Wir sind jetzt im letzten Hafen vor Gibraltar angekommen. Nur noch knapp 40 Seemeilen trennen uns vom Mittelmeer. Wenn alles gut geht, schieben uns morgen ein moderater Westwind und der Gezeitenstrom durch die Straße von Gibraltar.
Am Dienstag, dem 26.05. verlassen wir Puerto Sherry, nachdem wir uns am Pfingstsonntag das benachbarte Städtchen Puerto de Santa Maria und Pfingstmontag Cadiz angesehen haben. Beide Städte liegen in der Bucht von Cadiz, sind sehr alt und haben viele historische Gemeinsamkeiten. In beiden Städten lebten schon die Phönizier, Römer, Westgoten und Araber, wobei das vor 3000 Jahren gegründete Cadiz den Titel „Älteste Stadt Europas“ für sich beansprucht. Nach der Entdeckung Amerikas kamen die beiden Städte durch ihre Häfen und die reichen Kaufmannsfamilien zu Wohlstand. Davon zeugen prächtige Kirchen, Klöster und Palais. Doch während das strahlende, auf einer langgezogenen Insel angelegte Cadiz seine Bauten pflegt und erhält und damit die Touristen in Scharen anlockt, verfallen die alten Gemäuer in Puerto de Santa Maria. Hier haben ganze Storchenkolonien die übrig gebliebenen Ruinen für sich erobert. An den sumpfigen Ufern des Rio Guadalete, in dem auch der örtliche Yachtclub seine Stege hat und die Fähre nach Cadiz ablegt, finden sie reichlich Nahrung.
Wir geben uns redlich Mühe, die versteckten Schönheiten von Puerto de Santa Maria zu entdecken. Es ist ein weiter Anmarsch von Puerto Sherry aus über den Küstenweg zwischen Strand und Dünen. Doch trotz der Hitze gehen wir dann auch noch am Rio Guadalete entlang weiter bis zum Monasterio de la Victoria. Das ehemalige Kloster steht verloren auf einer öden Brache gegenüber dem Bahnhof der Stadt und ist dem Verfall anheim gegeben. Im Stadtplan wird der Name dieses Bauwerkes fettgedruckt hervorgehoben, doch außer uns interessiert sich kein Mensch dafür. Durch den Zaun fotografiere ich die Storchennester auf den bröckelnden Stützpfeilern und die knorrigen alten Olivenbäume, die sicher so alt sind wie das Gebäude selbst. Das erweckt das Interesse einer älteren Senora, die mit ihrem kleinen Vierbeiner, der allerdings nur noch drei Beine beim Laufen benutzt, hier ihre Gassi-Runde dreht. Sie spricht zunächst den Käpt´n an, der sie an mich verweist. Nun hat die Senora ihr Opfer gefunden! Lebhaft gestikulierend erklärt sie mir die Geschichte des Monasterios, während wir um das Gebäude herumspazieren. Ich verstehe leider nur bruchstückhaft, welch große Zeiten die Ruine hinter sich hat und dass auch die Vorfahren der Senora irgendwie damit verbunden waren. Zum Glück stellt die Senora keine Rückfragen! Dann ist die Führung beendet und mit einem herzlichen „Gracias!“ verabschieden wir uns von der Dame mit dem humpelnden Hündchen.
Auch die engen Gassen der Stadt zeigen, dass hier nicht gerade der Reichtum zuhause ist. Nur die Festung Castillo de San Marcos ist gut erhalten. Dann suchen und finden wir endlich die Stierkampfarena „von internationalem Ruf“. Das blutige Spektakel der „corrida do torros“ gehört in Spanien nach wie vor zur „feria“. Eine „feria“ oder „fiesta“ ist in den spanischen Orten Höhepunkt des Jahres und Anlass, mal so richtig auf die Pauke zu hauen. Wie man dem Plakat an der Stierkampfarena entnehmen kann, war dies hier in Puerto de Santa Maria wohl am 10. Mai der Fall.
Auf in den Kampf!
Die Endphase des Stierkampfes: Mit der „muleta“ wird der Stier provoziert und am Ende erstochen.
Am nächsten Tag wandern wir erneut den langen Weg nach Puerto de Santa Maria. Am Strand Playa de la Puntilla schweift unser Blick hinüber zu der neuen Brücke, die bald Cadiz mit dem Festland verbinden wird. Wir finden, sie ähnelt irgendwie der Köhlbrandbrücke in Hamburg. Dann sind wir auch schon am Fähranleger. Nach einer halben Stunde erreichen wir mit der Catamaran-Fähre den Hafen von Cadiz.
