Seit einer Woche sind wir nun in der Marina Burriananova, überbrücken hier die Zeit bis zu unserer Abreise nach Mallorca.
Was macht man so, wenn man in einer relativ unspektakulären Marina mehrere Tage verbringen will bzw. muss? – Man schläft morgens zunächst mal gründlich aus. Dann kocht man das Kaffeewasser für den ersten Muntermacher und füllt nebenbei noch drei Thermoskannen mit heißem Wasser für das Spülwasser des Tages. Die Betten werden gemacht, dann geht´s zur Dusche. Für den Käpt´n folgt nun der Höhepunkt des Morgens: Das ausgiebige Frühstück unter der Kuchenbude im Cockpit. Nach dem Abspülen des Frühstückgeschirrs wird im Supermarkt „Carter“ eingekauft (etwa alle drei Tage), nach Bedarf wird eine Handwäsche in der Plastikschüssel durchgeführt, es wird geputzt, repariert (z.B. Strumpflöcher schließen oder Lackschäden ausbessern), Emails werden gelesen und geschrieben und das Abendessen wird vorbereitet.
Ein großer Teil des Tages ist also ausgefüllt mit der täglichen Bordroutine. Die restliche, zur Verfügung stehende Zeit wird vom Wetter und von den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bestimmt. Bei schlechtem Wetter – auch das gibt´s mittlerweile in Form von häufigen Gewittern – „kindelt“ der Käpt´n, während ich mich wieder dem Vokabeltraining widme. 29OO englische und rund 8oo spanische Vokabeln waren inzwischen bei www.de.babbel.com aufgelaufen. Die arbeite ich jetzt in Burriananova ab.
Zwischendurch müssen sich Augen und Hirn von der Anstrengung erholen. Gegen Sonne, Wind (momentan fünf bis sechs Bft) und Gewitterschauer geschützt, sitzen wir unter der Kuchenbude und schauen hinaus aufs Wasser und auf die Stege. Da gibt es allerlei Hübsches, Interessantes oder auch Gruseliges zu entdecken:
Ausgesprochen hübsch ist die Galionsfigur unseres Nachbarschiffes „Essaress“ aus Dartmouth. Wie alle Galionsfiguren hat das wohlgeformte Mädel die Aufgabe, den Kurs des Schiffes zu beobachten und es vor Unglück zu bewahren.
Interessant, was dem Motorboot auf der anderen Seite des Pontons widerfuhr. Vorige Woche stand plötzlich die Polizei auf dem Steg und sperrte den Zugang zum Schiff mittels Flatterband. Am Tag danach tauchte der Eigner auf und entfernte das Band. Dann putzte er alles gründlich, so, als müsse er das Schiff von etwas ganz Ekligem befreien, zog die Persenning über den Eingang und verschwand wieder. Zwei Tage später fuhr die Polizei mit ihrem großen Polizeiboot durch die Marina, begutachtete das Boot per Feldstecher und anschließend auch vom Steg aus und fuhr wieder davon. Angeblich geht es hier um Steuergeld.
Gestern trieb der Nordwind – er kündigt stets schlechtes Wetter an – einen Schwarm kleiner toter Fische durch den Hafen. Sie kamen aus dem Fischereihafen, wo man sie wohl nicht mehr gebrauchen konnte und waren leider ganz umsonst gestorben. Mit ihnen schwammen Styroporbehälter, Plastikflaschen und Plastiktüten durchs Wasser. Am Ende des Hafenbeckens vereinigte sich alles mit dem alten Müll. Ich litt mit den Fischchen und dem Wasser, kann mich einfach nicht an den täglichen Umweltfrevel gewöhnen.
Schauen wir zur Landseite, fällt unser Blick auf die Wohnklötze von Burriananova, in denen sich wohl überwiegend Touristen tummeln, denn dies hier ist ein rein touristischer Ort. Dahinter schauen die bizarren Zacken der Berge hervor.
„Wie mag es dort, hinter den Häusern, wohl aussehen? Und ist Burriana (kastilisch) bzw. Borriana (katalanisch) schöner als Burriananova?“ ist unsere Frage, als wir uns am Samstag aufmachen, das „Hinterland“ per pedes zu erkunden.
In der Eisdiele „Claudia“ versorgen wir uns mit einem Eisbecher und marschieren zum Ortsende, wo die Orangenplantagen beginnen und das Eis aufgegessen ist.
