13.08.2015 – „Wieso Burriana? „

„Da waren sie doch schon?“ wird der treue Blogleser jetzt vielleicht fragen.

Schon seit einiger Zeit freunden wir uns mit dem Gedanken an, dass wir in diesem Jahr weder Barcelona noch erst recht nicht Mallorca anlaufen werden. Beim Blick auf unsere Gribs haben wir bisher immer wieder  festgestellt, dass man sich einfach nicht darauf verlassen kann, bei der Überfahrt von Barcelona nach Soller/Mallorca über etwa 100 Seemeilen beständigen Wind aus der richtigen Richtung zu haben. Und selbst, wenn wir es schaffen würden: Auf den Balearen wären wir auf Ankerplätze angewiesen. Bei den erforderlichen Ankermanövern braucht man einen zuverlässig  arbeitenden Motor. Wehe, wenn unser Sorgenkind in einer der proppenvollen, engen Buchten ausfallen würde! Ganz zu schweigen von den hohen Reparaturkosten, die dort anschließend auf uns zukommen würden.

So zwingt uns unser angeknackster Motor schon wieder zu einer Planänderung. Und die sieht so aus:

Sant Carles ist für dieses Jahr der Endpunkt auf dem Weg nach Nordspanien. Wir werden langsam nach Süden zurücklaufen, dabei möglichst viel segeln und nur notfalls motoren. Spätestens am  29.August müssen wir Valencia erreicht haben. Während unser Schiff dort in der preisgünstigen Marina Real Juan Carlos I bleibt, fahren wir per Fähre nach Palma de Mallorca. Dort treffen wir unsere Familie aus Hamburg, die in Porto Petro ihren Urlaub verbringt. Für unseren einwöchigen Aufenthalt habe ich tatsächlich noch ein nettes Hotel zu einem angemessenen Preis buchen können. Auch ein Mietwagen  wird uns für drei Tage zur Verfügung stehen. Ob mit oder ohne Anima mea, unsere Kinder und Enkel freuen sich auf jeden Fall auf das Wiedersehen und mailen uns: „Redet dem Motor gut zu, dass er durchhält!“ Wir wissen zwar nicht, ob er auf uns hört. Aber viel wichtiger ist wohl, dass wir ihn möglichst selten hören, indem er erst gar nicht zu Wort kommt.

Am Donnerstag, dem 6.8. sieht es laut Wetterbericht gut aus mit dem richtigen Wind. Wir wollen nach Benicarlo zurück. Um 10:00 Uhr hoffen wir, draußen mehr als zwei Bft aus Ost zu haben, doch leider geht es die ersten Meilen nicht ohne Motor. Nach vier Meilen sind es drei Bft aus SO und wir können segeln. Die Bilanz am Ende des Törns: 16,1 sm zurückgelegt, 2 Stunden 35 Minuten motort, zwei Stunden 5 Minuten gesegelt. Wir sind zufrieden, zumal das für morgen angekündigte Gewitter schon jetzt aufzieht. Genauer gesagt, sind es mehrere „Tormentos“, deren Wolken rundum den Himmel verdüstern, während grelle Blitze zucken und Donner grollt. Dann fällt heftiger Regen. Gut, dass wir noch gerade rechtzeitig unsere schöne, neue Kuchenbude von www.brazilcovers.pt  aus Lagos aufbauen können. So macht es richtig Spaß, dem Himmelsspektakel zuzusehen!

Die ganze Nacht gewittert es. Am frühen Morgen werde ich wach. Mir ist kalt! Angenehm kühle Luft strömt durch die offene Luke. Ich ziehe mir die Decke über die Ohren und schlafe zufrieden wieder ein.