Der Köhlbrand von Cadiz
Eines der „Aida“ Kreuzfahrtschiffe hat hier festgemacht. Entsprechend viele deutschsprachige Touristen bevölkern die Stadt. Unser Stadtbummel führt uns zunächst zum Rathaus. Dann machen wir eine ausgiebige Audio-Führung durch die prächtige Kathedrale, in deren Krypta sich die Grabstätte des Komponisten Mario de Falla befindet. Durch die verwinkelten Straßen der Altstadt finden wir den Weg zu den alten Mauerresten eines römischen Theaters, hinter denen sich die beiden Türme und die Kuppel der Kathedrale erheben. Das römische Bauwerk veranschaulicht, wie lange es diese Stadt schon gibt, wurde es doch durch einem Berater Cäsars errichtet.
Ein kurzes Stück weiter beginnt hinter der alten Stadtmauer das moderne Cadiz. Hier machen wir kehrt und gehen zur Fähre zurück. In Puerto Sherry setzen wir uns am Abend in eine kleine Bar mit Blick auf Cadiz und trinken ein Gläschen Sherry „ aus der Region“. Am nächsten Morgen legen wir ab in Richtung Cabo Trafalgar. Hier schlug die englische Flotte am 21.10.1805 unter Lord Nelson die Franzosen, wobei der berühmte englische Admiral tödlich verletzt wurde und in seine englische Heimat zwecks Konservierung in einem Rumfass zurück transportiert wurde. Wir erinnern uns an Portsmouth, wo wir Nelsons Victory besichtigen konnten. Hier also wurde die berühmte Schlacht geschlagen! Wegen der berüchtigten Grundseen umfahren wir das Cap in einem großen Bogen. Wie an allen Caps, bläst es auch hier kräftig, und die See ist aufgewühlt.
Nun muss auf Thunfischnetze geachtet werden! Diese breiten sich flächendeckend vor Barbate und dem benachbarten Zahara de los Atunes aus. Entsprechend dreht sich in diesen Orten alles um den Thunfisch!
In Barbate ist noch viel Platz in der Marina. Wir bekommen einen Liegeplatz am geschützten Steg D, direkt neben einem relativ kleinen kanadischen Boot. Der Eigner ist tatsächlich aus Toronto über New York City und die Azoren hierher gesegelt ! Auf seinem Weg hat er zwei schwere Stürme abgewettert, der Motor fiel aus und das Vorstag brach. Aber er und seine „little niece“ (die 22jährige Nichte ohne Segelerfahrung) haben die Atlantiküberquerung mit der „Expeditis“ voriges Jahr vollendet. Die Nichte ist wieder in Kanada und will vom Segeln nichts mehr wissen. Der Onkel lebt nun zufrieden und glücklich in der Wärme Spaniens und will irgendwann über den Atlantik zurück in die Karibik.
In Barbate werden wir gründlich eingeweht. In der zweiten Nacht bläst der „Levante“ in Böen mit acht Windstärken. Auch am nächsten Tag ist noch starker Ostwind. Ein guter Tag zum Wandern! Gleich um die Ecke beginnt der Naturpark La Brena.
Blick auf Barbate
Es geht über den einsamen Strand hinauf auf die Steilküste zum Torre de Tajo. Der Wachturm wurde im 16. Jahrhundert erbaut, um die Stadt vor Piratenüberfällen zu schützen.
Viele sportliche Spanier nutzen diesen schönen Weg zum Walken. Wir gehen gemütlich, denn es geht bergauf, und es ist sehr heiß. Aber trotzdem ist die Luft so leicht, seidenweich und klar! Und es gibt wieder mal so viel zu sehen und zu fotografieren am Wegesrand, wo es trotz der Trockenheit noch grünt und blüht.
Wüstenblume
Ein „einschwänziger“ Schwalbenschwanz
Heute haben wir uns im nahe gelegenen Supermarkt noch einmal reichlich mit Proviant versorgt. Wer weiß, wie die Preise im Mittelmeer sind. Heute Abend kosten wir den frischen Thunfisch aus Barbate. Morgen gilt auch für uns wieder das Motto der strahlenden Stadt Cadiz:
Plus ultimo! Immer weiter!