Am Montag, dem 16. Juli, verlassen wir Marina di Leuca in Richtung Crotone mit dem festen Vorsatz, bald wieder nach Apulien zurückzukehren.
Um fünf Uhr starten wir unseren „Oscar“, der mangels Wind wieder einmal das Segel ersetzen muss.
Um 7:45 Uhr – wir haben bereits 15 Meilen geschafft – bekommt Oscar einen „Rappel“, stottert rum und atmet wie ein Asthmatiker.
Auch wir halten die Luft an und ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel, das tatsächlich erhört wird. Plötzlich ist der Spuk vorbei und unser Motor schnurrt wie gewohnt weiter über den Golf von Tarent (Golfo di Tarento).
Wurde Oscar etwa von einer Tarantel gestochen? Dieser Spinnenart, die hier lebt und deren Biss nach antikem Glauben eine Tollheit auslöste, die nur durch die Musik und den Tanz der „Tarantella“ geheilt werden konnte. – Wahrscheinlich! Denn genau 25 Minuten später ertönt Zikadengezirpe aus dem Mast, das eine Weile anhält und dann verstummt. Oscar aber schnurrt zehn Stunden tapfer weiter und darf nur eine Stunde Pause machen, in der Segeln „unter Vollzeug“ möglich ist.
Um 19 Uhr erreichen wir nach 72 Seemeilen den Yachthafen von Crotone.
Hier hat sich mittlerweile einiges verändert. An der Mole hinter dem Tankkai ist ein neuer Anlegesteg gebaut worden und auch der Wintergarten neben dem Sanitärgebäude des Yachtclubs, vor einem Jahr gerade im Bau befindlich, ist nun fertig. In den beleuchteten Vitrinen strahlen die Trophäen der Clubmitglieder, die sich hier abends zum gemütlichen Plausch treffen.
Direkt vor dem Wintergarten bekommen wir einen Liegeplatz und dürfen bleiben, so lange wir wollen.
Ganz in der Nähe, gleich hinter dem Fischmarkt am Hafen, entdecken wir „Europcar„.
Dort mieten wir ab Donnerstag, 19.07., 10:00 Uhr bis Sonntag, 22.07., 10:00 Uhr einen Smart mit „Full cover“, denn erstens ist das kleine Auto nagelneu und der Käptn der erste Fahrer und zweitens ist der Fahrstil der Italiener – freundlich ausgedrückt – sehr forsch und sportlich.
Jedenfalls erleben wir in den folgenden Tagen atemberaubende Auffahraktionen und beklemmende Überholmanöver, die, das sei vorweggenommen, alle gut ausgehen. Doch die zahlreichen „Gedenkstätten“ mit Blumen und Fotos von Verunglückten an den Leitplanken und Bäumen am Straßenrand bezeugen, dass dies nicht immer der Fall sein kann!
Unsere erste Tour dient der Eingewöhnung in den örtlichen Straßenverkehr und führt uns „Rund KALABRIEN“.
Na ja, nicht ganz rund, denn Italiens Stiefelspitze misst längs der Küste des Ionischen Meeres, wo auch Crotone liegt, bis zur Costa dei Cedri (Zedernküste) am Thyrrenischen Meer 780 km!
Wir wollen aber auch gar nicht so sehr an die Küste, denn die sehen wir ja ohnehin ständig während unserer Segeltouren. Viel lieber möchten wir das Landesinnere erkunden und machen uns auf in die Sila. Der Reiseführer verspricht uns „eine wunderschöne Gebirgslandschaft inmitten der Stiefelspitze“.
Im Frühling wird die Sila von einem Blütenteppich überzogen, aber auch jetzt grünt und blüht es zwischen den Kartoffel- und Gemüsefeldern und an den Straßenrändern.
Blütenmeer mit Wolkenbällchen
Leider sind es nicht nur die Blumen, die uns auffallen, sondern auch die unzähligen blauen, grünen und weißen, prall gefüllten Abfallbeutel, die einfach auf den Parkplätzen „entsorgt“ werden.
So schön die Landschaft auch ist, die meisten Orte, durch die wir fahren lassen vermuten, dass hier nicht gerade der Wohlstand zu Hause ist. Neben vielen Bauruinen aus alter und neuerer Zeit wirken die bewohnten Häuser häufig „zusammengeschustert“ in ihrer Fülle an verbautem Material. Eigentlich haben Italiener einen guten Geschmack, aber hier bestimmt wahrscheinlich der Geldbeutel, was man im Baumarkt kauft, um sein Haus auszubessern.
