Unsere Anima mea ist klein aber fein und findet fast in jedem Hafen Beachtung. Wir sind immer sehr stolz, wenn plötzlich jemand auf unseren Schwimmsteg steigt oder auf dem Ponton stehen bleibt, das Schiff taxiert, den Daumen hebt und uns anerkennend „Bueno“ oder „Very good!“ zuruft.
Es gibt an Bord jedoch einen „Ausrüstungsgegenstand“, den man bei keinem Schiffshändler erwerben kann. Einerseits, weil er unsichtbar ist, andererseits, weil er mit keinem Geld der Welt zu bezahlen wäre: Die Schatzkiste unserer Erlebnisse.
Hier, in der friedlichen, gepflegten Sant Carles Marina ( www.santcarlesmarina.com) fühlen wir uns sehr wohl und füllen das Schatzkistchen bis zum Rand mit neuen Eindrücken.
Nachdem die Gewitter am Freitag abziehen, bestellen wir uns an der Rezeption der Marina einen Leihwagen. Es ist nicht ganz so preiswert wie eine Buchung über das Internet, aber hier im Ort gibt es keine Leihwagenstation. Doch im 15 Kilometer entfernten Vinaros sitzt die Firma „DAVIMA“, deren Prospekt wir auch schon in der Marina Benicarlo gesehen hatten. Die nette junge Dame an der Rezeption ruft dort für uns an und erfährt, dass zum Mietpreis noch jeweils 10 Euro für das Bringen und Abholen des Wagens anfallen. Wir willigen ein und stehen am Sonntagmorgen an der Rezeption einem älteren, untersetzten Herrn gegenüber, der offensichtlich schon etwas genervt auf uns wartet, obwohl wir pünktlich auf der Matte stehen. Ohne uns richtig zu begrüßen, eilt er zum Tresen und beginnt ein energisches Gespräch mit der jungen Dame. Diese übersetzt, dass die Anlieferung am heutigen „Domingo“ 30 Euro kostet. Auch, wenn es nur 10 Euro sind, wir sind etwas verärgert und fühlen uns von dem bärbeißigen Herrn über den Tisch gezogen. Unsere Einwände, dass davon nicht die Rede war und wir auch ohne weiteres hätten ab Montag buchen können, fegt er vom Tisch und bellt zu der jungen Dame hinüber: „Dann fahre ich jetzt zurück und bringe das Auto am Montag!“ Dazu fällt mir nur das Wort „Milchmädchenrechnung“ ein, kann das aber weder in Englisch noch in Spanisch übersetzen. Der Käpt´n hat langsam die Faxen dicke. Ich versuche hingegen, die schlechte Laune des Wadenbeißers nicht persönlich zu nehmen. Wer weiß, vielleicht ist seine Frau mal wieder fremdgegangen oder der Sohnemann hat das neue Auto an die Wand gefahren….Ich möchte jedenfalls endlich mal wieder was anderes sehen als Hafen und lenke ein. Irgendwie wird der Spanier nun doch zugänglicher. Die Personalien des Fahrers werden aufgenommen und nach der Bezahlung schreitet der Händler mit einem energischen „Jetzt kehts loss“ zum Ausgang. Auf dem Parkplatz strebt er einem weißen Fiat Panda entgegen. Eine kleine Macke am Heck ist in den Unterlagen vermerkt. Hoffen wir, dass es dabei bleibt und uns niemand an die Karre fährt. Mit diesem Herrn hier möchten wir nicht um die Kaution streiten! Dann gibt er uns noch eine Broschüre mit Reisetipps und wünscht gute Fahrt. Fast hätte er die Fahrzeugpapiere wieder mitgenommen! Scheint doch ein bisschen gestresst und durcheinander zu sein, der Gute.
Plötzlich steht das junge spanische Paar vom Boot gegenüber vor uns. „Gutes Auto!“ ruft der junge Mann, „haben wir gestern gemietet!“ „Aber der Händler ist so unfreundlich gewesen,“ sage ich. „War er bei mir auch, aber das Auto ist okay,“ antwortet der junge Mann. Also doch die Frau oder der Sohn, die schlechte Laune machen!
Nach dem Frühstück stürzen wir uns ins Vergnügen. Ich schlage für´s erste eine Tour ins Ebro-Delta vor. Gleich hinter dem Hafen biegt die Straße in dieses zweitgrößte Delta des Mittelmeeres ab.
Nach dem Nil- Delta ist das Ebro-Delta das zweitgrößte am Mittelmeer. Auf dem Luftbild ist nur ein Teil davon zu sehen.
In den Kanälen und Seen stehen die grauen und weißen Reiher reglos im Wasser und harren der Beute, die da kommen möge. Möwen und Seeschwalben schwirren durch die Luft und im See „La Tancada“ suchen sogar einige Flamingos nach Nahrung.
Leider sind auch viele Vögel auf der Straße verunglückt. Sie wurden Opfer des Autostroms, der sich von und zu den Stränden rund um das Delta bewegt. Kreuz und quer fahren wir durch die schmalen Wege im Delta, steigen auf Aussichtstürme und wandern durch die Dünen am Golf de Sant Jordi. „Ich hab das Gefühl, ich sitze in einem Reistopf,“ sage ich zum Käpt´n, denn durch die Klimaanlage dringt der typische Kochgeruch. Wahrscheinlich ist es der Duft der blühenden Ähren auf den ausgedehnten Reisfeldern.
In meinem Spanien-Reiseführer (National Geographic Traveler) finde ich eine passende Autotour. Thema: Priorat-Wein und Templerburgen. Da ist doch für jeden von uns etwas dabei: Für den Käpt´n die Templer und für mich der Wein. Weiterlesen