Nach dem Frühstück sagen wir Bernd von der Esperanza hallo. Er freut sich, uns wiederzusehen und will uns gleich auf einen Kaffee einladen. Doch wir müssen zuerst einkaufen. Schließlich gibt es in Benicarlo einen „Lidl“ und der hat Heinz´ Lieblingssalami. Kaum sind wir zurück, steht Bernd auf unserem Steg und will unbedingt den Kaffee ausgeben. Außer Zigaretten hat er noch nichts zu sich genommen. In einer der Hafenkneipen setzen wir uns zusammen. Bernd erzählt seine Lebens- und Leidensgeschichte genau dort weiter, wo er zuletzt aufgehört hat: Bei  Drogen und Dealern in Vinaros, bei Anfeindung und Vertreibung durch die Mitglieder des Club Nautico, beim „Einschalten“ der NATO…..Mein Käpt´n ist ein geduldiger Zuhörer, das habe ich während unserer  35 Ehejahre stets zu schätzen gewusst. Mir sträuben sich bei solchen Geschichten die Nackenhaare. Entweder stelle ich mehr und mehr kritische Fragen oder ich werde sehr einsilbig und beende das Gespräch möglichst schnell. Beides ist nicht im Sinne von Menschen, die sich offenbar eine eigene Wirklichkeit geschaffen haben, der ich nicht folgen kann. Ich gebe noch eine Runde Kaffee aus und bitte gleich um die Rechnung. Bernd lässt es sich nicht nehmen, auch diese Runde zu bezahlen, obwohl er nicht mit Reichtum gesegnet ist. Dann verabschieden wir uns, denn morgen wollen wir weiter. Am Abend decke ich den Tisch im Cockpit, bereite einen Salat vor und stelle den Rose´ kalt. Dann holen wir uns Pommes und Kebab „para llevar“ beim „Hafentürken“. Hinsichtlich der Essenszeiten haben wir uns mittlerweile an die Spanier angepasst. So ist es bereits 22:00 Uhr, als wir mit unserer Essenstüte zum Schiff zurückkehren. Freudestrahlend kommt uns Bernd entgegen. Er hat sich schon gewundert, wo wir sind und will unbedingt noch ein paar Worte mit uns reden. Auf unseren Einwand „wir wollten aber gerade essen“ entgegnet er: „Aber für ein paar Worte ist doch noch Zeit!“ „Nein, um diese Zeit nun leider nicht mehr,“ wimmle ich ihn ab und schiebe hinterher, „aber wir hatten uns doch schon verabschiedet.“ „Ach, wirklich?“ meint er, gibt uns noch einmal die Hand und verlässt uns mit guten Wünschen für die Weiterfahrt. Der Käpt´n hat während des folgenden Abendessens ein schlechtes Gewissen, dass wir den „einsamen, armen Kerl“ so vor den Kopf gestoßen haben. Ich bin eher froh,  nicht schon wieder eingeräuchert zu werden. Von den Geschichten über die NATO und die Dealer mal ganz abgesehen.

Doch vielleicht war ich doch ein bisschen gemein zu Bernd und werde jetzt bestraft. Der erhoffte Wind bleibt nämlich aus und wir müssen am nächsten Tag von den fünf Stunden und 25 Minuten Reisezeit  vier Stunden und fünf Minuten motoren. Das Klappergeräusch bohrt sich wie ein stumpfes Messer in die Magengrube! Um 13:30 Uhr haben wir Oropesa del Mar erreicht.

Wir müssen noch ein paar Runden durch den schön gelegenen Hafen kreisen, bis der junge Marinero  Zeit für uns hat. Den ersten Platz, den er uns zuweist, müssen wir wieder verlassen. Die Mooringleine ist gekappt. Das hatten wir doch schon mal in Puerto San Jose´ am Cabo de Gata! Na ja, dann auf ein Neues! Nachdem ich an Land stehe, hilft der Marinero dem Käpt´n tatkräftig beim Belegen der beiden Mooringleinen am Heck. Dann läd er mich ein, in sein Auto zu steigen, um mich zur Anmeldung ins Hafenbüro zu fahren. Unterwegs beginnt er mit seinen wenigen Brocken Englisch ein Gespräch. Er deutet auf einen parkenden Porsche, sein Traumauto. Ich stehe da eher auf einen alten Jaguar, würde aber in Wirklichkeit nie mein Geld für so ein teures Auto ausgeben. Jaguar findet er auch gut, Porsche aber besser. Dann verrät er mir einen weiteren Traum: Er möchte in Deutschland Informatik studieren. Ein bisschen Deutsch kann er schon, aber momentan hat er wohl wenig Zeit, seine Sprachkenntnisse zu erweitern. Tagsüber arbeitet er als Marinero im Club Nautico, abends in der Pizzeria. Doch er ist zuversichtlich und strotzt  vor Lebensfreude.

