Immer wieder schießt mir dieses Lied durch den Kopf, während Heinz unseren Leihwagen bergauf, bergab durch das blühende Andalusien steuert.
Am Dienstag, dem 28. April starten wir von Lagos aus zu unserer kleinen Spanienrundreise auf vier Rädern. Auf meinem Schoß liegt die große Portugal-Spanien-Länderkarte, die ich Heinz letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt habe. An der Windschutzscheibe klebt unser Tom-Tom-Navi, das wir von zu Hause mitgenommen haben. Schnell das Land auswählen, dann den Zielort eingeben, schon kommandiert die altbekannte Frauenstimme: „Fahren Sie in den Kreisverkehr und nehmen Sie die dritte Ausfahrt. Zweite Ausfahrt!“ Alle Tom-Tom-Besitzer wissen, wovon ich hier rede! Da die Dame im Tom-Tom nicht auf dem aktuellsten Stand ist und sich sowohl in Portugal bzw. Spanien viel in Sachen Straßenbau getan hat, überprüfe ich laufend auf der Karte, ob die Kommandos uns auch wirklich zum Ziel führen.
Die erste Katastrophe verursacht Frau Tom-Tom bereits, nachdem wir den wunderschönen Donana-Nationalpark hinter Huelva durchquert haben. Am Rande der schmalen Straßen beäugen uns Störche auf fast jedem Lichtleitungsmast, Nisthilfe für ihre mächtigen Nester. Wegränder und Wiesen sind übersät von bunten Wildblumen, Kühe und Pferde baden im Blütenmeer.
Auf jedem Lichtleitungsmast wohnt eine Storchenfamilie
Blütenteppich unter Korkeichen
Wir erreichen am späten Nachmittag unseren ersten Zielort: Arcos de la Frontera, das westliche Tor zu den berühmten weißen Dörfern, den „pueblos blancos“. Hier haben wir für die erste Nacht bei www.booking.com im Hotel „Marques de Torresoto“ ein Doppelzimmer gebucht. Mit der ausgedruckten Wegbeschreibung kann ich nicht viel anfangen, also verlassen wir uns auf Frau Tom-Tom. Zielstrebig kommandiert sie uns in die weiße Stadt, die sich von der Spitze eines Hügels über die steilen Hänge ins Tal ergießt. Es geht bergauf! Immer steiler!! Es geht nur in eine Richtung ohne Wendemöglichkeiten!!! Wir ziehen unwillkürlich den Bauch ein, denn es wird enger und enger. Entgegenkommende Einheimische schauen uns ungläubig an. Doch wir kommen heil an jedem Hindernis vorbei. Der Angstschweiß steht uns allerdings schon auf der Stirn, da geht es endlich bergab. Doch jetzt wird es erst so richtig aufregend. Es geht nämlich steil, sehr steil bergab! Man kennt das Geräusch, wenn zwei Luftballons aneinander gerieben werden. Genau ein solches Geräusch machen unsere Reifen, die kaum Halt finden auf den glatten Pflastersträßchen. Endlich sind wir wieder im unteren Bereich der Stadt und parken. Puhhh! Ist noch mal gut gegangen!
Wir steigen aus und laufen los, fragen nach dem Hotel in der gleichnamigen „Calle“ (Straße). Kaum einer hier unten kennt es. Doch dann erklärt ein junger Mann grinsend: „Da oben auf dem Berg, wo die Kirche ist, da müsst ihr hoch, zehn Minuten Fußweg!“ Wer´s glaubt, wird selig!
Wir gehen erstmal ohne Gepäck und finden nach mehrmaligem Fragen das Hotelchen in einer besonders engen Gasse, direkt bei der Kirche. Ein schönes altes Gebäude mit einem typisch spanischen Innenhof. Hier werden die Mahlzeiten serviert. Einen Parkplatz gibt es allerdings nicht. Also beschließen wir nach dem Einchecken, das unbedingt Nötigste aus der Reisetasche in den Rucksack umzupacken und laufen nochmals ins Tal hinunter und wieder hoch. Der beschwerliche Ab- und Aufstieg wird durch die wunderschönen Ausblicke in den malerischen Gassen versüßt.
