21.05.2019 Cinque Terre

Die Todesschreie einer Möwe zerreißen die Luft.

Als hätte sie sich selbst zu Tode erschrocken, tanzt Anima mea wie ein Korken am Steg des Porto Turistico „Alberto de Benedetti“ in La Spezia wild auf und ab. Wir suchen Schutz unter der Kuchenbude, denn wieder geht ein Schauer aus grauen Wolkenbergen auf uns nieder.

Von der schönen Umgebung ist im Moment nicht viel zu sehen. Die grünen Hügel mit den bunten Villen ringsherum sind von Regenwolken verhüllt.

Blick vom Castello San Giorgio: So schön sieht der Golf von La Spezia in einer Regenpause aus! (Der rote Pfeil zeigt auf die Anima mea).

Der Marinero, der uns beim Festmachen geholfen hat, hat sich schnell verabschiedet und ist in das kleine Gebäude am Ende des langen, blauen Steges, an dem wir längsseits liegen, vor dem Regen geflüchtet. Und schon wieder die schrecklichen Schreie der Möwe!

Draußen zieht ein großes Ausflugschiff dicht an uns vorbei und der „Korkentanz“ beginnt erneut. Es ist nicht das letzte Mal, denn es folgen noch eine Handvoll weitere Ausflugsdampfer mit „bedröppelten“ Touristen, die von einer „Cinque Terre Tour“ zurückkehren und nach dem Anlegen schnell zu ihrem Reisebus laufen, der sie hierher gekarrt hat.

Anima mea längsseits am blauen Steg im Porto Turistico

Dann beruhigt sich langsam das Wasser, der Regen macht kurz Pause und nur noch die Möwe klagt ihr Leid. Sie – ich nenne sie mal Donald – sitzt nämlich immer noch in ihrem Lautsprecher auf dem blauen Steg, wo sie „Fake news“ für ihre lebendigen Verwandten verbreitet, die gerne den blauen Steg mit ihren Verdauungsresten garnieren wollen.

So kann ich also sauberen Fußes zum kleinen Office der „Assonautica Provinciale“ gelangen, die diesen Teil der großen Hafenanlagen von La Spezia verwaltet.

Hinter dem Tresen sitzt eine blonde Dame, in der Sitzecke ein dunkelhaariger Mann mit Smartphone. Die Stimme der blonden Dame kenne ich vom Telefon. Ich hatte in Viareggio bei ihr um einen Liegeplatz angefragt. Sie tippt unsere Schiffsdaten und Personalien in ihren Computer, gibt mir einen Zettel zum Thema „Wie trenne ich Müll “ (Ha,ha!) und überreicht mir eine Magnetkarte (Pfand 20 Euro), um nach dem Landgang das „Gate“ zu öffnen.

Ich frage nach WIFI. Leider nicht vorhanden! Auch nicht in Bars der näheren Umgebung?

Kurze Diskussion mit dem Mann am Smartphone. Ergebnis: Es gibt nichts. Ich schaue bedröppelt wie die Touris auf dem Ausflugsdampfer. Dann will ich das Pfandgeld abgeben und stelle fest, dass ich mein Portemonnaie vergessen habe. Ich entschuldige mich und sage, dass ich es schnell hole.

Als ich zurückkehre, lächelt mich die blonde Dame freundlich an, nimmt das Geld und schlägt ihren Ordner auf. Sie hat wohl nach Rücksprache mit dem Mann am Smartphone den Entschluss gefasst, mir den Zugang zum „privaten“ Office-Internet zu verraten! „Grazie mille!!!“ Der nächste Blog ist gesichert!

Ich inspiziere noch die Sanitäranlage (zweckmäßig, einfach ausgestattet und sauber) und freue mich über die überdachten Sitzgelegenheiten, wo ich auch bei Regen meinen Computer aufklappen kann. Übrigens: Die Müllcontainer sind unter Verschluss und es wird peinlich kontrolliert, ob man den Müll auch getrennt hat!

Am nächsten Tag machen wir einen kleinen Stadtbummel durch La Spezia. Eine sympathische, quirlige Stadt mit vielen Geschäften und schönen alten Villen, die von den Zerstörungen im 2. Weltkrieg verschont wurden.

Die schöne Uferpromenade

Am Sonntag gehen wir zum Touristenbüro und erkundigen uns nach den Möglichkeiten, die „Cinque Terre“ zu besuchen. Dass man diese fünf malerischen Dörfer in Italiens kleinstem Nationalpark (und UNESCO Weltkulturerbe) mit den Ausflugsdampfern anlaufen kann, wissen wir ja schon. Doch das soll 35 Euro pro Person kosten. Ganz schön teuer!

Die junge Dame im Touristenbüro nennt uns eine preiswerte Alternative: Die Cinque Terre Card plus Treno!

Das ist so eine Art Kurkarte, die auch die Zugfahrten zwischen den fünf Dörfern, Busfahrten, Benutzung der Wanderwege und freies WIFI in den Dörfern beinhaltet. Für Erwachsene bis 70 kostet die Card 16 Euro für einen ganzen Tag, für ältere Semester wie den Käptn nur 13 Euro.

Im Cinque Terre Point im Bahnhof kaufen wir uns die Karte für Montag, bekommen noch ein Faltblatt mit Informationen und einen Fahrplan dazu, kaufen für 4 Euro ein Heftchen mit Beschreibungen zu den Sehenswürdigkeiten in den Dörfern und erhalten die Auskunft, dass der Wanderweg, der die Dörfer verbindet, bis 2021 geschlossen ist.