Man ahnt, es ist ein weiter Weg von unserem Platz bis zum Hafenbüro, wo sich übrigens auch die Sanitäranlage befindet. Der Marinero  springt aus dem Auto und eilt  mit großen Sätzen die Treppe zum Büro voraus. Während ich mich anmelde, fischt er aus einer Kiste einen passenden Adapter für unseren Stromanschluss. Ich frage nach Wifi. „Das machen wir an Bord,“ erklärt der junge, dynamische Mann. Dann fahren wir zum Schiff zurück. Zuerst verbindet er uns mit dem Stromnetz, dann schnappt er sich mein Laptop. Der angehende Informatiker  will tatsächlich höchstpersönlich die Verbindung zum Internet herstellen. Nun kenne ich meinen Computer gut, weiß den einfachsten Weg ins Netz und habe auch (meist)  Geduld mit ihm, wenn er mal wieder etwas langsam ist. Da habe ich einen eindeutigen Vorsprung gegenüber dem jungen Mann, der bald einsieht, dass er mir doch besser das Passwort aufschreibt, denn neue Kundschaft wartet schon. Ich widme mich in Ruhe meinem Computer, der anscheinend etwas durcheinander gekommen ist. „Irgendein Rädchen, irgendein Drähtchen, und als man es merkte, da war´s schon zu spätchen“ heißt es in einem lustigen Kinderreim. Aber nachdem ich ihn nochmal runtergefahren habe, bin ich gleich „drin“ und habe bestens funktionierendes Internet.

Die Marina Oropesa – www.cnoropesa.com -ist wirklich schön gelegen. Wir schauen vom Cockpit aus auf  die Hafeneinfahrt zwischen einer hohen Mole und steil ansteigenden Hügeln voller Pinien. Von den Hochhäusern des Touristenortes sehen wir von hier aus nichts.

Club Nautico Oropesa

Club Nautico Oropesa, Blick auf die Hafeneinfahrt

Anima mea im Club Nautico Oropesa

Anima mea im Club Nautico Oropesa

Club Nautico Oropesa

Club Nautico Oropesa, Blick auf die Touristenhochburgen

In der Marina gibt es einige hübsche Restaurants, eine Segelschule des Club Nautico und einen Swimmingpool. Am Jetski-Verleih herrscht immer großer Andrang. Wie im Gänsemarsch folgen die Brummer in Gruppen einem „Anführer“ von  der Verleihstation die Hafeneinfahrt hinaus und stürmen dann wie  wütende Hornissen  rüber ins benachbarte Benicassim. Auch wir wollen dorthin, wählen dafür aber den schönen Wanderweg „Via Verde“. Nach 11 Kilometern hin und zurück  tun uns die Beine weh, und wir sind rechtschaffen müde.

Via Verde

Via Verde

Wachturm

Wachturm 1

Zikade

Zikadenmusik erfüllt die Luft

Die Küste bei Oropesa

Die Küste bei Oropesa

Via Verde

Wachturm 2

Am Montag schlafen wir gründlich aus. Wir haben nichts Besonderes vor. Unter der schattigen Kuchenbude „kindelt“ der Käpt´n einen spannenden Krimi, ich surfe derweil  im Internet. Zum Schluss schaue ich mir mehr aus Gewohnheit als aus Notwendigkeit die Wetterberichte an. Für die ganze Woche ist schwacher und dann auch noch Südwind angesagt! Am Wochenende soll es schließlich Gewitter geben. So lange wollen wir dann doch nicht in Oropesa bleiben. Kurz entschlossen packen wir die Kuchenbude ein, ich bezahle im Hafenbüro, und schon sind wir draußen auf dem Weg nach Burriana. Nach zehn Minuten kann der Motor schweigen. Unter vollen Segeln arbeitet sich  Anima mea zunächst auf Halbwindkurs, dann raumschots die 15 Meilen entlang der Costa  del Azahar  nach Burriana voran.

