25.08.2013 – Traumhaftes Dartmouth

25.08.2013 – Traumhaftes Dartmouth

Kurz vor Dartmouth wurden wir doch noch nass, doch als wir in die Flussmündung des River Dart einfuhren, erglühte der bewölkte Himmel  wieder im Abendrot. Es wurde schon langsam dunkel, als wir zwischen den wilden Felsformationen hindurch in den Fluss hineinfuhren.

Nun tauchte links an den Felsen Dartmouth Castle, das Schloss aus dem Jahre 1488 auf, rechts ebenfalls schlossähnliches Gemäuer. Wie gemalt! Doch dann ein Glitzern! Wow!

Den Hang hinauf links das erleuchtete Dartmouth, rechts Kingshead. Einfach märchenhaft!

Nun kam der unangenehme Teil.

Wir brauchten einen Liegeplatz, doch die Darthaven Marina schien hoffnungslos überfüllt. Und welche Pontoons (das sind im Wasser schwimmende Anlegeplätze ohne Landverbindung) waren jetzt für Besucher? Es waren so viele und alle voller Schiffe, denn die Regatta-Woche stand bevor.

Im Reeds, der „Bibel“ für Langfahrtsegler, stand, dass auf den Besucherpontoons  blaue Flaggen mit einem schwarzen V wehen, doch in der zunehmenden Dunkelheit waren sie nicht zu erkennen. Wir drehten unsere Runden und endlich entdeckte ich an einem Pontoon eine Lücke. Wir passten hinein! Endlich fest! Schnell noch was essen und ab in die Koje.

Am nächsten Morgen begrüßten uns strahlender Sonnenschein und ein gut gelaunter englischer Pontoonnachbar. Wir erfuhren, dass wir an einem privaten Pontoon festgemacht hatten und suchten uns schnell einen Platz am gegenüberliegenden Visitor-Pontoon. Ein deutsches „Willkommen!“ und hilfreiche Hände beim Anlegen in der maßgeschneiderten Lücke. Wieder eine Engländerin, die einmal in Deutschland gelebt hatte und sich freute, wieder mal deutsch sprechen zu können!

Nach dem Anlegen bestaunten wir diesen wunderschönen Ort bei Tageslicht. Kurze Zeit später bat ein englisches Paar mit seiner Dufour 34  darum, bei uns längsseits gehen zu dürfen. Wie immer, kommen wir gleich ins Gespräch. Sie sind aus Plymouth, unser nächstes Ziel. Gleich bekommen wir Tipps, wo es in der Umgebung am schönsten ist. Dann verschwindet das Pärchen mit dem Dinghi an Land.

Nun besucht uns der Patrol Officer mit seinem Bötchen und kassiert 31 Pfund Hafengeld für 2!!! Tage, dazu gibt es einen mehrseitigen Wetterbericht, nützliche Informationen und natürlich: Hilfsangebot, falls wir es brauchen. Allerdings haben wir lediglich einen Müllbehälter „vor der Tür“, keinen Strom, kein Wasser und kein Sanitärgebäude. Wir sitzen ja sozusagen auf einer Insel und unser Dinghi liegt zusammengefaltet an Deck. Wir machen es uns gemütlich und genießen die schöne Umgebung vom Cockpit aus.

Auch am nächsten Morgen strahlt wieder die Sonne vom Himmel.