Gut gerüstet für den „Cinque Terre Ausflug“

Am Montagmorgen macht uns der Blick auf den Wetterbericht erstmal mutlos. Nur Regen! Und das so richtig heftig! – Nützt aber nix. Die Card ist nur heute gültig. Mit Regenjacke und Schirm stiefeln wir zum Bahnhof. Auf dem Bahnsteig stehen jede Menge Urlauber, die sich ebenfalls nicht von „Cinque Terre im  Regen“ abschrecken lassen.

Kreuzfahrtschiffe bringen viele Gäste nach La Spezia und dadurch auch nach Cinque Terre

Wir beschließen, das Pferd von hinten aufzuzäumen und zuerst „ganz durch“ bis Monterosso zu fahren. Diese „pfiffige Idee“ haben jedoch auch viele andere, wie wir während der Fahrt ins fünfte Dorf bemerken.

Monterosso ist der größte Ort und bietet viele Sehenswürdigkeiten: ein Schloss, ein Kloster und die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer. Die Sträßchen sind gesäumt von kleinen Läden mit den typischen Produkten der Region, hergestellt aus Trauben, Zitronen, Oliven und Kräutern.

Monterosso

Nach dem Dorfbummel gibts ein Stück leckere Spinatquiche auf die Hand und weiter gehts nach Vernazza.

Dieses Dorf ist wirklich malerisch mit seinen bunten, dicht gedrängten Häusern und der hübschen Pfarrkirche St. Margaretha von Antiochia, hinter der die seit Generationen mühsam erbauten Terrassen in den Steilhang gebaut wurden. Dort wächst zum Beispiel auch der süße Sciacchetra, der aus getrockneten Trauben hergestellt wird.

Vernazza 

Ausgerechnet hier erwischt uns der heftigste Schauer des Tages. Und mit uns auch die mutigen Touris unter den Sonnenschirmen, denen es jetzt in die Minestrone regnet, während der Kellner zusätzliche Regenschirme austeilt und Tücher zwischen die bunten Sonnenschirme spannt.

Vom Sonnen- zum Regenschirm

Nach dem Schauer kommen wir trocken zum Bahnhof und fahren weiter nach Corniglia.

Corniglia liegt auf einem 100 m hohen Kliff und ist vom Bahnhof aus sehr beschwerlich zu erreichen. Aber es gibt einen Kleinbus, der gerade abfährt, als wir den Bahnhof verlassen. Nun stehen wir am Ende der langen Warteschlange und hoffen, es mit dem nächsten Bus zu schaffen.

Und tatsächlich! Nach mir ist der Käptn die letzte Person, die noch einsteigen darf. Der Rest der inzwischen angewachsenen Schlange muss wieder auf den nächsten Bus warten.

Auch Corniglia ist ein hübsches Dorf mit einer grandiosen Aussicht auf die terrassierten Hänge und das Meer.

Zurück runter zum Bahnhof nehmen wir die Treppe. Die Scalinata Lardarina hat 377 Stufen! Keuchend stapfen uns die Touris entgegen, die entweder sportliche Ambitionen haben oder nur keine Lust, auf den Bus zu warten.

Eigentlich haben wir jetzt genug malerische Dörfer geguckt. Aber wer weiß, was wir verpassen würden, wenn wir die letzten beiden auslassen. Also machen wir tapfer weiter und steigen in Manarola aus, das wir schon von Corniglia aus sehen konnten und dessen Lage so verführerisch wirkte.

Manarola von Corniglia aus gesehen

Na ja, manche Dinge sehen aus der Ferne betrachtet besser aus, als sie dann sind. Jedenfalls reißt uns Manarola nicht vom Hocker und wir machen nur einen kurzen Bummel, schlecken ein vorzügliches Gelato und müssen dann auch noch auf den stark verspäteten, brechend vollen Zug warten.

Sollen wir lieber durchstarten nach La Spezia oder gemeinsam mit den japanischen und/oder chinesischen Reisegruppen doch noch in Riomaggiore aussteigen?

Die Neugier siegt und wir steigen aus, obwohl die Beine schon schwer sind und der Rücken schmerzt.

Und nachdem wir das Dorf durch den langen Fußgängertunnel erreicht haben, müssen wir feststellen, dass es entweder steil bergan oder steil bergab geht in Riomaggiore.

Da runter laufen wir heute nicht mehr!

Während sich die Asiaten auf die „Fish and Chips – Brutzelküchen“ stürzen und hungrig in ihre „Überraschungstüte“ mit allerlei Gekröse pieksen, treten wir den Rückzug an. Da kommt auch schon der Zug nach La Spezia und – mangels asiatischer Touris – ergattern wir noch einen Sitzplatz.

Doch der Zug fährt einfach nicht los. Dann kommt die Durchsage: 20 – 30 Minuten Verzögerung. Nichts passiert! Dann eine weitere Durchsage: „Alle aussteigen! Der Zug ist kaputt.“ Wir sollen auf die andere Plattform, wo bald ein Ersatzzug kommen soll.

Der kommt nach 100 langen Minuten auf dem überquellenden Bahnsteig und leichtem Regen.

Aber es war ein schöner Tag und die Deutsche Bahn soll ja noch viel schlimmer sein!

Morgen werden wir die Cinque Terre von der Seeseite aus betrachten. Denn dann segeln wir an ihnen vorbei nach Chiavari. Hoffentlich mit gutem Wind und trockenen Fußes!

 

 

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