11.05.2016 – Mit dem Blähboy nach Formentera

„Formentera muss man einmal im Leben gesehen haben“, sagt die nette Dame an der Rezeption in Denia, als ich mir den Wetterbericht für die Balearen abhole. Sie schwärmt von den Stränden und vom türkisfarbenen Wasser der Insel.
Der ehemalige Berufskapitän aus Hamburg, der uns von Bord seiner Mascot 28 ein freundliches „Moin“ zuruft, rät uns dringend zu einer Liegeplatzreservierung in der Marina Port de Sant Antoni de Portmany an Ibizas Westküste. Es sei aber nicht gerade die beste Marina auf Ibiza.
So ändern wir unsere Pläne. Statt Ibiza heißt unser Ziel nun Formentera.
Vor Montag ist an eine Überfahrt zu den Balearen allerdings nicht zu denken. Es bläst aus der falschen Richtung, ist obendrein bewölkt, kühl und regnerisch. Die Sonne macht wohl gerade in Deutschland Urlaub.
Auch am Montag trauen wir dem Wetter noch nicht. Stattdessen wandern wir zum nahe gelegenen Lidl und machen einen Großeinkauf. Auf dem Weg dorthin versorgen wir uns in einer „Farmacia“ mit Medikamenten gegen Erkältung. Frau Doktor, die Frau des Berufskapitäns, hatte Rolf bei einem Glas Wein in der Hafenkneipe ein „Rezept“ auf ein Tempotaschentuch geschrieben. Seit geraumer Zeit schniefen und husten wir auf der Anima mea nämlich um die Wette.

Alles gegen Erkältung

Alles gegen Erkältung

Dann werden nochmals Gribs heruntergeladen und weitere Wetterberichte im Internet studiert. Heute soll der Wind weiter abflauen und morgen erstmal zur Ruhe kommen. Am Nachmittag soll er langsam aufdrehen und aus nördlicher Richtung kommen. Erst am späten Nachmittag soll es wieder einen „Fünfer“ geben. Wenn wir ganz früh starten, könnte es gut klappen, die ersten Meilen ruhig unter Motor und danach mit halbem Wind unter Segeln Formentera anzulaufen.
Beim Abendbrot gibt es dann eine Überraschung. Wie der berühmte Geist aus der Flasche schießen plötzlich wahnsinnige Windböen die Hänge des Montgo hinunter. Dunkle, bedrohliche Wolkenwalzen überrollen Denias Hausberg, bedecken bald den ganzen Himmel und lassen kurze Schauer fallen. Große Yachten flüchten sich in den Hafen. Das Großsegel des Nachbarschiffes wird vom Sturm aus dem Segelkleid gezerrt. Bevor es zerrissen wird, zurrt es Heinz mit einem Tampen fest. Die Windanzeige kann sich kaum von der Sieben trennen, dann leuchtet immer häufiger die Acht auf.

Heinz rettet Nachbars Großsegel

Heinz rettet Nachbars Großsegel

 

8 im Hafen

8 Windstärken im Hafen

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08.05.2016 – Das nördliche Ende

Am Dienstag, dem 3. Mai starten wir um neun Uhr morgens den Motor. Dass sich kaum ein Lüftchen regt, ist uns nur recht. Wir wollen die 28 Seemeilen bis Alicante nutzen, um die neue Maschine einzufahren. Alle halbe Stunde soll die Tourenzahl gewechselt werden, hatte Volvo-Oscar gesagt.
Bei wolkenlosem Himmel und glatter See verlassen wir um 9:30 Uhr das Hafenbecken von Torrevieja. Hoffentlich erstmal für längere Zeit!
Wir beginnen die Fahrt mit 1.600 Touren, dann 1.800, auch mal 2000 und so fort. Um halb elf bereite ich in der Pantry Schnittchen zu. Die beiden Männer oben im Cockpit sind begeistert. So macht die Seefahrt Spaß!

Erstes Frühstück unterwegs

Erstes Frühstück unterwegs

Gute fünf Stunden läuft unser „Oscar“, dann sind wir in Alicante. Nach der Anmeldung geht’s an den zugewiesenen Liegeplatz und dann gleich zum Stadtbummel.
Info zum Hafen Alicante:
Liegegebühr im Mai 2016 (10 Meter): 27,33 Euro; im September 2015: 34,59 Euro. Free Wifi im Rezeptionsbereich der Marina. Das Sanitärgebäude auf dem großen Mittelsteg war zur Zeit gesperrt, an Land waren die Einrichtungen in Ordnung (Note 3). Waschmaschine und Trockner vorhanden. Schiffsausrüster und Volvo Penta im Hafen. Tankstelle am Wartesteg (Muelle de Espera).