Wir frühstücken draußen, unsere Nachbarn von der „White Elff“ ebenfalls. Währenddessen beobachten wir die Ruderregatten, die vor unserer Nase ausgetragen werden. Hier in Dartmouth befindet sich in einem schlossähnlichen Gebäude übrigens auch eine der berühmtesten englischen Marineschulen,  das „Britannia Royal Naval College“, an dem Marine-Offiziere trainiert werden. Die dürfen dann später auch den blau grundierten Union-Jack am Heck ihrer privaten Segelyacht  zeigen, während der normalsterbliche Brite die rotgrundierte Flagge über die sieben Weltmeere fährt. Solche äußerlichen Merkmale, um die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe zu demonstrieren, sind in England anscheinend beliebt. So erkennt man an einer bestimmtem Art von Autokennzeichen auch, ob man einen der hier zahlreich vertretenen oberen Zehntausend vor sich hat. Solche Kennzeichen kosten den wohlhabenden Briten gerne mal 5000 Pfund, doch die dazugehörigen Automobile übersteigen diese Summe um ein Vielfaches! Doch wer hier oder gar im benachbarten Salcombe lebt, hat keine Geldsorgen. Ganz im Gegensatz zu vielen Engländern, die sich teilweise mit drei oder vier verschiedenen Jobs über Wasser halten müssen. Dies verriet uns heute wiederum ein deutschsprechender Brite, der in Deutschland lebt und gerade seine deutschstämmige Mutter hier in Dartmouth besucht. Die alte Dame lernten wir gestern mit einem ihrer Söhne und dessen Frau und Töchtern hier am Pontoon kennen. Sie war in den Sechzigern als Au-pair über Frankreich nach England gekommen, arbeitete hier im Hotelgewerbe und heiratete einen inzwischen verstorbenen Briten. Auch ihr Sohn bietet  an, uns mit dem beeindruckend großen Schlauchboot an Land zu bringen, doch wir haben ja schon das Angebot unseres Nachbarn, der uns in seinem kleinen Dinghi an Land rudert.

Wir schlendern durch den zauberhaften Ort, besuchen die schöne alte Kirche, dann folgen wir dem ansteigenden Weg hoch zum Castle und der St. Petrox Kirche aus dem zwölften Jahrhundert. Hier grüßt an jeder  Ecke das Mittelalter, doch die Landschaft erinnert uns an Küstenorte an der italienischen Riviera oder an Korsika. Mit einem Wassertaxi gelangen wir nach diesem wunderbaren Ausflug zurück an Bord. Mit einem „Have a save trip!“ verabschieden sich die netten Nachbarn von uns. Sie wollen nach Salcombe, zu den Millionären. Vielleicht sehen wir uns ja in Plymouth wieder?

Landschaft am Dartmouth Castle

Blick auf Kingswear

Dartmouth bei Nacht

Palmen wachsen in England nur in Devon und Cornwall

Im Abendrot in den River Dart

 

23.08.2013 – Thank you very much!!!

23.08.2013 – Thank you very much!!!

Zum ersten Mal schreibe ich einen Text während der Fahrt.

Der Motor schnurrt. Wir haben leider nur  zwei Windstärken aus westlicher Richtung und zur Stabilisierung haben wir das Groß gesetzt. Trotzdem  machen wir bedingt durch den Gezeitenstrom  um die sieben Knoten Fahrt durch  die weite  Lyme Bay, um uns herum alles Grau in Grau.

Um 12.00 Uhr haben wir Weymouth verlassen. Dort sind wir gestern um 17.00 Uhr bei strahlendem Sonnenschein angekommen, nachdem wir eine wunderbare Reise von Lymington  entlang der Isle of  Wight, dann an den berühmten Needles  vorbei durch den Needles Canal hatten. Von dort aus ging es weiter über die Poole Bay, die bei Anvil Point endet.

Etwa drei Seemeilen weiter wurde es dann wieder einmal richtig spannend!

Die Overfalls vor St Alban´s Head warteten auf uns. Wir vertrauten auf unseren Freund Nick, der uns geraten hatte, diesen gefährlichen Grundseen dicht  an der Küste entlang fahrend auszuweichen, was der Kapitän zwar widerwillig, aber letztendlich doch tat. Es wurde kurz recht kabbelig, doch alles ging gut.