In Reih und Glied stehen hier die Bäumchen in der rötlichen, knochentrockenen Erde und strotzen dennoch vor grünen Blättern und Früchten.
Orangenblüten u Früchte
An einer Weggabelung strahlt ein Heiligenbild im Sonnenschein. Es erinnert uns daran, dass heute am 15. August das Fest Mariä Himmelfahrt (Asuncion de la Virgen) als gesetzlicher Feiertag in Spanien begangen wird.
Ein verzweigtes Kanalsystem transportiert das lebensnotwendige Wasser zu den einzelnen Hainen. Es wird dem Fluss Mijares (kastilisch) bzw. Millars (katalanisch)entnommen, der 156 km entfernt in der Sierra de Gudar auf 1560 m Höhe entspringt und hier im Mittelmeer mündet.
Eine regelmäßige Wartung scheint bei den Kanälen nicht stattzufinden. Wo der Beton zerbröselt, wird der Schaden nicht ausgebessert. Einige der Kanäle sind leider mit Plastikmüll „ zugepflastert“.
Mitten in den einzelnen Parzellen stehen kleine Steinhäuser. Sie sind von einem Gärtchen umgeben, das durch einen hohen Zaun gesichert ist. Manchmal ist der Zaun zusätzlich durch einen „Sichtschutz“ aus Planen verhängt oder kläffende Hunde patrouillieren am Zaun entlang. Wer mag hier wohl wohnen? Vielleicht Landarbeiter? Womöglich einige der vielen Einwanderer aus Nordafrika und Rumänien, die hier Arbeit finden?
Die meisten Häuser scheinen jedoch unbewohnt und verfallen langsam. Das Gärtchen verkommt zum Müllplatz. Hier eine zerbrochene Kloschüssel, dort eine zerfetzte Plastikplane. Dazwischen die allgegenwärtigen Plastikflaschen und Getränkedosen. Wo Müll liegen bleibt, kommt schnell neuer hinzu! Scheint hier außer uns wieder mal niemanden zu stören. Nur dort, wo sich viele Touristen aufhalten, wird Müll regelmäßig entsorgt. Und natürlich vor der eigenen Haustür. Was links und rechts liegt kümmert selten jemand.
Einige Plantagen verwildern. Die Orangenbäume sind in der Gluthitze vertrocknet. Nur einzelne Olivenbäume haben überlebt und dienen Rankgewächsen mit eiförmigen Früchten als Kletterhilfe.
Unser Ausflug ins Grüne ist ein Wechselbad der Gefühle. Schließlich erreichen wir den Stadtrand von Burriana/Borriana. Kasernenartige Wohnblocks verdecken den Blick auf den Kirchturm, den wir vorher aus der Ferne gesehen hatten. Dann wandern wir durch die engen Häuserschluchten der 34.000 Einwohner zählenden Stadt in der Provinz Castellon, autonome Region Valencia. An einer Parkanlage mit modernem Denkmal lichten sich die Häuserreihen etwas, doch wir können weder den Turm der gotischen Kirche San Salvador noch das Orangenmuseum – angeblich einzigartig in Europa – finden.
Der Käpt´n ist müde, möchte zurück. Ich überrede ihn zu einem letzten Versuch, doch noch die schönen Seiten des Ortes zu entdecken. Schließlich ist der Ortsname auf unserer ADAC Länderkarte Spanien-Portugal gelb unterlegt, was „Interessanter Ort“ bedeutet!
Weiter geht es durch enge, trostlos bebaute Straßen, zugestellt mit parkenden Autos. Der Slalom um eingetrocknete Hundehäufchen und Müllcontainer endet an einem kleinen Cafe´. Hier erholen wir uns bei einem „Americano“.
Zurück wandern wir entlang der verkehrsreichen Hauptstraße nach Burriananova. Hier stehen teilweise stattliche, gepflegte Häuser mit prächtigen Gärten. Auch sie sind umgeben von hohen Mauern und Zäunen. Davor parken teure Autos, die meisten aus deutscher Produktion.
Viel interessanter finde ich allerdings den stattlichen Gummibaum am Straßenrand. Er muss wohl geblüht haben und trägt nun am Ende der Zweige hellgelbe Fruchtstände mit braunen Häkchen.
So endet unser Ausflug ins Grüne doch noch mit einem botanischen Highlight. Ende gut, alles gut!