Ungeduldig zerrt die Anima mea an ihren Leinen. Es knarrzt und quietscht, es knurrt und knarrt. „Wann geht es endlich weiter?“ scheint sie zu jammern, während sie sich im Schwell ruckartig vor und zurück schwingt.
Die Antwort: „Wenn es so weit ist!“
Draußen auf dem Meer ist viel Wind. Er tobt im Golf von Lion, presst sich durch die Straße von Bonifacio und schiebt die aufgewühlten Wassermassen des Tyrrhenischen Meeres an Italiens Küste. So sehr, dass wir sogar im Porto Turistico „schiffschaukeln“.
Doch auch wenn unser Schiff vor Reisefieber glüht. Der Seemann und die Seefrau müssen Geduld haben, sonst gibt´s da draußen garantiert Haue!
Nach unserer großen Putzaktion gab´s erstmal Südwind.
Der ist warm, weil er aus Afrika kommt. Leider bringt er auch Wolken voller Saharastaub mit.
Zuerst pudert er das blank geputzte Schiff ein, dann fallen ein paar dicke Tropfen und Anima mea ist flächendeckend mit einem bräunlichen Punktmuster überzogen. Nun bläst der Wind die Punkte erstmal trocken. Alles ist versaut: Der Edelstahl, die Kuchenbude, das Gelcoat.
Endlich beginnt es richtig zu regnen! – Im Sturmgebraus schüttet es wie aus Eimern. Nach zwei Tagen und Nächten ist wieder Ruhe im Schiff!
Aber das Punktmuster hat´s überlebt! Eine neue Putzaktion wird fällig…
Kein modernes Kunstwerk, sondern der Bodensatz im Putzeimer.
Nach der Wetterberuhigung kommt der Wind aus Norden.
Er ist eiskalt und bringt auch ein bisschen Regen mit. Allerdings keinen Saharastaub. Es reicht diesmal, alles mit einem trockenen Lappen abzureiben.
Theoretisch könnten wir jetzt los.
Aber Mauro in der Cantiere Altamarea kann uns die Metallteile mit Loch und Schlitz nicht liefern.
Es kommen ja auch ständig Sonn- und Feiertage dazwischen: von Karfreitag bis Ostermontag ist frei. Der folgende Donnerstag ebenfalls. Tag der Befreiung (vom Faschismus).
Einverstanden: Das muss gefeiert werden!
Aber langweilig ist uns natürlich nicht. Nach Schiffsputz, Wäsche und Einkauf drängt es uns noch einmal in die Ewige Stadt.
Genau genommen dreimal.
Am ersten Tag fahren wir mit der Metro bis „Colosseo“ und lassen uns vom österlichen Touristenstrom mitnehmen. Einfach nur bummeln. Kein Schlange stehen an irgendwelchen Sehenswürdigkeiten. Nur „Guten Tag, Bella!“ sagen und das Wiedersehen genießen.
Am zweiten Tag fahren wir mit der Metro B bis Termini und steigen um in die Metro A.
In Ottiviano-S. Pietro steigen wir aus und wandern zum Petersdom.
Inzwischen ist Ostern vorbei und die Schlangen am Eingang auf dem Petersplatz sind kürzer geworden. Schnell sind wir durch die Sicherheitskontrolle und entdecken das Schild mit dem Hinweis: „Cupola„.
„Wenn ein Fahrstuhl hinauffährt, bin ich dabei!“, meint der Käptn.
Es fährt einer! Kostet zwei Euro mehr als zu laufen (10 Euro pro Person, und in bar zu entrichten).
Ich hab jedoch irgendwo im Hinterkopf, dass der Fahrstuhl nicht ganz bis oben fährt….
Na ja, erstmal nix sagen. Wird schon werden!
Es dauert, bis uns der Fahrstuhl hinaufbefördert.
„Wellcome in my office!“ sagt er pechschwarze Fahrstuhlführer in schnieker Uniform und strahlt uns mit blendend weißen Zähnen an.
Dann fragt er seine „Angestellten“, woher sie kommen. Es sind etwa 15 Leute aus aller Herren Länder. Wir sind die einzigen Deutschen. Die übrigen Besucher kommen aus Singapur, Japan, Rumänien, Russland und Malaysia.
„I am from Kongo!“, fügt unser „Chef“ hinzu und verabschiedet uns mit seinem strahlenden Lächeln, als die Fahrstuhltür aufgeht.
Die Kuppel umfängt uns!
Eine symmetrische, kunstvolle Schönheit. Geschaffen vom genialen Michelangelo.
An der Wand wunderschöne Mosaike
und ein atemberaubender Blick durch das Schutzgitter am Rundgang.
Doch es geht noch höher hinauf! Aber zu Fuß.
Der Käptn hat Blut geleckt und will es wagen. Er muss es allerdings etwas langsamer angehen lassen.
Also gehe ich schon mal vor und merke zwei Dinge:
Erstens: In dem engen Treppenhaus geht es offensichtlich nur in eine Richtung. Und die heißt: Hinauf!
Zweitens: Das Treppensteigen nimmt kein Ende!
Ob das der Käptn durchhält? – Was mache ich, wenn er nicht hinterherkommt?
Immer wieder bleibe ich stehen und warte, dass er auftaucht. Und tatsächlich! Schneller als gedacht schiebt er sich im Gänsemarsch mit den anderen Mitstreitern durch die Röhre!
Da ist er ja! Bravo!!!
Noch ein kurzes Stück, und wir treten oben aus der Kuppel hinaus ins Freie.
Welch eine Aussicht auf die Ewige Stadt, die uns jetzt zu Füßen liegt.
Aber es geht noch höher hinaus!