Im nachfolgenden „Firing Practice Area“  fanden heute keine Schießübungen statt. So mussten wir nicht ausweichen und konnten  dicht an  der Küste entlang die wunderbaren Felsformationen von Dorset bewundern.  Der 40-Meilen Törn endete  schließlich im quirligen Weymouth, ein echtes Kontrastprogramm zu unserem ruhigen „berth“ in Lymington Marina Haven, einer Edelmarina mit edler Ausstattung, nobler Kundschaft  (wir ausgeschossen)  und fürstlichen Preisen. 32,50 Pfund  pro Nacht kostete das Vergnügen mit Blick auf den Solent und die Isle of Wight. Doch dafür fehlte es an nichts, besonders die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft des Hafenpersonals muss hier ganz besonders hervorgehoben  werden. Und darauf  waren wir hier wieder einmal besonders angewiesen, denn das Wasserpumpenthema war noch nicht abgeschlossen, als wir in Lymington ankamen.

In Portsmouth hatte ja unser Freund Nick versucht,  die  Problem-Pumpe in Ordnung zu bringen. Als dieses Thema durch war, folgte  eine Schlechtwetterperiode, die uns in Portsmouth festhielt. Doch Nick und Marjorie unternahmen viel mit uns, so dass uns nicht langweilig wurde.  Nach einer Woche konnte es dann weitergehen. Doch nach unserer Ankunft in Lymington leckte die  Pumpe schon wieder. Ein bisschen (viel) verzweifelt wandten wir uns an die SAL Marine LTD im hübschen Städtchen Lymington. Der kompetente junge Mechaniker kam an Bord und hatte gleich den richtigen Riecher: Das Lager war kaputt. Für 131,10 Pfund Reparaturkosten konnten wir am nächsten Tag gemeinsam mit Nick, der aus Portsmouth herbeigeeilt war, die Pumpe wieder abholen und einbauen.

Dann ging es endlich weiter ins lebhafte Weymouth, wo wir im Päckchen zwischen der Etap eines netten, deutschsprechenden (seine Etap war aus Heiligenhafen) Engländers und dem kleinen Kingfisher eines älteren, ebenfalls sehr freundlichen englischen Paares lagen. An dieser Stelle nochmals ein großes Kompliment an die Engländer: So viel Freundlichkeit  und Hilfsbereitschaft  wie hier ist uns selten widerfahren.  Thank you very much!!!

Auf dem Weg nach Weymouth

Isle of Wight – The Needles

Lymington

Der Gezeitenstrom macht´s möglich

Good friends: Nick und Heinz

15.08.2013 – Good friends!

Seit vorgestern sind wir in Gosport, gegenüber von Portsmouth.

Unsere englischen Freunde Nick und Marjorie aus Fareham kamen am nächsten Tag an Bord, und abends gingen wir im „Pebbles“ mit Blick auf den Solent und die Isle of Wight essen.

Gestern um 13 Uhr wollten wir dann weiter, doch der Keilriemen flog nach dem Anlassen ständig raus. Gut, dass das nicht unterwegs passiert ist, denn dadurch geht ganz schnell der Motor über den Jordan. Heinz zog den Keilriemen mehrmals auf, doch immer wieder dasselbe. Wir riefen Nick an, er kam nach 40 Minuten mit seinen beiden Werkzeugkoffern, und er stellte fest, dass sich einige Teile des Motors verschoben hatten. „Out off the line“ nannte das Nick. Als ehemaliger Ingenieur für Kühlagregate „all over the world“ brachte er mit Engelsgeduld und vielen Unterlegscheiben – teilweise stellte er sie aus einem Stück Kupferblech selbst her- alles wieder auf Linie.

Warum das passiert ist?

Wir wissen es nicht, doch wir hatten einen furchtbaren Törn von Brighton ( ein schönes englisches Seebad mit viel Trubel auf der berühmten Pier) nach Portsmouth. Gegen den Wind, der auf 6 Bf anstieg, was nicht angesagt war. Wir fuhren regelrecht Achterbahn über die Wellen, die sich kreuz und quer zusammenschoben. Vielleicht war das der Grund für das Problem. Als wir um 22.00 Uhr im Hafen anlegten, waren wir ganz schön fertig.

Nachdem Nick und Heinz ihre öl- und dieselgetränkten Hände einigermaßen gereinigt hatten, luden wir unsere Freunde in einen richtig gemütlichen Pub zum Essen ein. Es war ein lustiger Abend nur unter Engländern mit englischem Bier und Cider.