Das Hotel hat seine besten Tage hinter sich, doch der Charme des alten Gemäuers und das freundliche Personal gefallen uns. Nach einem Abendbummel kehren wir in einer typisch spanischen Kneipe ein. Noch sind kaum Touristen hier. An der Bar kippt ein Einheimischer ein Glas nach dem anderen in sich hinein und unterhält sich mit dem Wirt. Spanier reden gerne und viel miteinander, das werden wir immer wieder feststellen. Auf dem harten Kissen im Hotelbett ruht mein müdes Haupt ausgesprochen schlecht. Aber gut. Dann geht es wenigstens früh weiter durch den „Parque Natural Grazalema“. Wir genießen die Tour auf der Straße Nr. 372 über El Bosque nach Grazalema, wo wir zu Mittag essen. Ich probiere „Junge Disteln mit Rührei“ (Revuelto de Tagarninas), eine Spezialität dieser Gegend. Schmeckt gut! Bis hierher sind die Berge kontinuierlich bis auf 1103 m (Pto. del Boyar) angestiegen.
Nun geht es wieder bergab nach Ronda, wo die „Serrania de Ronda“ beginnt, auch hier wieder als „Parque Natural Sierra de las Nieves“ in der Karte verzeichnet. Wir haben uns viel Zeit gelassen, sind immer wieder ausgestiegen, haben die Blumen aus der Nähe betrachtet, die weiten Blicke in die Berge genossen, dem Zwitschern der unzähligen Singvögel gelauscht. Nun müssen wir uns ein bisschen sputen und nehmen die Schnellstraße über Malaga an der Küste entlang. Da leuchtet uns endlich das strahlend blaue, aber wild bewegte Mittelmeer entgegen! Einem Segeltörn trauern wir momentan nicht nach!
Weiter geht´s in Richtung Almeria. In Motril zweigen wir nach Norden auf die A 44 nach Granada ab, immer den Wipfeln der bis zu 3481 m hohen Sierra Nevada entgegen. Die höchsten Erhebungen wie Mulhacen und Pico de Veleta sind noch schneebedeckt. Bis in den Mai kann man in diesem südlichsten Skigebiet Spaniens Wintersport treiben und anschließend im nur 40 Kilometer entfernten Mittelmeer baden. Wäre mir jetzt aber noch viel zu kalt!
Frau Tom-Tom reißt es mal kurz den Boden unter den Füßen weg. Die nagelneue Autobahn erkennt sie nur als Camino im Niemandsland. Doch kurz vor Granada gewinnt sie wieder die Orientierung und kommandiert uns sicher durch die Ausfahrten der Kreisverkehre nach Cenes de la Vega, einem Vorort von Granada, in dem wir für drei Nächte ein Zimmer im „Don Gonzalo“ gebucht haben. In der kleinen Tiefgarage findet sich noch ein Stellplatz für unseren kleinen Peugeot. Bequem können wir mittels Fahrstuhl zur Rezeption und dann in unser komfortables Zimmer mit Bad gelangen.
Im Hotel sind nur wenige Gäste. Beim Abendessen sind wir die einzigen im Speisesaal. Das Essen ist nicht schlecht, aber so einsam im stark heruntergekühlten Raum fühlen wir uns etwas verloren. Dafür schlafen wir gut im bequemen Doppelbett, müssen aber leider die Balkontür geschlossen lassen, denn auf der Durchgangsstraße vor dem Hotel tobt der spanische Verkehrswahnsinn. Man kann halt nicht alles haben: Ein gleichwertiges Hotel mit himmlischer Ruhe hätte einen höheren Preis.