Benicasssim von See aus gesehen

Benicasssim von See aus gesehen

Auch, als der Wind zeitweise auf zwei Bft absackt, macht sie nicht schlapp, so, als wolle sie die Auszeit des Motors keinesfalls unterbrechen. Der muss dann lediglich das Anlegemanöver bestreiten und kommt für den heutigen Tag auf gerade mal 30 Minuten Gesamtarbeitszeit.

Burriana

Burriana

Wie beim ersten Mal werden wir auch heute wieder sehr zuvorkommend in Burriana – www.burriananova.com -in Empfang genommen. Ich frage nach dem Schlüssel für die „Lavanderia“, denn die Bettwäsche müsste mal wieder in die Waschmaschine. Leider ist der Schlüssel gerade vergeben. Na ja, wir werden sicher länger in Burriana bleiben. Es bietet einen unschlagbaren Preis bei den Liegegebühren, ist nur noch 27 Seemeilen von Valencia entfernt, und ein Supermarkt ist etwa zehn Minuten entfernt  fußläufig erreichbar. Die Hafenanlage beherbergt außer „unserer“ Marina Burriananova  noch den Club Nautico Burriana und den Fischerhafen. Abends läuft dessen Flotte aus. Flotte hat wohl mit flott zu tun, denn die großen Schiffe verlassen mit Tempo den Hafen und sorgen  ordentlich für Schwell. Was allerdings viel schlimmer ist: Immer wieder stinkt die Luft nach Diesel, wenn die Fischerboote ihre Motoren anschmeißen. Wenig später ist das ansonsten glasklare Hafenwasser von einem Ölfilm überzogen. Die vielen kleinen Fische hier scheinen das zu mögen. Gierig zappeln sie unter dem Film und saugen ihn auf. Kontraproduktiv für meinen Appetit auf Meeresfrüchte!

Die Dieselschlecker

Die Dieselschlecker

Trotzdem kann man es in Burriana gut aushalten. Das Hafenpersonal bemüht sich sehr um seine Gäste, ist freundlich und hilfsbereit. So ist auch meine Frage nach dem Schlüssel für den Raum mit der Waschmaschine nicht vergessen worden. Am nächsten Morgen steht doch tatsächlich der Marinero auf dem Steg und hält mir den Schlüssel entgegen! Ganze zwei Euro  verlangt er für einen Waschgang. Als ich mit der Wäsche durch bin, steht er wieder am Waschhaus und fragt freundlich, ob ich fertig bin. Dann bringt er den Schlüssel zum nächsten Schiff. Das nennt man Service!

Und langweilig ist es auch nicht in Burriana. Am Montag gehen wir am Abend in die Pizzeria, die wir letztens wegen „Rita & Pepa“ verpasst haben. Es ist schon dunkel, als wir zum Hafen zurück wandern. Da huscht im Schein der Straßenlaterne etwas vor meinen Füßen über den Boden. Erschrocken springe ich zur Seite. Wieder huscht etwas davon. Dicke, fette Kakerlaken! Im Dunkeln schlüpfen sie aus ihren Verstecken und machen sich auf Nahrungssuche. Sie sind allesamt sehr groß und ekelig. Bloß nicht drauftreten, sonst kleben ihre Eier an der Schuhsohle!

Das nächste Mal gehen wir wieder zu „Rita & Pepa“ essen, dann ist der Rückweg im Dunkeln nicht so weit.

Rita & Pepa kochen lecka!

Rita & Pepa kochen lecka!

 

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