Heute holten uns die beiden dann zu einer Rundfahrt mit dem Auto ab, denn der Wind bläst mit 4 bis 5 Bfd aus westlichen Richtungen, Tendenz steigend.

Wir machten einen Bummel durch Portsmouth und fuhren dann zu Nicks Winterlagerplatz, denn seine „Constellation“ steht an Land, weil die beiden dieses Jahr Urlaub mit ihrem Wohnmobil gemacht haben. Der Hafen, wo ihr Schiff zur Zeit auf dem Trailer steht, fällt trocken und ist eine zauberhafte Oase der Ruhe. Leider bei unserem Tiefgang nicht machbar.

Wir liegen in Gosport gegenüber von Portsmouth in einer „Premier“-Marina. Irre teuer, aber sehr komfortabel. Leider muss ich mich trotz des hohen Hafenpreises auch noch ins Internet „einkaufen“, doch ich bin gerade bei Nick und Marjorie zu Hause und tippe hier kostenlos meinen Text. Nachher gehen wir wieder gemeinsam essen.

Mit den beiden haben wir wirklich gute Freunde gefunden. Wir haben sie 2009 im Göta-Alf-Kanal in Schweden kennengelernt, 2011 besuchten sie uns während ihrer Tour mit dem Wohnmobil durch Skandinavien in Großenbroder Fähre. Sie sind so lieb und hilfsbereit! Ein großes Glück, sie kennengelernt zu haben!

Dann geht es wieder zurück nach Gosport. Vor nächsten Dienstag können wir wahrscheinlich nicht weiter, weil der Wind zunehmend stärker werden wird. Doch gegenan durch den Solent, das machen wir nicht. Wegen dem Motor und wegen uns. Es gibt hier viel anzuschauen, Langeweile bekommen wir nicht. Das einzige Problem ist, dass uns die Zeit davonläuft.
Ansonsten können wir nur sagen, dass wir uns hier in England sehr wohl fühlen.

Die Menschen sind höflich, locker und hilfsbereit, die Häfen vorbildlich ausgestattet. Das hat natürlich seinen Preis, aber ansonsten halten sich die Lebenshaltungskosten in Grenzen.

Beachy Head

Our English friends: Very nice!

Low water

Blick über den Solent auf die Isle of Wight

Spinnakertower Portsmouth

Brighton

Come on !

Riesenrad Brighton

Ob die Rente reicht?

Brighton Pier

09.08.2013 – Au revoir, Frankreich! Hello, Great Britain!

Mittlerweile sind wir fast am Nullmeridian angelangt!

Nach Oostende folgte gleich der französische Yachthafen Grande Large in Dunkerque, eine Oase der Ruhe nach dem trubeligen Oostende, wo je nach Gezeitenstand mehr oder weniger über unseren Köpfen hinweg die Menschenmassen auf der Promenade hin und her strömten und Autos und Motorräder  Stadtlärm produzierten.

Ansonsten gibt es über Dunkerque nicht viel Aufregendes zu berichten.

