29.08.2013 – We are not amused!

Wir sind in Plymouth and we are not amused!

Mündung des River Dart - Dartmouth

Mündung des River Dart – Dartmouth

Am Montag verließen wir das wunderschöne Dartmouth. Es war schwach windig,  trotzdem versuchten wir  zu segeln. Beim Setzen der Genua  merkte Heinz, dass etwas nicht stimmt. Tatsächlich: Das Segel ließ sich zwar ausrollen, ab er nicht wieder einrollen. Der Kapitän turnte nach vorne und versuchte, das Problem zu lösen, doch da entdeckte er, dass an der Trommel etwas abgebrochen war. Es gelang ihm schließlich, die Genua in Handarbeit einzurollen,  so dass wir mit gesetztem Großsegel und Motor Richtung Plymouth fuhren. Als wir Saltcombe – da, wo die Millionäre wohnen – passiert hatten, wurde es immer dunstiger. Man konnte die nahe Küste kaum erkennen. Der Wind schlief völlig ein, aber der mitlaufende Strom unterstützte die Motorfahrt, so dass wir nach einem VHF Anruf beim Hafenmeister gegen 19.00 Uhr in Plymouth außen am Pontoon  des  Plymouth Yacht Haven festmachten. Hier war es recht „schwellig“ und nachdem ich zum  Hafenmeister persönlich gegangen war, starteten wir unseren Motor noch einmal, um zu  einem ruhigen Platz im Innenhafen zu fahren. Bald entdeckten wir ein deutsches Schiff mit einem jungen Paar und ein schwedisches Schiff mit einem ebenso jungen Paar. Beide Crews hatten das Gleiche vor wie wir: Während der derzeit günstigen Wetterlage über die Biskaya segeln.

Am nächsten Morgen machte Heinz seine übliche Motorkontrolle. Im Motorraum alles trocken. Dann startete er den Motor. Qualvoll versuchte dieser in Gang zu kommen, doch schließlich gab er seinen Geist auf. Wir konnten es nicht glauben!  Glücklicherweise waren wir hier in einem Hafen mit diversen Fachbetrieben. Es kam auch gleich ein Monteur, um sich den  Motor anzuschauen bzw. anzuhören. Bald schien das Übel erkannt zu sein: Der Grobfilter war völlig verdreckt, der Feinfilter zwar nicht ganz so schlimm, aber schlimm genug. Dabei hatte Heinz erst vor vier Wochen beide Filter erneuert . Nun wurde die Prozedur wiederholt. Leider mit wenig Erfolg. Der Monteur prüfte weiter, doch schließlich – es war bereits Feierabend – brach er seine Bemühungen ab mit der Erklärung, leider habe er bisher noch nie einen marinisierten Mercedesmotor vor sich gehabt, er müsse sich erst kundig machen und werde morgen wiederkommen.

Er kam. Seine Erkenntnis: Es könnte an den Einspritzdüsen oder an der Einspritzpumpe liegen, die durch verschmutzten Diesel verstopft wurden. Fazit: Die Einspritzpumpe wird ausgebaut und in einem Fachbetrieb für Mercedesmotoren abgedrückt. Falls es an ihr liegt, wird sie repariert oder gegen eine neue ausgetauscht. Wenn das allerdings nicht hilft, müsste die Dieselfördelpumpe untersucht werden. Außerdem muss der Dieseltank ausgepumpt und gereinigt werden. Wahrscheinlich haben wir irgendwo verschmutzten Diesel getankt. Zwischendurch kam der Rigger und reparierte die Rollfock für 254,64 Pfund. Wie gesagt: We are not amused!

Ich habe gleich eine E-Mail an unsere Kasko-Versicherung geschrieben, bis heute leider keine Antwort erhalten. Dann habe ich für eine Woche Hafengeld bezahlt, weil das billiger ist, als täglich  30 Pfund zu berappen. Danach habe ich ein Brot gebacken, weil mir die englischen Gummibrötchen nicht mehr munden und ich etwas Ablenkung brauchte. Wir haben das deutsche und dann das schwedische Pärchen verabschiedet. Die Schwedin war so nett, sie hat unsere Barbados-Flagge geschenkt bekommen.