Das Frühstücksbuffet bietet eine kleine Auswahl an Schinken, Käse und Marmelade. Auch Joghurt und frisches Obst sind da. Brot und Brötchen sind frisch und können auf dem rotierenden Toaster geröstet werden. Wie bescheiden dagegen war unser „Desayuno“ im Marques de Torresoto: Eine einzige Scheibe hart-geröstetes Weißbrot serviert mit einem Berg undefinierbarer Wurstpasteten in Aludöschen sowie einer Marmeladenauswahl in ebensolchen Aludöschen und einer Zwergtasse Kaffee vom Allerstärksten.
Frisch gestärkt erkundigen wir uns an der Rezeption nach der Busverbindung nach Granada. Dort wollen wir zunächst in die Alhambra. Der Hotelchef rät uns, doch besser mit dem Auto zu fahren, denn der Bus fährt direkt ins Zentrum, die Alhambra sei aber nur zehn Autominuten entfernt, leicht zu finden und biete ausreichend Parkraum. Wir lassen uns überzeugen, packen Frau Tom-Tom ein und hoffen, schnell in der Kassenschlange zu stehen, um noch Karten für den Nasridenpalast in Spaniens berühmtester Sehenswürdigkeit zu ergattern. Im Internet waren alle Tickets inclusive Führungen auf lange Zeit ausgebucht. Wir hoffen aber, dass die Tageskasse ein Kontingent an Karten vorhält.
Leider kennt sich Frau Tom-Tom in Granada nicht so richtig aus. Oder wir verstehen ihre Kommandos nicht richtig. Jedenfalls drehen wir uns ordentlich im Kreis, finden dann aber doch wie durch ein Wunder die Alhambra. Ja, liebe Ute, lieber Günther, wir haben sie tatsächlich gefunden! Die Kassenschlange ist vom Typ „Würgeschlange exralang“ und während wir so anstehen, kommt die Durchsage, dass für heute leider alle Karten für den Nasriden-Palast ausverkauft seien. Wir stehen wohlgemerkt am Morgen für die Karten der „Nachmittagsschicht“ an. Die Besucher werden täglich in zwei „Schichten“ in die Gärten und Paläste gelassen, wobei nur einer begrenzten Besuchermenge Einlass in den Nasriden-Palast gewährt wird. Wer eine Karte ergattert, muss zu einem festgelegten Termin auch dort wieder anstehen und hat eine halbe Stunde Zeit, die architektonische Pracht zu bewundern.
Uns ist es leider nicht vergönnt, doch wir halten die Stellung und bekommen wenigstens Eintrittskarten für die verschiedenen anderen Bauten: die Militärfestung Alcazaba, der Sommerpalast Generalife und das Renaissanceschloss Carls V.
Um Punkt 14 Uhr wird uns nach einem weiteren Anstehen der Zutritt zu der ehemals maurischen Festung gewährt. Wir streifen durch ein Labyrinth aus paradiesischen Gärten, lauschen dem Glucksen und Gluckern der vielen Wasserläufe und Brunnen und können uns nicht satt sehen an den herrlichen Ausblicken auf die Berge und die Stadt. Wir meinen, noch nie ein schöneres Ensemble von Bauwerken, Landschaft und Gärten gesehen zu haben!
Nach unserem Alhambra-Besuch bleibt noch Zeit für einen Bummel hinunter ins Stadtzentrum. Die Kathedrale, Grablege der Katholischen Könige, sind sehr beeindruckend. In einer der vielen Tapas-Bars machen wir eine Pause und beobachten das lebhafte Treiben in den engen Straßen mit den kleinen Gewürzläden, zahlreichen Bars und Geschäften aller Art.