In San Giovanni in Fiore erreichen wir die Mitte der Sila, die sich nördlich dieses Städtchens in die Sila Greca und die Sila Grande und südlich davon in die Sila Piccola aufteilt, was man aber nicht merkt, wenn man es nicht auf der Karte lesen würde.
In allen Gebieten der Sila erheben sich Berge bis zu 1928 m (M. Botte Donato), in denen verschiedene Flüsse, wie z.B. der Neto, entspringen, die zu künstlichen Seen aufgestaut werden.
Im Gegensatz zu Griechenland mit seiner grandiosen, bizarren Bergwelt ist hier alles moderater und lieblicher. Vor allem aber fruchtbarer! Schon lange nicht mehr haben wir so viele – nun abgeerntete – Getreidefelder gesehen wie hier in Italien.
Kurz vor der Stadt Cosenza fällt mir ein braunes Hinweisschild mit den Worten „I Giganti“ auf. Ein kurzer Blick in den alten Dumont-Reiseführer-Kalabrien meiner Tochter zeigt, dass es sich hier um ein Naturwunder handeln muss. Da müssen wir unbedingt hin!
Die „Giganti della Sila“ finden wir in Spezzano della Sila in einem riesigen Wald, der zum Naturreservat Sila gehört. Hier stehen mehr als 60 Kalabrische Pinien, auch Schwarzkiefer oder Pino Laricio genannt, die bis zu 45 Meter hoch in den Himmel ragen. Ihre Stämme haben einen Durchmesser von bis zu drei Metern, und ihr Durchschnittsalter beträgt 350 Jahre.
Der Pinienwald wurde im 17. Jahrhundert von der adeligen Familie Mollo angepflanzt, die auch den Bauernhof (Casino Mollo) am Waldrand bewirtschaftete. Kurz hinter dem Gehöft steht ein weiteres Gebäude, in dem sich eine Gastwirtschaft befindet. Wir haben noch nicht gefrühstückt, sondern belegte Brote in den Rucksack gepackt und wollen jetzt eigentlich nur ein kaltes Getränk kaufen. Doch als mir der Koch persönlich seinen frisch gebackenen Kuchen zeigt, kann ich nicht widerstehen. So genieße ich unter den alten Ahornbäumen vor dem Gasthaus ein unglaublich leckeres Tortenstück zum Cappuccino, während der Käptn darauf besteht, die Frühstücksbrote zur kalten Cola zu verzehren. Er ahnt ja nicht, was er verpasst!
Mmmmh!
Gestärkt geht es nun zum Tickethäuschen, denn zwischen den „Giganten“ wurde ein ein Kilometer langer Rundweg angelegt. Kleine Holztafeln vor den Bäumen geben Auskunft über die Höhe und den Stammdurchmesser der Waldriesen, die wirklich beeindruckend sind. Die fünf Euro Eintritt haben wir nach unserem erholsamen Rundgang nicht bereut!
Der dickste Baum, den wir auf dem Holzpfad sahen: 1,56 m Stamm-Durchmesser, 36 m hoch
Der höchste Baum war 40,70 m, aber sein Stamm (1,55 m Durchmesser) war besonders knorrig.
Dieses innig umschlungene Baumpaar ist 36,50 m hoch
Die „Siamesischen Zwillinge“ haben zwei kleine „Durchblicke“ und sind 31,20 m hoch
Pilze sind das herausragende Produkt der Sila und in ganz Italien beliebt.
Nachdem wir diesen Wunderwald verlassen haben, fahren wir weiter über Consenza nach Paola, wo wir das Tyrrhenische Meer erreichen. Vor einem Jahr haben wir es zuletzt befahren und bald wird es wieder unser Revier sein.
Blick auf die Tyrrhenische Küste
Wir fahren nun in Richtung Süden am Wasser entlang bis zur schmalsten Stelle der Stiefelspitze. Hier landen viele Kalabrien-Urlauber auf dem Flughafen Lamezia Terme, an dem vorbei es nach Catanzaro, der Hauptstadt Kalabriens geht. Angeblich mögen die meisten Kalabresen ihre Hauptstadt nicht besonders: Zu viel Verkehr, zu viele Verwaltungsgebäude.
Ausgerechnet hier kommen wir genau zur Rush-Hour an und sind froh, als wir endlich Catanzaro Marina am Golfo di Squillace erreichen. In dieser Ecke Italiens haben wir heute nicht nur mit dem Straßenverkehr zu kämpfen gehabt, sondern vor zwei Jahren auf unserem Weg von Sizilien nach Crotone eins ganz fürchterlich auf die Mütze bekommen!