Nochmals Treppen steigen und wieder hinaus auf einen schmalen Rundgang voller Menschen, die andächtig in die Tiefe blicken.
Wir bewundern die fein gestalteten päpstlichen Gärten,
und die Engelsburg und den Tiber mit seinem grün schimmernden Wasser.
In der Ferne erheben sich die blauen Berge und auf dem Kuppeldach wölben sich die Fenstergauben, auf denen die Namen der Päpste verewigt sind.
Nach dem Motto: „Jeder Gank macht schlank“ beschließen wir, den Aufzug auszulassen und alle Stufen hinunterzusteigen.
Auch im Treppenhaus zieren Papstnamen die Wände. Etwas respektlos zitiere ich einen Spruch aus meiner Kindheit:
„Der Name der Jecken steht an allen Ecken.“
Na ja, nicht alle Päpste waren Heilige!
Nach vollbrachter Tat schlage ich den Reiseführer auf:
320 Stufen waren es vom Fahrstuhl bis oben. 551 Stufen von oben bis ganz unten.
Was unsere Waden wohl morgen dazu sagen werden?
Jedenfalls reißt uns in der folgenden Nacht kein Wadenkrampf aus dem Tiefschlaf.
Morgens sind wir wieder fit wie ein Turnschuh und zu neuen Schandtaten bereit.
Doch zuerst wandern wir zu Mauro.
Ein letztes Mal müssen wir an den wilden Müllkippen vorbei. Ich könnte jedes Mal platzen vor Wut, wenn ich das sehe. Und direkt gegenüber ist eine Brotfabrik! Ob die auch manchmal Rattenbesuch bekommt?
Mauro sitzt in seinem Büro. Auf seinem Schoss thront sein kleiner Mischlingshund und kläfft aufgeregt. Doch Mauro strahlt uns an.
Dann setzt er den Hund auf den Boden und drückt uns die acht bearbeiteten Metallstücke in die Hand. Jedes hat jetzt ein Loch und einen Schlitz, obwohl er zunächst meinte, das könne er mit seinem Werkzeug nicht hinbekommen.
Was das wohl kosten wird?
„Nothing!“ erklärt Mauro.
Uns bleibt fast die Spucke weg. Doch dann bedanken wir uns überschwänglich für die gute Arbeit und für seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft im Allgemeinen.
Allen Lesern, die in Rom ein Winterlager für ihr Schiff suchen, können wir nur wärmstens die Cantiere Altamarea empfehlen, denn dort wird sehr ehrlich und sorgfältig gearbeitet sowie gut auf die Schiffe aufgepasst.
Wir haben jedenfalls heute schätzungsweise 50 Euro gespart und machen uns wohlgemut auf unseren letzten Weg nach Rom.
Als im vergangenen Herbst mein Schwager Wilfried zu Besuch kam, wollten wir ja gerne in den Carcer (Mamertinum) von Rom.
In diesem Gefängnis am Rande des Forum Romanum unterhalb des Capitolhügels wurden die Feinde der Römer gefoltert und meist getötet. Anschließend entsorgte man ihre Leichen einfach in der Kloake.
Berühmt wurde der Carcer durch die Apostel Petrus und Paulus, die hier ebenfalls eingesperrt waren.
Doch leider konnten wir im Herbst den Carcer nicht besichtigen, weil es in der darüber gebauten Kirche gebrannt hatte. Ausgerechnet der schöne Dachstuhl von „Sankt Josef, der Zimmermann“ war in Flammen aufgegangen!
Seit dem 21. Dezember 2018 ist die Kirche wiederhergestellt und auch der Carcer kann wieder für stolze 10 Euro Eintritt besichtigt werden.
Wir finden, das dunkle Loch und die überschaubare Ausstellung waren das Geld nicht wert. Vielleicht ein Trost für Wilfried?
Trotzdem war es ein rundum gelungener Tag, an dem wir noch einmal abseits der Touristenströme durch ruhige Gassen gebummelt sind und uns schließlich einen Platz am Trevi-Brunnen erkämpft haben.
Mal sehen, ob was dran ist an dem Versprechen, dass man, wenn man eine Münze über die linke Schulter in den Brunnen wirft, nach Rom zurückkehren wird.
Nun heißt es: Noch dreimal schlafen.
Dann wird uns der Wind hoffentlich in die Marina Traiano blasen. Und dann weiter in die Toscana.
Wir freun uns schon ganz dolle!
Na dann – Immer eine handbreit Wasser unterm Kiel wünschen wir euch. Ahoi und gute Fahrt 😉 und grüßt uns die Toskana.
LG WoMolix und WoMoline
Hallo, Womolix und Womoline!
Wie schön, wieder von euch zu hören!
Vielen Dank für die guten Wünsche. Natürlich grüßen wir auch die Toskana von euch und hoffen, dass auch ihr bald wieder schöne Reiseerlebnisse haben könnt.
Guten Morgen Christine und Heinz, vielleicht seid Ihr ja schon auf dem Wasser unterwegs und habt Eure Tour nach Frankreich gestartet. Wir wünschen Euch guten Wind, frühlingshaftes Wetter und eine gute Reise.
Liebe Grüße aus Franken schicken
Susanne und Peter
Hallo, Susanne und Peter!
Vielen Dank für die guten Reisewünsche.
Wir sind noch nicht unterwegs, sitzen aber „auf gepackten Koffern“.
Heute bläst uns noch eine steife Brise entgegen, aber morgen sollte es passen.
Hoffentlich kommen wir bis zum Wochenende ein gutes Stück vorwärts, denn da kündigt sich schon der nächste Sturm an.
Liebe Grüße und einen schönen 1. Mai in Franken!