Danach segelten wir weiter nach Bologne sur Mer. Es war gerade Niedrigwasser und wir fühlten uns an unserem Platz im Hafen „Port de Plaisance“ wie in feuchten Katakomben, so groß war bereits der Tidenhub. Die grauen Hafenmauern sowie die Pier, um hinauf zum Hafenbüro zu kommen, waren hoch und steil. Leider hatten wir seit Oostende keinen Wifi – Empfang, doch hier trafen wir ein junges Paar wieder, das auch in Dunkerque festgemacht hatte. Der Skipper Sven hatte eine Wlan-Antenne  im Mast montiert, was den Empfang ermöglichte. Ich durfte mich kurz bei ihm einstöpseln, so dass ich wenigstens unseren „Versicherungsfall“ (Oostende, Krankenhaus) per Email melden und einen Blogtext verschicken konnte. Das junge Paar wollte mit ihrem ebenfalls jungen, aber schon sehr großen Hund Frieda an der französischen Küste entlang nach Spanien, wo wir uns vielleicht  wiedertreffen werden. Falls ihr beide unseren Blog besucht: Liebe Grüße aus UK! Wir sind gut über den Ärmelkanal gekommen, obwohl der Wind zunehmend mit sechs Windstärken blies und gewaltige Wellenberge zusammenschob. Es waren auf beiden Spuren dieser Nordseeautobahn mehrere große Pötte unterwegs, doch eine wirklich brenzlige Situation gab es nicht. Nach 51,6 sm erreichten wir die Schleuse zum Sovereign Harbor bei Eastbourne in Südengland. Bereits in der Schleuse kletterte ein freundlicher junger Mann zu uns herunter, nahm unsere Daten auf und teilte uns einen Hafenplatz zu, den wir mittels Hafenplan problemlos fanden. Dem stolzen Preis von 27,50 Pfund stehen ein ausgesucht freundlicher Service und ein sehr gut ausgestatteter Hafen entgegen. Hier fehlt es an nichts. Kein Wunder: Eastbourne ist eines der  schönsten  englischen Seebäder. Morgen geht es aber weiter nach Brighton, auch einem bekannten Seebad und dann nach Portsmouth, wo unsere Freunde Nick und Marjorie uns schon erwarten. Die beiden hatten wir 2009 im Göta-Alf-Kanal in Schweden kennengelernt.

„Hello, Marjorie! The champagne is waiting in the cooler!“

04.08.2013 – Tatütata!

Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön….

Na ja, jetzt wird es langsam wieder  schön und lustig, aber es kann manchmal auch aufregend werden! Nachdem wir nach einem netten Abend mit der Wadje-Crew Dordrecht verlassen hatten und uns an der nächsten Brücke zwecks Öffnung in Wartestellung begaben, näherte sich eines der ebenfalls wartenden Schiffe. Der holländische Skipper rief uns zu, dass er gerade über Funk eine Unwetterwarnung aufgefangen hatte. Also kehrten wir wieder zum Hafen zurück und machten vor der kleinen Brücke vor der Hafeneinfahrt fest. Auch einige andere Boote flüchteten hierher, denn bedrohliche Gewitterwolken zogen in kürzester Zeit am Himmel auf, um bald, begleitet von Blitz und Donner, ihre Fluten auf uns herunter zu schütten. Nach 1 ½ Stunden war der Spuk vorbei und am Nachmittag machten wir in Willemstad im Jachthafen „De Batterij“ bei strahlendem Sonnenschein fest. Hier – in diesem ebenfalls hübschen Festungsstädchen –  endet offiziell die „Staande Mastroute“.

Abschied in Dordrecht

Abschied in Dordrecht

Am nächsten Tag ging es durch die Volkeraksschleuse  ins Volkerak, dann durch die Krammerschleusen in die Gewässer Zijpe, Mastgat , Keeten und Oosterschelde, wo uns an Steuerbord die Seelandbrücke grüßte. Hier hatten wir früher einige Male  schöne Kurzurlaube in Zieriksee verbracht. Erinnerungen, die 35 Jahre zurücklagen, wurden wach. Damals hätten wir nicht im Traum daran gedacht, auf eigenem Kiel hier unterwegs zu sein! Dann bogen wir auch schon rechts ab ins Veerse Meer, wo wir beim WSVW Wolphaartsdijk am „Passantensteiger“ (Warteplatz für Besucher) längsseits gingen.