Am Capo Rizzuto endet der wegen seiner Fallwinde berühmt, berüchtigte Golfo di Squillace und wir haben nur noch ein kurzes Stück bis Crotone vor uns. Die Gegend hier ist relativ trostlos und so zieht sich dieses letzte Stück unserer 322 km langen Autofahrt durch Kalabrien schier endlos in die Länge.
FAZIT: Die Sila ist eine schöne Gebirgslandschaft, aber lange nicht so spektakulär wie die griechischen Bergregionen. Auch die Bebauung hat uns in Griechenland besser gefallen. Vor einem Jahr besuchten wir die kalabrischen Orte Pizzo und Tropea, die sehr sehenswert sind. Pizzo ist außerdem der Geburtsort der Süßspeise „Tartuffo“ und allein deshalb einen Besuch wert. Ein echtes Highlight für Naturbegeisterte sind jedoch die Giganti della Sila. Allein wegen dieser Bäume hat sich die Fahrt durch Kalabrien gelohnt!
Obwohl wir rechtschaffen müde sind, wird nach einer Pizza in Crotone noch der Koffer gepackt.
Unsere zweite Tour soll zwei Tage dauern und führt uns auf dem Landweg zurück nach APULIEN.
Bei www.booking.com habe ich vorsorglich eine Unterkunft in einem Trullo gebucht. Zwei Nächte wollen wir in einem dieser runden Häuser mit dem kegelförmigen Steindach verbringen, die so typisch für Apulien sind.
Bisher waren wir es gewohnt, mit einem Mietwagen auch entsprechendes Kartenmaterial zu erhalten. Doch bei Europcar in Crotone gibt es lediglich eine Straßenkarte für Kalabrien, und die hilft uns leider nicht weiter, wenn wir nach Apulien wollen. Na ja, unterwegs werden wir an einer Tankstelle schon eine Straßenkarte bekommen (denken wir).
Wir fahren auf der Straße 106 am Meer entlang nach Norden und halten an mehreren Tankstellen. Doch außer kalten Getränken und Snacks gibt es nichts in den Shops. Schließlich empfiehlt uns ein Tankwart, im Städtchen Ciro Marina nach einer Straßenkarte zu suchen.
In Ciro Marina finden wir das Tourist Office. Obwohl das Touristenbüro die englische Bezeichnung trägt, spricht die junge Dame hinter dem Tresen kaum Englisch. Außerdem hat sie nur einen Stadtplan von Ciro Marina zu bieten, meint aber, ich könnte eine Straßenkarte im Supermarkt Conad erhalten.
An Conad waren wir bereits vorbeigefahren. Also sage ich dem Käptn, dass ich mal schnell dorthin muss, während er im Auto warten soll.
Doch bei Conad finde ich keine Karten. Ich frage eine Verkäuferin nach der anderen, doch keine kann auch nur ein Wort Englisch. Am Infostand ist man dieser Weltsprache ebenfalls nicht mächtig, doch ein Kunde, der dort gerade steht, versteht mein Anliegen, weiß aber auch nicht, wo es Karten gibt. Deshalb ruft er einen Bekannten an, gibt mir dann das Smartphone und ich erkläre dem Bekannten mit Namen Pasquale, wo der Schuh drückt, denn Pasquale arbeitet in einem Schuhgeschäft. Ich soll bitte zu ihm kommen, damit er mir weiterhelfen kann.
Also renne ich in der Gluthitze weiter die Straße entlang zum Schuhgeschäft, muss noch einmal das Problem erklären, worauf Pasquale ein Schreibwarengeschäft anruft. Während dort nach entsprechendem Kartenmaterial gesucht wird, schaue ich mich nach passenden (bequemen, schwarzen) Sandalen um und werde pfündig. Inzwischen kommt der positive Bescheid: Im Schreibwarengeschäft gibt es, was ich brauche.
Schnell bezahle ich die Sandalen beim freundlichen Pasquale, renne die Straße zurück und biege links ab zum Schreibwarengeschäft. Die Dame hinter der Theke hat überhaupt keine Ahnung, was ich will, denn sie versteht 0,00 % Englisch, doch der einzige Kunde im Geschäft kann dolmetschen. Dann zieht sie unter dem Tresen einen Stapel Landkarten hervor, von der Sorte, die man z.B. in der Schule an die Wand pinnt, um den Kindern zu zeigen wo Italiens Hauptstadt liegt. Grazie mille, aber das hilft mir leider nicht weiter!