Wir wünschen beiden Crews viel Glück bei der Überfahrt und für die weitere Reise!

Gerne wären wir mitgefahren. Nun sind wir weit und breit die einzigen Ausländer hier. Unsere Gefühle sind heute ganz schön Achterbahn gefahren. Ich habe dann noch eine Pizza gebacken, doch als sie auf dem Teller lag, hat Heinz einen leichten Schwächeanfall  bekommen und ich habe sie wieder weggepackt.

Wir müssen unsere Pläne ändern.

Zunächst muss der Motor in Ordnung kommen. Das kann noch dauern, denn wir sind nicht die einzige Baustelle der Firma „Dicky B Marine-Traditional Shipwrights with 30 Years Experience“.

Es wird langsam zu spät, um den Sprung über die Biskaya zu wagen. Deshalb kümmern wir uns um einen Winterliegeplatz, der  hier im Vergleich zu Deutschland relativ teuer ist. Aber wir nehmen uns noch einen Monat Zeit, um alles zu regeln. Bis dahin werde ich noch einige Brote und Pizzas backen, um die Vorräte zu reduzieren. Sicher werden wir uns wieder berappeln und  dieses schöne Land weiter genießen. Dann werden wir im Oktober nach Hause fliegen und uns wieder an unseren Enkeln erfreuen. Und im nächsten Frühjahr kommen wir wieder hierher und machen weiter. So ist Segeln eben: Freud und Leid liegen nah beieinander.

Das selbstgebackene Dinkelbrot. Lecker!

Das selbstgebackene Dinkelbrot. Lecker!

Die Pizza - Ein Umfaller!

Die Pizza – Ein Umfaller!

25.08.2013 – Traumhaftes Dartmouth

25.08.2013 – Traumhaftes Dartmouth

Kurz vor Dartmouth wurden wir doch noch nass, doch als wir in die Flussmündung des River Dart einfuhren, erglühte der bewölkte Himmel  wieder im Abendrot. Es wurde schon langsam dunkel, als wir zwischen den wilden Felsformationen hindurch in den Fluss hineinfuhren.

Nun tauchte links an den Felsen Dartmouth Castle, das Schloss aus dem Jahre 1488 auf, rechts ebenfalls schlossähnliches Gemäuer. Wie gemalt! Doch dann ein Glitzern! Wow!

Den Hang hinauf links das erleuchtete Dartmouth, rechts Kingshead. Einfach märchenhaft!

Nun kam der unangenehme Teil.

Wir brauchten einen Liegeplatz, doch die Darthaven Marina schien hoffnungslos überfüllt. Und welche Pontoons (das sind im Wasser schwimmende Anlegeplätze ohne Landverbindung) waren jetzt für Besucher? Es waren so viele und alle voller Schiffe, denn die Regatta-Woche stand bevor.

Im Reeds, der „Bibel“ für Langfahrtsegler, stand, dass auf den Besucherpontoons  blaue Flaggen mit einem schwarzen V wehen, doch in der zunehmenden Dunkelheit waren sie nicht zu erkennen. Wir drehten unsere Runden und endlich entdeckte ich an einem Pontoon eine Lücke. Wir passten hinein! Endlich fest! Schnell noch was essen und ab in die Koje.

Am nächsten Morgen begrüßten uns strahlender Sonnenschein und ein gut gelaunter englischer Pontoonnachbar. Wir erfuhren, dass wir an einem privaten Pontoon festgemacht hatten und suchten uns schnell einen Platz am gegenüberliegenden Visitor-Pontoon. Ein deutsches „Willkommen!“ und hilfreiche Hände beim Anlegen in der maßgeschneiderten Lücke. Wieder eine Engländerin, die einmal in Deutschland gelebt hatte und sich freute, wieder mal deutsch sprechen zu können!