So schön der Tag auch war, freuten wir uns nach all dem Rummel in der Stadt auf einen Ausflug in die Alpujarras. Diese Gegend im Süden der Sierra Nevada erreichen wir am nächsten Tag schnell über die Autobahn. Im Westen fahren wir zunächst nach Lanjaron, bekannt für seine Heilwasserquelle. Die Reste einer alten Burg zeugen noch heute vom tapferen Widerstand der Mauren gegen die Truppen von Ferdinand und Isabella von Aragon im März 1500.
Die Burg der Mauren in Lanjaron
Die Straße windet sich von hier aus weiter nach Osten in die Berge hinauf. Auch hier klebt ein „weißes Dorf“ nach dem anderen an den steilen Hängen der dramatischen Berglandschaft. Im malerischen Capileira wandern wir ein kurzes Stück den schneebedeckten Bergspitzen entgegen und belohnen uns für die Strapazen mit Schinken und Käse aus der Region. Nicht zu vergleichen mit den spanischen Produkten, die deutsche Supermärkte verkaufen!
Die Straße schlängelt sich weiter durch grüne Berge, bedeckt mit blühenden Olivenhainen, Korkeichenwäldern, Gemüse- und Getreidefeldern. Dann erreichen wir das „Schinkendorf“ Trevelez. Von hier biegen wir östlich in die Sierra Nevada ab. Es wird immer heißer und trockener. Eine wüstenähnliche, unwirtliche Berglandschaft breitet sich vor uns aus. Dann erreichen wir die Autobahn am Nordrand der Sierra Nevada. „Sind wir jetzt in Arizona gelandet?“ frage ich ungläubig, als in Guadix die trockene Kalksteinlandschaft mit den Höhlenbehausungen auftaucht. Leider ist keine Zeit mehr, diese bereits vor einer Million Jahren besiedelten Gegend zu erkunden.
Am Abend gehen wir zu unserem Lieblingsrestaurant „Los Faroles“ (Die Laternen) in Cenes de la Vega. Auf der überdachten Terrasse bewundern wir das mit Orangen und Zitronen geschmückte mannshohe „Cruz de Mayo“ (Maikreuz). Diese geschmückten Kreuze sind Teil der spanischen Bräuche rund um das Frühlingsfest, das zu Ehren der Liebe und der Natur im Mai gefeiert wird.
Weiteren, prächtigen Maikreuzen sollen wir später in Cordoba begegnen, unserem letzten Ziel auf unserer Spanienreise. Am Samstag, dem 2. Mai machen wir uns auf, diese altehrwürdige Stadt zu erkunden. Da wir für die letzten beiden Übernachtungen ein kleines Häuschen mit Selbstversorgung etwa 50 Kilometer westlich von Cordoba gemietet haben, suchen wir einen Ort, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Gut geeignet erscheint uns das Städtchen Priego de Cordoba. Es entpuppt sich als echter Glücksgriff, denn es hat weit mehr zu bieten als gut sortierte Supermärkte. Auf einem Felsen in der Sierra Subbetica thronend beherbergt der weiße Ort zahlreiche Barockbauten und ein maurisches Viertel mit engen, blumengeschmückten Gassen. Vom Balcon del Adarve aus, dem Rundweg auf der steilen Felswand, bestaunen wir die malerische Berglandschaft. Auch ein mittelalterliches Castillo samt königlichem Schlachthaus dürfen natürlich nicht fehlen!
