiestafieber. Wir hatten das Glück, genau zum Höhepunkt der „Fiestas mayores de Altea en honor al Santisimo Cristo del Sagrario y San Blas 2015“ in Altea zu landen. Weiterlesen