27.05.2019 Nach der Wahl ist vor der Wahl

Der Heizlüfter surrt leise vor sich hin. Auf das Dach der Kuchenbude prasseln Regentropfen und ab zu zu rauscht noch eine „Fünfer-Böe“ aus Nordosten den Steilhang im Hafen von Alassio hinunter.

Es ist Montag und der Käptn hält nach dem sehr späten Frühstück auf der Salonkoje ein Nickerchen. Ich habe mal wieder „rein Schiff“ gemacht und mich nun auf die andere Salonkoje gesetzt. Während ich mich einer ausgiebigen Maniküre bzw. Pediküre hingebe, lasse ich meine Gedanken schweifen.

Die Marina Alassio ist ein gemütlicher, überschaubarer Hafen, der gegen Nordosten von einer hohen Steilwand beschützt wird. Richtige Megayachten gibt es hier nicht. Lediglich eine Reihe großer Motorboote liegen am langen Weststeg. An Land stehen auf einer begrenzten Stellfläche noch viele Boote auf ihren Stützen. An einigen wird heftig gewerkelt, doch Aufbruchstimmung sieht anders aus.

 

Im kleinen Laden des Schiffsausrüsters ist auch noch nichts los, und nur wenige Gäste verirren sich in das einzige Ristorante, aus dessen geöffneter Tür heute Morgen passend zum Wetter ein melancholischer Bluesgesang ins Freie tönt.

Nach dem Duschen gehe ich gleich ins Office, um noch eine weitere Übernachtung zu bezahlen. Wenigstens können wir hier zum günstigen Tagespreis von 37 Euro (zuzüglich 1,50 Euro für Toilette- und Dusche) besseres Wetter abwarten. Ein Glück, dass es uns nicht im teuren Genua erwischt hatte!

Gestern und in der vergangenen Nacht hatte es noch heftig geblasen. Aus dem angekündigten Starkwind war ein richtiger Sturm geworden, der die Anima mea die ganze Nacht in Bewegung hielt. Die Festmacherleine direkt neben meinem linken Ohr knarzte dabei so laut, dass ich mein Bettzeug zusammenraffte und in den Salon umzog, wo ich lediglich ein-, zweimal in der Nacht durch den Piepalarm des Windmessers geweckt wurde. Windstärke 7! Umdrehen und weiterschlafen….

Von Regen hatte meine Freundin Marie-Luise nie geredet, wenn es um Alassio ging. Aber sie war ja auch im Sommer hier in diesem hübschen Badeort an der „Blumenriviera„, den man vom Hafen aus überhaupt nicht sehen kann.

Erst wenn man an der kleinen Kapelle „Santa Croce“ am Hafenende nach rechts abbiegt, öffnet sich die weite Bucht mit dem klaren Wasser und dem feinen Sandstrand. Daran anschließend folgt die gepflegte Uferpromenade mit zahlreichen Restaurants und Bars, die meist zu einem der Hotels auf der gegenüberliegenden Seite der Promenade gehören.

Die Bucht von Alassio ist nach Nord-Osten geschützt und wäre im Moment auch ein guter Ankerplatz.

Hotelklötze gibt es hier Gott sei Dank nicht. Viele Gebäude sind aus dem 19. Jahrhundert oder aber aus den 50iger und 60iger Jahren. In welchem wohl Marie-Luise mit ihrer Familie gewohnt hat?

Wir wandern bis zum Sarazenenturm, dem Torrione della Coscia aus dem 16. Jahrhundert, wo ich mir am Strand mal keinen Stein sondern eine bunte Keramikscherbe zum Andenken in die Tasche stecke.

Am Strand beim Sarazenenturm

Dann gehen wir zur Kirche, die aber leider verschlossen ist. Durch eine schmale Gasse parallel zur Uferpromenade wandern wir zurück und finden einen kleinen Laden mit einladendem Obst- und Gemüseangebot.

 

Hinter der Theke der „Salumeria /Panetteria AL BORGO COSCIA“ finden sich aber noch jede Menge selbstgemachter Köstlichkeiten! Schließlich verlassen wir das Geschäft mit Spinat-, Käse- und Tomatenfocaccia, Tomaten, Erdbeeren, Aprikosen, frischen Brötchen und einem großen Stück Aprikosentarte. Noch keine 30 Euro kostet uns der Spaß, von dem wir heute und auch noch morgen essen werden.

 

Nach dem abendlichen Festschmaus an Bord checken wir die ersten Ergebnisse der Europawahl, an der wir leider nicht teilnehmen konnten.

In Deutschland stürzt die SPD weiter in den Abgrund, während die Grünen starke Gewinne verbuchen können und auf dem zweiten Platz landen. Wir freuen uns mit den Grünen, die in Hamburg sogar 31,2 % der Wählerstimmen erhalten und sind enttäuscht, dass die AFD in einigen ostdeutschen Bundesländern die meisten Wählerstimmen bekommt.

In anderen Ländern Europas wird weniger „Grün“ gewählt. Hier stehen wohl andere Probleme im Vordergrund.

Italien gibt der LEGA die meisten Stimmen. Sie steht für „ein Europa der Nationen und der Freiheit„, leider mit einem großen Anteil an Rechtspopulismus. An zweiter Stelle kommt immerhin die Partito Democratico (PD) mit sozialdemokratischer, linksliberaler und christlich-sozialer Ausrichtung und an dritter Stelle die MoVimento 5 Stelle, eine europaskeptische und rechtspopulistische Partei.

Movimento-Stand in La Spezia

In Österreich steht „Grün“ nur an vierter Stelle, während die FPÖ und die ÖVP trotz der Ibiza-Affäre mit Abstand die vorderen Plätze belegen. Für mich nicht nachvollziehbar!

Und was machen unsere Freunde in Frankreich?

23,3% für Jean-Marie le Pen und „nur“ 22,4 % für Emmanuel Macrons „La Republique en Marche„. Dann, fast 10 % weniger als die erstplatzierten Rechtspopulisten, die Grünen Frankreichs.

We are not amused!

Last but not least: Great Britain

Die Brexit Party mit ihrem Anführer Nigel Farage ist mit großem Abstand als Sieger hervorgegangen und Theresa Mays Partei mit 8,7 % auf dem vierten Platz gelandet.

Aber Theresa ist ja inzwischen unter Tränen zurückgetreten und kann ihrem Mann im Haushalt helfen. Wenn sie genauso tickt wie ich, wird sie jetzt ihre Schränke und Schubladen aufräumen. Das schafft immer tolle Erfolgserlebnisse!

Und was die Briten betrifft: Geht mit Gott! Aber geht. – Ende der politischen Diskussion.

Morgen – so Gott will – werden wir San Remo anlaufen und uns dort hoffentlich am größten Blumenmarkt der Welt erfreuen.

San Remo wird wahrscheinlich für uns und die Anima mea der letzte Hafen in Italien sein.

Danach kommt ein Land, das keine „Wahlprobleme“ hat, da es noch von einem Fürsten regiert wird. Wenn der durch den Tod „abgewählt“ wird, folgt sein Sohn auf den Thron des Fürstentums Monaco.

Die Einwohner dort haben aber auch wirklich keinen Grund zur Klage, zahlen sie doch weder Einkommens- noch Erbschaftssteuer und all die Ausländer dort kosten den Staat nichts. Stattdessen deponieren sie ihre Millionen in diesem zweitkleinsten Land Europas und können sich zudem sicher sein, dass ihre im Ausland begangenen Steuerdelikte nicht verfolgt werden.

 

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