Die Festung in Alicante

Die Festung in Alicante

Mit dem Fahrstuhl fahren wir zur Festung hinauf. Wir sind alle über 65 und müssen nichts bezahlen, doch der Käptn hat leider seinen Perso vergessen. Aber für 2,70 Euro darf er auch mit nach oben. Weiterlesen

13.07.2015 Wir feiern Fiestas, wie sie fallen…

Es war einmal ein kleines spanisches Dörfchen an der Costa Blanca. Im Schatten der mittelalterlichen Festung lebten ein paar arme Fischer in ihren schlichten Häuschen. Tagein, tagaus fuhren die Männer aufs Meer hinaus und machten fette Beute. Die Fischersfrauen standen währenddessen am Herd und kochten Paella. Und die Sonne schien bei Tag und Nacht!

Es war einmal ein kleines spanisches Dorf am Fuße der Festung...

Vor langer Zeit in Denia

Auch heute gibt es in Denia noch ein paar Fischer. Fette Beute machen sie aber wohl nur noch in Fischaufzuchtanstalten. Aus dem Dörfchen ist ein hübsches Städtchen geworden. Es gibt eine gemütliche Altstadt, eine restaurierte Burg und eine prächtige Einkaufsstraße, von der mehrere Nebenstraßen mit Geschäften, Bars und Restaurants abzweigen. Kein Wunder, dass viele Einwohner aus Madrid und Valencia hier ein Ferienhaus oder einen Liegeplatz  in einer der drei Marinas besitzen.

Altstadt von Denia

In der Altstadt von Denia

Ab Denia  steuern  verschiedene Fähren mehrmals täglich die Balearen an. Ibiza ist ja nur 55 Seemeilen entfernt. Bei gutem Wind könnten wir die Insel in elf Stunden erreichen. Doch die meisten Yachten hier sind weitaus größer als unsere Anima mea. Viele der Beneteaus und Bavarias messen um die 40 Fuß. Länge läuft! Die schaffen die Überfahrt zu den Balearen in weitaus kürzerer Zeit.

Mit Höchstgeschwindigkeit zu den Balearen

Die Schnellfähre im Fährhafen Denia

Zahlreiche Deutsche haben in der Stadt am Fuße des  Montgo ihre neue Heimat gefunden. Zum Beispiel der Marinero, der uns am Donnerstag  beim Anlegemanöver half. Seit zwölf Jahren lebt der Thüringer hier auf seinem 19-Meter- Schiff und verdient sich im Real Club Nautico ein Zubrot für den teuren Liegeplatz.

Denia und der Montgo (753 m hoch)

                                                                                                    Am Fuße des Montgo

Denias luftige Dachterassen

Denias luftige Dachterrassen

 

Am Samstag  kehren wir nach dem Besuch der alten Festung  in der Altstadt im Eiscafe „La Dolce Vita“ ein. Die junge Frau, die uns bedient, spricht ebenfalls deutsch mit süddeutschem Akzent. Aber eigentlich ist sie Italienerin. Lange Zeit hat sie auf Sardinien gelebt. „Doch da gibt es nichts als Natur! Hier hat man alles: Natur und Kultur,“ plaudert sie frisch drauflos. Und schon tauschen wir uns über unsere beeindruckenden Besuche  in Sevilla und Granada aus. Im Gegensatz zu uns hat sie allerdings nicht so viel Muße für Stadtbesichtigungen. Gemeinsam mit ihrer Freundin produziert  sie seit 1 ½ Jahren neben italienischem Eis auch leckere Torten. Schwarzwälder Kirsch und Co. landen jedoch nicht nur auf den Tellern der Touristen. Auch bei spanischen Familienfeiern aller Art bereichern sie die Kaffeetafel. „Man wird nicht reich dabei, aber man kann davon leben“, sagt sie.

La Dolce Vita

La Dolce Vita gegenüber der Kirche

Durch die schillernde Kirchentür

Durch die schillernde Kirchentür

Und gefeiert wird reichlich in Denia!