Inzwischen hatten wir Montag, den 29. Juli. Gegen Mittag legten wir ab Richtung Walcherenkanal. Eine Schleuse und fünf nervige Brücken (Es dauerte!!!), dann waren wir in Vlissingen. Beim V.V.W. „Schelde“ direkt hinter der Keersluisbrug war es – wie immer- sehr voll und wir mussten mit einem Dreierpäckchen Vorlieb nehmen. Nun wollten wir erst mal ein wenig ausruhen. Gute Entscheidung, denn am Dienstag entwickelte sich ein Sturm, der in Spitzen 8 Bf erreichte. Auch am nächsten Tag blieben wir noch. Heinz tat unserem braven Motor etwas Gutes und machte einen Ölwechsel, ich füllte den Proviant beim Supermarkt „Jumbo“ auf. Am ersten August ging es dann durch die Seeschleuse in Vlissingen hinaus auf die Westerschelde. Zuerst querten wir das Verkehrstrennungsgebiet mit Südkurs, dann zogen wir in Küstennähe mit einem Strom von Segelyachten in Richtung Zeebrügge, unserem anfänglichen Ziel. Doch Wind und Strom entwickelten sich zunehmend günstig für uns und mit Rauschefahrt von bis zu 7,3 Knoten entschieden wir uns, bis Oostende zu laufen, wo wir um 17.30 Uhr vom Hafenmeister des Royal North Sea Yacht Club an die Boje 33 gelotst wurden, an der wir achtern festmachten. Hier lagen wir nun, „eingequetscht“ zwischen einer Jeanneau 43 DS und einer X-Yacht 42. Am späten Nachmittag machten wir einen Landgang, obwohl Heinz über leichtes Unwohlsein klagte.

Wir bummelten durch das belebte Seebad Oostende. Hier war ich in den 60iger Jahren sehr oft mit meinen Eltern gewesen, da hier belgische Freunde wohnten. Hier hatte ich die Nordsee zum ersten Mal gesehen. Hier gab es stets was Leckeres zu essen, vorzugsweise Seezunge, frisch gefangen. Und natürlich Fritten, noch besser als in Holland. Die belgische Küche ist schon sehr französisch, aber etwas deftiger. Die Kathedrale glühte in alter Pracht im Abendsonnenschein und ich überredete Heinz zu einem Abendessen bei „Petrus“ direkt unter der prächtigen Kirche. Obwohl Heinz nicht der Fischesser ist, entschloss es sich für einen Krabbensalat, ich – natürlich – für Seezunge. Es schmeckte köstlich!

Guter Dinge schlenderten wir zu unserer Anima mea zurück, die das Auf und Ab von Ebbe und Flut im Hafenbecken übte. Doch in der Nacht  überfiel Heinz Übelkeit und Schwindel. Am nächsten Morgen konnte er sich kaum auf den Beinen halten. Er blieb erstmal in der Koje, den Spuckeimer in der Nähe. Ich ging schnell zum Duschen.

Als ich zurückkam, ging es dem Skipper noch nicht besser, trotzdem wollte er zum Duschen. Ich packte  die am Vorabend eingeweichten Poloshirts in eine Plastiktüte, um sie im Waschhaus auszuspülen. Auf  mich gestützt, schleppte sich Heinz dann vom Schiff herunter über den endlos erscheinenden Steg die Gangway hinauf ins Waschhaus, wo er in der Dusche verschwand und sich mehrmals übergeben musste. Dann kam er – trotz Bräune- kreidebleich, mit kaltem Schweiß auf der Stirn heraus. Mir und dem Hafenmeister wurde es angst und bange. Der Hafenmeister rief kurz entschlossen den Rettungsdienst, der kurz danach mit „Tatütata“ eintraf. Heinz kam auf die Bahre, ich mit (tropfender) Plastiktüte auf den Beifahrersitz. Dann ging es mit „Tatütata“ ins Krankenhaus. Blutuntersuchung, EKG und CT folgten, doch Gott sei Dank wurde weder Herzinfarkt noch Schlaganfall diagnostiziert. Es war wohl die Hitze und der Magen (Vielleicht die Krabben?).

Ein Taxi brachte uns mit (noch immer tropfender) Plastiktüte zurück zum Hafen. Gut, dass der Pfleger Heinz noch eine Brechschale in die Hand gedrückt hatte, sonst wären Reinigungskosten für das Taxi angefallen. So kostete es incl. Trinkgeld 10 Euro, dann war Heinz froh, wieder in seine Koje zu kommen. Nach der Einnahme von „MCP-Tropfen“ besserte sich sein Zustand allmählich, so dass wir heute unseren Törn in Richtung Frankreich fortsetzen können. Wir hoffen auf eine schöne, lustige Seefahrt!