Es ist mittlerweile fast 11 Uhr und wir haben noch nicht gefrühstückt. Also kaufe ich in einer „Salumeria“, in der es neben Wurstwaren auch Käse gibt, vier belegte Brötchen, die von der jungen Frau hinter dem Tresen frisch zubereitet werden. Sie ist in Stuttgart aufgewachsen und wegen Heirat und der Eltern (ungern) nach Kalabrien zurückgekehrt und freut sich, mal wieder Deutsch zu sprechen. Ich stehe derweil massiv unter Druck, denn die Zeit rennt uns davon und der Käptn sitzt bereits unverschämt lange im aufgeheizten Auto.
Entsprechend ist der Empfang, als ich endlich wieder einsteige und die Fahrt fortgesetzt werden kann. Trotzdem ist mein Fahrer zu einem allerletzten Halt bereit, als ich ein Reisebüro entdecke.
Auch dort spricht man nur rudimentär Englisch, aber es reicht, mein Anliegen zu verstehen. Straßenkarten gibt es hier zwar auch nicht, aber auch wieder viel Hilfsbereitschaft! Die junge Dame sucht auf ihrem Computer nach dem gewünschten Kartenausschnitt und druckt ihn für mich aus. Kostenlos natürlich!
Grazie mille! Das reicht erstmal, um einigermaßen den Weg nach Apulien zu finden.
Wir fahren jetzt so weit wie unsere Kalabrien-Straßenkarte reicht und halten dann in einem Badeort am „Mare Ionio“. Der anstrengende Verkehr und die deftig belegten Brötchen haben den Käptn ermüdet, so dass eine Pause fällig ist. Die nutze ich, mich in ein Cafe mit WLAN zu setzen und die Straßen mit ihren Nummern für die kommende Route zu notieren, denn Google Maps während der Fahrt ständig als Navi zu benutzen, verschlingt mein Datenvolumen wie ein Vielfraß.
So finden wir tatsächlich ohne Probleme den richtigen Weg nach Noci in Apullien, das inmitten von Wäldern und Feldern liegt, die allesamt von kunstvoll gesetzten Steinmauern eingefriedet sind. Fünf Kilometer hinter Noci in Richtung Alberobello sehen wir gerade noch rechtzeitig das kleine Schild mit der Aufschrift: Agli Antichi Trulli Masseria. Wir biegen rechts ab, überqueren die Bahnlinie mit dem kleinen, roten Bahnhofsgebäude und erreichen den Bauernhof mit „unserem“ Trullo.
„Unser Trullo“ ist wie alle Trulli ein weiß gekälkter Rundbau mit einem kegelförmigen Steindach, auf dem oft „magische Zeichen“ aufgemalt werden.
Wir werden von Mariella, der Bauersfrau und Gastgeberin, freundlich empfangen. Auch sie spricht nur Italienisch, doch ich verstehe, dass morgen früh um 8:30 Uhr ihre Tochter beim Frühstück anwesend ist und alle Fragen auf Englisch beantworten kann.
Dann führt Mariella uns durch einen Gemeinschaftsraum mit angegliederter Küche in den Trullo.
Dort, wo das Doppelbett steht, kann man das Kraggewölbe („falsches Gewölbe“) erkennen, dass sich durch das kegelförmige Dach des Trullo ergibt.
Unser Bett unter dem „falschen Gewölbe“.
Draußen ist es sehr heiß, doch im Trullo herrscht- ohne Klimaanlage – eine sehr angenehme Temperatur. Bedingt durch die dicken Mauern und die kleinen Fenster in den Trulli bleibt im Sommer die Hitze draußen und im Winter die Wärme drinnen. Außerdem ist es in dieser urigen Behausung mit den blendend weißen Mauern sehr gemütlich und wir fühlen uns rundum wohl darin.
Am Nachmittag fahren wir noch ins sechs Kilometer entfernte Alberobello.
Diese Stadt ist eines der beliebtesten Reiseziele Apuliens und bekannt für ihre rund 1400 Trulli in den Vierteln Monti und Ala Picolla. Die „Hauptstadt der Trulli“ in der Provinz Bari ist seit 1996 Weltkulturerbe der UNESCO und liegt am Anfang des Itria-Karst-Tales.