Schon am Vormittag fällt uns auf, dass entlang der platanengesäumten Hauptstraße „Calle Marques de Campo“doppelte Stuhlreihen aufgestellt  werden. Auf die Lehnen klebt jemand „reserviert“-Schildchen. Nun erfahren wir im Eiscafe, dass wir mitten in die wichtigste Fiesta von Denia hineingeraten sind. Vom 4. bis zum 12. Juli wird das Patronatsfest zu Ehren der Santisima Sangre (Feier des Heiligen Blutes) gefeiert. Während dieses Volksfestes von „nationalem touristischem Interesse“ finden täglich verschiedenste Veranstaltungen statt. Heute soll  um 19:00 Uhr ein Straßenumzug mit geschmückten Festwagen durch die Hauptstraße ziehen. Also nix wie hin zu den Stuhlreihen! Weiterlesen

09.07.2015 – Von West nach Ost

Im „MasyMas“- Supermarkt in Villajoyosa sind die Kakerlaken- Köder  ausverkauft. Die kommen hier anscheinend reichlich zum Einsatz!

Rund um das Marinagelände geben die Marineros den braunen Plagegeistern keine Chance. Wenn sie nicht gerade beim Festmachen helfen, kehren sie penibel jedes Eckchen auf den Stegen und Wegen. Doch in der Damendusche „for owners only“ prangt ein Prachtexemplar von Schabe im offenen Mülleimer. Und das am helllichten Tag! Na ja, ich sollte diese Dusche ja eigentlich auch nicht benutzen und gehe nebenan beim „Transitvolk“ unter die Brause.

Am nächsten Morgen werfe ich einen neugierigen Blick in den Mülleimer der exklusiven  „Owner-Dusche“. Die Schabe thront  immer noch auf dem Papierhaufen! Wahrscheinlich ist sie inzwischen verendet. Es ist also offensichtlich nicht geputzt worden, obwohl  sich „Angela“  täglich mit Datum und Unterschrift in die Liste am Eingang einträgt.

Angewidert gehe ich nach nebenan. Doch was liegt denn da auf dem Boden? Beim Blick um die Ecke erkenne ich einen menschlichen Körper. Der Kopf ist für mich verdeckt, weil er in der Toilettenzelle liegt, der Rest der Person liegt ausgestreckt zwischen Toilettentür und Waschbecken im Vorraum. Ich stelle mich schon darauf ein, einer ohnmächtigen Spanierin Beistand leisten zu müssen, da erkenne ich, dass es sich um einen jungen Mann handelt. Nur mit einer Unterhose bekleidet liegt er auf dem nackten Fliesenboden, das Handtuch um den Hals. Er atmet ruhig. Nichts Erbrochenes, kein Blut, keine Verletzung! Doch er wacht auch nicht auf!

Draußen suche und finde ich einen Marinero. Er versteht, dass ich irgendwie  Hilfe brauche und folgt mir in die Damendusche. Verdutzt schaut er auf die Gestalt, die ihre Lage bisher nicht verändert hat. Dann spricht er den „Chico“ mehrmals laut an. Ganz langsam kommt dieser zu sich. „Was machst du hier?“ ist die Frage des Marineros. „Ich schlafe,“ murmelt der Chico. „Du liegst hier auf dem Boden in der Damendusche,“ herrscht ihn der Marinero an. El chico kann sich kaum aufrappeln. Mehrmals fordert der Marinero ihn lautstark auf, endlich aufzustehen. Schließlich schafft es der Junge, grinst mich verlegen an und verschwindet aus dem Gebäude. Der Marinero entschuldigt sich bei mir. „Schon gut!“, aber die Cucaracha im Mülleimer zeige ich ihm dann doch noch. Angeekelt packt  der Marinero sie mit einem Stück Klopapier und spült sie in der Toilettenschüssel hinunter.

Am nächsten Morgen liegt auch in der mir zugewiesenen Duschabteilung eine tote Küchenschabe auf dem Rücken. Hier halte ich es nicht mehr lange aus! Am Dienstag, dem 7. Juli haben sich Wind und Wellen endlich so weit abgeschwächt, dass wir in Richtung Moraira auslaufen können.

Der Motor klappert heute wieder sehr stark. Es geht uns durch Mark und Bein, aber leider haben wir nicht genug Wind zum Segeln. Unser Blick fällt auf einen Berg, der aussieht wie ein mit offenem Mund schlafender Riese.

Der schlafende Mann von Benidorm

Der ohnmächtige Riese von Benidorm

Hinter der nächsten Felsnase können wir uns dann auch erklären, was den steinernen Kerl aus den Socken gehauen hat. Benidorm alias „Klein Manhattan“ taucht auf! Das also ist der berühmte Ferienort, Inbegriff des spanischen Urlaubsvergnügens an der Costa Blanca! Weiterlesen