Etwa ein Stunde später nähern wir uns dem Dorf Hornachuelos am Rande der gleichnamigen Sierra. Hier gilt es, die Casa Campera La Hiedra zu finden, unsere letzte Unterkunft auf der Spanienreise. Frau Tom-Tom scheucht uns von Gasse zu Gasse, bis wir ihr schließlich nicht mehr trauen. In einem kleinen Straßencafe in der Pampa frage ich nach der Calle „El Fresno“. Die junge Dame am Tresen hat nur einen Gast und ist sichtlich froh über die Abwechslung, die ich ihr biete. Ausführlich erklärt sie mir den „schwierigen“ Weg, von dem ich leider nur jedes zweite Wort verstehe. Als sie das merkt, nimmt sie kurzerhand ein Blatt Papier und zeichnet sorgfältig den Weg auf. Und wir glauben es kaum: Er stimmt mit Frau Tom-Toms Anweisungen überein. Der finale Satz: „Sie haben ihr Ziel erreicht!“ endet vor einem scheinbar unbewohnten Grundstück mit großem, offen stehenden Tor. Nachdem ich die Hausnummern der Nachbarhäuser gefunden habe, komme ich zu dem Schluss, dass das der Zugang zum Ferienhaus sein muß. Ich gehe den Weg durch den Orangenhain hinunter, da steht plötzlich ein dunkler, faltiger Hund vor mir und bellt mich an. Er sieht gefährlich aus und kommt auch noch bellend auf mich zu. Ich suche das Weite. Doch da eilt ein freundlicher Mann aus dem Hintergrund herbei, ruft den Hund zu sich und macht mir klar (wie alle Hundebesitzer): „Der tut nichts!“ Jedenfalls sind wir hier richtig und beziehen unser kleines, 40 Quadratmeter Häuschen mit Wohn-Schlafraum, offenem Kamin, Schlafkammer, Bad und Toilette sowie gut ausgestatteter Küche und überdachtem Vorplatz mit Grill inclusive einer großen Kiste mit Saftorangen und Zitronen von der hauseigenen Plantage!
Gleich nebenan wohnen die freundlichen Besitzer mit ihrer kleinen Tochter und der chinesischen Shar Pei Hündin. Übersetzt bedeutet der Name dieser faltigen Gesellen „Haifisch Haut“ oder „Glaspapier“. Sie tut uns wirklich nichts, ist stets wachsam und aufmerksam, und vor allem sehr zurückhaltend.
Das hätte ich mir von der Ratte, die im durchsichtigen Bambusgeflecht über dem Freisitz haust, auch gewünscht! Der gemütliche laue Maiabend bei einem Glas Vino Tinto endet abrupt, als sie aus ihrem Nest da oben hervorkriecht und das große Knabbern beginnt.
Wir schlafen wunderbar in dieser Oase der Ruhe, wo nur Frösche quaken und Tauben gurren. Die kalte Dusche am Morgen (der Hausherr hatte vergessen, das Warmwasser anzustellen) macht uns schnell fit für das nächste Abenteuer: Cordoba! Vielleicht erinnert sich der/die eine oder andere an den Roman bzw. den kürzlich ausgestrahlten Fernsehfilm „Der Medicus“. Diese Geschichte spielt ja in dieser Stadt, damals größte Stadt der Welt und intellektuelles Mekka.
Am Paseo de la Victoria finden wir einen Parkplatz und wandern durch die lang gestreckten Grünanlagen entlang der Hauptverkehrsstraße zum jüdischen Viertel der Stadt.
Auch hier wieder wie in Priego de Cordoba enge, blumengeschmückte Gassen, eine hübscher als die andere. Dann stehen wir vor dem stolzen spanischen Reitersmann an den Caballerizas Reales (Königliche Stallungen von 1570), wo die Andalusier-Pferde gezüchtet wurden. Natürlich hat sich bereits eine Warteschlange aufgebaut!
Na dann zum nächsten Event, dem Alcazar de Reyes Cristianos (Burg der Katholischen Könige von 1328). Auch hier sind wir trotz der frühen Stunde nicht die Einzigen. Doch jetzt stellen wir uns tapfer an und gelangen relativ schnell in das historische Gemäuer. Von hier aus machten Ferdinand und Isabella der letzten maurischen Bastion in Granada den Garaus. Und hier wurde auch die Entdeckung der Neuen Welt durch Christoph Columbus ausbaldowert. Ehrfürchtig wandern wir durch Haus und Garten.
