02.10.2018 -Das Portal

Nun sind wir schon seit 17 Tagen im Porto Turistico di Roma in Lido di Ostia.

Wir liegen am gleichen Steg wie im Herbst 2016 und im Frühjahr 2017, nur ein paar Plätze weiter vom Gate entfernt. Fast alle Boote, die hier liegen, waren auch damals schon da. Es sind allesamt Italiener, die hier einen Dauerliegeplatz haben und jetzt nur noch am Wochenende in die Marina kommen.

Unter der Woche ist es hier recht einsam, denn auch die wenigen Yachten mit französischer oder deutscher Flagge sind verwaist. Wie schön, dass ein paar Tage nach uns eine große Hallberg Rassy mit Schweizer Flagge anlegte.

Schnell kamen wir mit Esther und Bernie aus dem Emmental in Kontakt. Es folgte eine Einladung auf die „OYA„, wo uns Esther mit Risotto, Salat und selbst gebackenem Kuchen ganz vorzüglich bekochte und eine Gegeneinladung auf die „ANIMA MEA„, wo ebenfalls italienische Küche auf den Tisch kam.

Für einen unterhaltsamen Abend ist Platz in der kleinsten Hütte!

Am Sonntag setzte Esther noch eins drauf: Es gab einen herrlichen Obstkuchen mit Pfirsichbelag und Sahnehäubchen. Ein Essvergnügen, das wir uns sonst aus „linienstrategischen Gründen“ verkneifen.

Wenn wir mal keinen Besuch haben oder selbst auf Besuch sind, schmökern wir in unserer Kindle-Bibliothek. Ich „fresse“ gerade die Hamburg-Krimis mit Kommissar-Wegener von Thomas Herzberg. Der Käptn erlebt mit Kapitän Jack Aubrey von Patrick O´Brian ein Abenteuer nach dem anderen, während er sich gemütlich auf der Salonbank ausstreckt und auf den Wind pfeift, der draußen an den Leinen zerrt und ein lautes Hafenkonzert in den Masten veranstaltet.

Klapp, klapp, klapp – sirr sirr – uhhuu !“ klingt es rundherum und manchmal auch ganz rhythmisch: „Trerr, trerr, trerr!“ als käme schon der Weihnachtsmann mit seinem Glöckchen-Schlitten angerauscht. Und die Anima mea schaukelt dazu munter hin und her, soweit es ihr die Vor- und die Mooringleinen erlauben. 

Da ich seit Jahresbeginn auch ein Smartphone mit Internet besitze, „WhatsAppe“ ich regelmäßig mit meinen Töchtern in Hamburg und Berlin. So nehme ich trotz der Entfernung in Wort und Bild an ihrem Leben teil und werde mit Fotos von der Hausrenovierung (Berlin) sowie mit Videos von meinen Enkeln (Hamburg) wohl versorgt.

Am Samstag schickte mir Tochter Silke dann völlig entrüstet folgenden Link:

https://afd-fraktion-hamburg.de/tipps-zum-vorgehen-bei-verstoessen/

Ich klickte den Link an und landete auf dem „INFORMATIONSPORTAL NEUTRALE SCHULEN HAMBURG“.

Dort klärt die „Alternative für Deutschland“ Schüler, Eltern, Lehrer, Schulleiter und Behördenmitarbeiter darüber auf,

  • Was sie sich unter Aktion „NEUTRALE SCHULEN“ vorstellt
  • Welche „RECHTSVORSCHRIFTEN RUND UM DAS „Neutralitätsgebot“ es zu beachten gibt
  • Welche „TIPPS ZUM VORGEHEN BEI VERSTÖSSEN“ sie an die Hand gibt

Es folgt noch der Punkt „REAKTIONEN“, doch finden sich hier leider keine Äußerungen der angesprochenen Klientel sondern lediglich eine Darstellung der AFD!

Auch meine „Reaktion“, die ich der AFD-Fraktion-Hamburg per Kontaktformular geschickt habe, wird dort sicher nicht veröffentlicht werden.

Als ich der AFD-Fraktion geschrieben habe, dachte ich daran, dass ich 42 Jahre lang versucht habe, meine Schüler/innen unter der Prämisse des Artikel 1 des Grundgesetzes zu erziehen. Ich versuchte ihnen ein Vorbild zu sein, indem ich die Würde aller Kinder – egal welcher Hautfarbe, Religion oder intellektuellen Fähigkeiten – achtete und das auch bei den Schülern/innen einforderte.

Ich dachte auch daran, dass ich vor genau einem Jahr im Museum der antiken Agora unterhalb der Akropolis in Athen stand, und mir dort die ersten Zeugnisse der Demokratie anschaute. Das war „Geschichte zum Anfassen“, die mich stark berührte.

Die Stele der Demokratie (337/336 v. Chr.)

Im gleichen Maße, wie ich das Bedürfnis habe, diese Welt für Mensch, Tier und Pflanze zu schützen, fühle ich mich auch verpflichtet, die Demokratie in meinem Vaterland zu verteidigen.

Sei´s, indem ich wie ein „Sisiphos“ immer wieder Plastikmüll aufhebe, sei´s, indem ich einen Kommentar an die AFD schreibe, der wahrscheinlich im elektronischen Mülleimer entsorgt wird.

Und hier mein Kommentar im Wortlaut:

Ich bin 1950 geboren und habe 42 Jahre als Lehrerin gearbeitet.

Außerdem bin ich ein politisch interessierter Mensch und habe stets von meinem Wahlrecht Gebrauch gemacht.

Es kamen und gingen viele demokratisch gewählte Parteien. Aber noch nie habe ich erlebt, dass eine von ihnen in irgendeiner Weise zur Bespitzelung von Lehrkräften aufgerufen hätte.

Dieses Portal zerstört gegenseitiges Vertrauen und ist eine Schande für Deutschland. Es macht mir Zukunftsangst!

Ich werde mich jedoch niemals damit abfinden, dass gerade die AFD unsere mühsam erkämpfte Demokratie gefährdet und gerade jetzt an allen Demonstrationen gegen rechtes Gedankengut teilnehmen.

Das bin ich schon allein meinen Enkeln schuldig, die weiterhin in EINIGKEIT und RECHT und FREIHEIT aufwachsen sollen.

Christine Kohnen

 

Ich wünsche allen einen besinnlichen Tag der Deutschen Einheit!

 

P.S.: Likes sind herzlich willkommen, Kommentare erwünscht!

 

2 responses

  1. Gut geschrieben! Wie schon gesagt, ich würde es als Ritterschlag empfinden, wenn ich als Lehrerin auf „dem Portal“ der Afd „gemeldet“ werden würde…

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