Trullimeer in Alberobello
Hier fanden seit ewigen Zeiten die Menschen das Baumaterial für ihre Kalksteinhügel, in denen sie ihre Toten bestatteten oder für die „Specchie“ zum Schutz vor Unwettern.
Dreitausend Jahre vor Christus kamen die ersten Bauern von der Küste Anatoliens über die griechischen Mittelmeerinseln nach Apulien. Sie brachten ihre Traditionen vom Leben und vom Tod mit, sowie den Brauch Hütten mit kegelförmigen Kuppeln zu bauen.
Im Trulli-Viertel finden sich viele kleine Geschäfte und Gaststätten
Abends verzaubert ein „Lichtspektakel“ die Trullis in Alberobello
Die Nacht in unserer Masseria – das ist in Apulien der Name für eine malerische Unterkunft in einem historisch restaurierten Bauernhaus – verläuft ruhig und ungestört, denn hier gibt es weder Verkehrslärm noch Disco-Musik.
Der Frühstücksraum befindet sich im Hauptgebäude des Bauernhauses. Auf dem Büfett stehen Käse, Salami, Schinken, Marmelade und zwei frisch gebackene Kuchen. All diese Köstlichkeiten stellt Mariella selbst her! Wir sind wirklich begeistert, so wie vor uns all die anderen Gäste, die bei www.booking.com ihre Bewertung für diese Unterkunft abgegeben haben.
In Alberobello haben wir uns eine Straßenkarte mit touristischen Informationen gekauft und merken jetzt schon, dass zwei Tage Puglia (ital. für Apulien) viel zu kurz sind. Mariellas Tochter kann das nur bestätigen und trifft dann eine Auswahl der „must do“ in der näheren Umgebung:
Dieses malerische Städtchen liegt auf hohen, steil zum Meer abfallenden Felsmauern. Im Laufe der Jahrtausende hat das Wasser unzählige Grotten in das Kalkgestein gefressen. Von hier oben genießen wir einen wunderbaren Ausblick auf die Adria.
Castello
Jeder kennt den Namen dieser Stadt von einem bekannten Gesellschaftsspiel, das auch wir früher mit unseren Töchtern gespielt haben. Die heiß begehrte Schloss-Straße haben wir hier nicht gefunden, sie müsste aber in der Nähe des Castello von Karl V. aus dem 15. Jahrhundert am Hafen von Monopoli liegen.
Die weiße Stadt
Ostuni liegt auf drei Hügeln am Rande der Murge, ein „hohes, felsiges Land“ in der Mitte Apuliens und im Osten der Basilikata. Schon aus der Ferne gibt sie ein prächtiges Bild, doch ihr historisches Stadtzentrum mit steilen, verwinkelten Gassen und den typisch weiß gekalkten Häusern ist sehr pittoresk.
So eng, dass das Auto mit einer geöffneten Tür gerade hineinpasst
Nur der barocke Torbogen und die Barockkirchen sind nicht weiß getüncht.
Apulien hat aber nicht nur schöne Landschaft mit interessanten Orten zu bieten, sondern auch eine ganz vorzügliche Küche! In diesem kleinen Laden in Ostuni probieren wir unter anderem Fave con Cicorie (Saubohnenmus mit Zichorie). Saulecker!!!
Hier gibt es „Prodotti Tipici“
Fave con Cicorie
Zuletzt fahren wir noch nach Martina Franca. Die Stadt mit den vielen Barock- und Rokokobauten ist das Weinbauzentrum der Murge. Doch als wir einen Parkplatz gefunden haben und losgehen, merke ich, dass ich mir an beiden Fersen Blasen gelaufen habe. Das war´s für heute! Wir sind ohnehin erschöpft von den vielen Eindrücken und langen Spaziergängen durch Puglias Städtchen.
Am nächsten Morgen hat Mariella zwei neue Kuchen gebacken. Dazu frische Brötchen und Biscotti, die noch ganz warm sind. Wann steht die Frau nur auf, um das alles auf den Tisch zu zaubern?
Dann heißt es Abschied nehmen vom Trullo, von Mariella, ihrer netten Tochter und den süßen Hunden, von denen der kleine Browny „molto dolce“ ist.
Abschied von Browny
Doch wir haben noch viel vor!
Auf den Fersen kleben Blasenpflaster und es kann weitergehen mit der nächsten und letzten Sehenswürdigkeit in Apulien:
Man sieht diesem Schloss mit achteckigem Grundriss nicht an, dass es im Auftrag des Stauferkaisers Friedrich II (ein Enkel Barbarossas) von 1240 bis um 1250 errichtet wurde. Es steht dominant auf einer Bergkuppe der Murge mit Ausblick auf Apulien und die Basilikata.