Columbus und das königliche Paar
Dann suchen und finden wir die Mezquita, eines der bedeutendsten Baudenkmäler Spaniens. Doch zunächst zieht uns eine Fiesta in ihren Bann. An der Puerta del Puente wird „Cruz de Mayo“ gefeiert. Der kleine Platz ist fast nur von Einheimischen bevölkert. Sie drängen sich an der langen Theke, „schnacken“, machen Erinnnerungsfotos und tanzen spontan zu Flamenco-Klängen. Das pralle Leben: Laut, lebendig und heiß. 33 Grad zeigt das Thermometer!
Alle tun es, ich auch: Foto am Cruz de Mayo
Wir müssen etwas trinken und finden einen der vielen Patios (Innenhöfe), in dem es kalten Rotwein mit Eis („Sommerwein“) und Bier gibt. Wir kommen mit einem norwegischen Paar am Nebentisch ins Gespräch, da dringt von außen Fanfarenklang an unser Ohr. Die Norweger (sie leben abwechselnd in Spanien und Norwegen) wissen gleich, worum es geht. Die Sonntagsprozession startet! Eine Prozession, wie sie im Buche steht. Sie erinnert mich an die Fronleichnamsprozessionen meiner Kindheit im Rheinland: Prunk, Blumen, Musik, Fahnenschwenker, Weihrauchfässer schwenkende Messdiener und Hitze.
Die Zuschauer, auch ich, fotografieren die Madonna auf dem Tragegestell wie einen Superstar. Sie wird von Männern getragen, die unter dem Gestell mit Rundum-Vorhang stehen und gerade ausgetauscht werden, sonst würden sie am Hitzschlag sterben. Während des Austauschs schnackt die weibliche Eskorte im hautengen, kniefreien Kleid, hochhackig mit der „Mantilla“ auf dem Kopf über Gott und die Welt während meine Füße in den ausgelatschten Sandalen munter aufquellen wie Hefeteig im Backofen.
Dann entschwebt die Madonna in Richtung Puerta del Puente und wir betreten den Innenhof der Mezquita. Während wir in der obligatorischen Warteschlange stehen, informiere ich mich und meinen treuen Begleiter im Reiseführer über diese Sehenswürdigkeit: einzige Moschee (arabisch Mezquita), die sich aus dem mittelalterlichen Spanien erhalten hat, mit 24 000 Quadratmetern eine der größten der Welt, 785 begonnen, bis 987 fast an Größe verdoppelt, hat 824 Säulenschäfte, keines davon identisch mit einem der anderen.
Dann sind wir auch schon am Kartenschalter, gehen anschließend zur Warteschlange am Eingang und sind ein bisschen genervt. Aber im Gegensatz zu Granada kommt man hier auf jeden Fall rein in die Sehenswürdigkeit. Als wir dieses Meisterwerk mit den rhythmischen Hufeisenbögen betreten, verläuft sich die Menschenmenge im Nu. Andächtig wandern wir herum und gewinnen ein Gefühl für die Unendlichkeit. Dann der Schock: Mitten drin in diesem geheimnisvollen, heilig anmutenden Ort die gewaltige katholische Kathedrale! So, als sollten die heiligen Hallen der Moschee zum Vorplatz der christlichen Kirche degradiert werden! Man schüttelt den Kopf und schämt sich ein bisschen….
Wir können uns kaum trennen von dem beeindruckenden Ort, schlendern abschließend noch über die römische Brücke und werfen vom Torre de la Calahorra einen letzten Blick auf diese bezaubernde Stadt. Dann geht es zurück zu unserer kleinen „Casa“ und am nächsten Morgen nach Portugal. Einzelne Regenschauer wischen den Staub von unserem kleinen schwarzen Auto, das uns so zuverlässig durch dieses bergige, eindrucksvolle Land gefahren hat. Bald werden wir das schöne Portugal gegen das schöne Spanien tauschen. Was für ein Leben!