Nach dem Anlegen bestaunten wir diesen wunderschönen Ort bei Tageslicht. Kurze Zeit später bat ein englisches Paar mit seiner Dufour 34  darum, bei uns längsseits gehen zu dürfen. Wie immer, kommen wir gleich ins Gespräch. Sie sind aus Plymouth, unser nächstes Ziel. Gleich bekommen wir Tipps, wo es in der Umgebung am schönsten ist. Dann verschwindet das Pärchen mit dem Dinghi an Land.

Nun besucht uns der Patrol Officer mit seinem Bötchen und kassiert 31 Pfund Hafengeld für 2!!! Tage, dazu gibt es einen mehrseitigen Wetterbericht, nützliche Informationen und natürlich: Hilfsangebot, falls wir es brauchen. Allerdings haben wir lediglich einen Müllbehälter „vor der Tür“, keinen Strom, kein Wasser und kein Sanitärgebäude. Wir sitzen ja sozusagen auf einer Insel und unser Dinghi liegt zusammengefaltet an Deck. Wir machen es uns gemütlich und genießen die schöne Umgebung vom Cockpit aus.

Auch am nächsten Morgen strahlt wieder die Sonne vom Himmel.

Wir frühstücken draußen, unsere Nachbarn von der „White Elff“ ebenfalls. Währenddessen beobachten wir die Ruderregatten, die vor unserer Nase ausgetragen werden. Hier in Dartmouth befindet sich in einem schlossähnlichen Gebäude übrigens auch eine der berühmtesten englischen Marineschulen,  das „Britannia Royal Naval College“, an dem Marine-Offiziere trainiert werden. Die dürfen dann später auch den blau grundierten Union-Jack am Heck ihrer privaten Segelyacht  zeigen, während der normalsterbliche Brite die rotgrundierte Flagge über die sieben Weltmeere fährt. Solche äußerlichen Merkmale, um die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe zu demonstrieren, sind in England anscheinend beliebt. So erkennt man an einer bestimmtem Art von Autokennzeichen auch, ob man einen der hier zahlreich vertretenen oberen Zehntausend vor sich hat. Solche Kennzeichen kosten den wohlhabenden Briten gerne mal 5000 Pfund, doch die dazugehörigen Automobile übersteigen diese Summe um ein Vielfaches! Doch wer hier oder gar im benachbarten Salcombe lebt, hat keine Geldsorgen. Ganz im Gegensatz zu vielen Engländern, die sich teilweise mit drei oder vier verschiedenen Jobs über Wasser halten müssen. Dies verriet uns heute wiederum ein deutschsprechender Brite, der in Deutschland lebt und gerade seine deutschstämmige Mutter hier in Dartmouth besucht. Die alte Dame lernten wir gestern mit einem ihrer Söhne und dessen Frau und Töchtern hier am Pontoon kennen. Sie war in den Sechzigern als Au-pair über Frankreich nach England gekommen, arbeitete hier im Hotelgewerbe und heiratete einen inzwischen verstorbenen Briten. Auch ihr Sohn bietet  an, uns mit dem beeindruckend großen Schlauchboot an Land zu bringen, doch wir haben ja schon das Angebot unseres Nachbarn, der uns in seinem kleinen Dinghi an Land rudert.

Wir schlendern durch den zauberhaften Ort, besuchen die schöne alte Kirche, dann folgen wir dem ansteigenden Weg hoch zum Castle und der St. Petrox Kirche aus dem zwölften Jahrhundert. Hier grüßt an jeder  Ecke das Mittelalter, doch die Landschaft erinnert uns an Küstenorte an der italienischen Riviera oder an Korsika. Mit einem Wassertaxi gelangen wir nach diesem wunderbaren Ausflug zurück an Bord. Mit einem „Have a save trip!“ verabschieden sich die netten Nachbarn von uns. Sie wollen nach Salcombe, zu den Millionären. Vielleicht sehen wir uns ja in Plymouth wieder?

Landschaft am Dartmouth Castle

Blick auf Kingswear

Dartmouth bei Nacht

Palmen wachsen in England nur in Devon und Cornwall

Im Abendrot in den River Dart