Von hier aus konnte der Kaiser sicher gut seinem liebsten Hobby, der Falkenjagd, frönen. Er hat über dieses Thema sogar ein Buch verfasst!
Auch Castel del Monte ist UNESCO Kulturerbe und beeindruckt besonders durch seine außergewöhnliche Architektur, die anschaulich durch ein Modell des Schlosses dargestellt wird.
Zum Abschluss geht es noch zu einem besonderen Ort in der Basilikata, von dem viele Italiener geradezu schwärmen. Er heißt:
Matera liegt 401 m hoch an den westlichen Hängen der Murgia-Hochebene und ist geprägt durch eine tief eingeschnittene Schlucht, Gravina genannt.
Die wichtigste Attraktion von Matera sind die beiden Sassi. So nennen sich die Stadtteile, die den szenischen Hintergrund für die Filme „La Lupa“ von Lattuada (1953), „Das Matthäusevangelium“ von Pasolini (1964) und „Die Passion Christi“ von Mel Gibson (2003) bildeten.
Der ursprüngliche Kern der Stadt, die mit ihren Sassi seit 1993 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört, liegt auf einem felsigen Sporn mit in den Kalktuff hineingegrabenen Behausungen, während sich die Sassi später in den anschließenden Talsenken entwickelten.
Diese Sassi (Sasso Barisano und Sasso Caveoso) bilden ein ungewöhnliches Miteinander von natürlichen Höhlen, von durch Menschenhand erweiterten Grotten und darüber aus dem einheimischen Kalktuff errichtete verschachtelte kleinere und größere Häuser. Diese Eindrücke von einerseits ursprünglicher Landschaft und Ansiedlungen aus verschiedenen späteren Epochen machen diese Stadt einmalig in der Welt.
Das Flusstal mit den Höhlenwohnungen
Es ist heute wieder sehr heiß und wir haben noch einen weiten Rückweg vor uns, doch trotzdem machen wir einen Rundgang über die Via Madonna delle Virtu zu den beiden Felsenkirchen Chiesa Santa Lucia alle Malve (zwischen dem 9. und 11. Jh. erste Niederlassung der Benediktinerinnen) und Chiesa Madonna de Idris.
In den Höhlenkirchen darf nicht fotografiert werden. Die Bilder stammen aus den Info-Prospekten der Kirchen.
Santa Maria de Idris ist Schutzpatronin des Wassers, aber auch der Pilger, die auf ihrem Weg vielen Gefahren ausgesetzt sind. Mit ihrer Hilfe und gestärkt von einem kräftigen Linsen-Nudelgericht in einer Trattoria geht es dann – viel zu spät – zurück nach Crotone.
Es ist schon stockdunkel, als wir nach 623 gefahrenen Kilometern unseren Lidl-Großeinkauf vor der Anima mea ausladen, wobei auch noch eine Literflasche bestes Peroni-Bier zu Bruch geht. Als Opfer für Neptun sozusagen, der hoffentlich bald damit aufhört, seinen Dreizack aufs Meer zu schlagen. Momentan warten wir nämlich darauf, dass sich der Sturm endlich legt und wir Crotone in Richtung Westen verlassen können.
Dabei müssen wir zunächst über den gefürchteten Golfo di Squillace, wo Neptun ja besonders gern zuschlägt!
Das war ja ein rasanter Ritt durch die wunderbare Landschaft mit den bezaubernden Städtchen und freundlichen Menschen. Danke für den ausführlichen Bericht, der das Reisefieber steigen lässt.
Viele Grüße
Ja, leider war die Zeit sehr knapp. Aber das ist sie ja leider fast immer!
Falls ihr noch nicht dort ward: Da solltet ihr unbedingt mal hin.
Liebe Grüße von der ebenfalls sehenswerten Insel Gozo
Wir waren vor zwei Jahren in der Gegend (gibt auch ein paar Bilder in unserem Blog) und waren sehr angetan von der Landschaft, den Orten und den Menschen. Und da wir zum Ende des Jahres dort waren, waren die Temperaturen erträglich und wir meist die einzigen Touristen. Euch noch eine schöne Zeit rund um Sizilien und passt auf, dass der Zyklop keine Felsen auf Euch schmeißt. Vielleicht ist der immer noch auf den „Niemand“ sauer. Viele Grüße vom Aachensee bei 32°.