Unser letztes Abendessen in Griechenland gestaltet sich kulinarisch „gespalten“. Der Käptn entscheidet sich für Souflaki, ich nehme Spaghetti mit frischen Tomaten und Basilikum. Während wir auf der Terrasse der kleinen Taverne essen, läuft das WM-Fußballspiel England gegen Kroatien.
Wir gönnen dem besten Team den Sieg, doch um uns herum ist alles für Kroatien. Klar, ist halt auch Balkan! Und der „kocht“ bei jedem Angriff und bei jedem Torschuss der Kroaten, die verbissen um den Sieg kämpfen und schließlich gewinnen.
Am nächsten Morgen werfen wir um halb sieben den Motor an. Während die Sonne hinter uns aufgeht, streben wir nach Westen.
Die bizarren Klippen an der Westküste von Othoni
Nachdem wir Othoni mit seiner wilden Westküste hinter uns gelassen haben, sehen wir nur noch blaues Wasser und blauen Himmel. Auf den 49 Seemeilen kreuzen anfangs ein paar Frachtschiffe unseren Weg, ansonsten begegnen uns lediglich zwei Sportboote und – ein gutes Zeichen – drei jagende Delfine.
Das Frühstück ist auf der neuen (alten) Gastflagge angerichtet, die außerhalb der griechischen Hoheitsgewässer feierlich hochgezogen wird, während die griechische Gastflagge ebenso feierlich in der Flaggenkiste versenkt wird.
Gegen 16 Uhr fahren wir unter dem stattlichen, 1864 erbauten, 48,5 m hohen Leuchtfeuer von Santa Maria di Leuca auf dem Kap Punta Meliso vorbei und fahren am Ende der mit Tetrapoden bewehrten Mole in die Marina ein.
Der achteckige, weiße Leuchtturm strahlt so weiß und hell wie die Kalksteinfelsen, die mit ihren Grotten viele Touristen anziehen.
Nach dem Tanken weist uns ein Ormeggiatori – so heißen in Italien die Marineros – in unseren Liegeplatz ein. Dann gehe ich zum Hafenbüro und checke ein.
Zum Leuchtturm hinauf führt eine monumentale Treppe, die unter Mussolini als „Tor nach Italien“ erbaut wurde.
36 Euro incl. Mwst., Wasser und Strom (Duschtoken kosten einen Euro extra) soll die Nacht für uns kosten, allerdings nur bis zum 14. Juli. „Ab 15.7. erhöht sich der Preis auf 48 Euro“, gibt der Angestellte im Büro zu bedenken, während er unaufhörlich mit dem Drucker kämpft. Endlich spuckt dieser die Rechnung aus und ich kann bezahlen. Erst an Bord fällt mir auf, dass uns auch für den 15.07. nur 36 Euro berechnet wurden. Na ja, den seinen gibt´s der Herr im Schlaf!
Oder war es vielleicht Santa Maria, die auch für mich ein kleines Wunder vollbracht hat; denn schließlich wurde mir ihr zu Ehren der Zweitname Maria verpasst.
Jedenfalls hat die Gottesmutter hier in der Vergangenheit einige Fischer aus Seenot gerettet, weshalb man oben neben dem Leuchtturm eine ihr geweihte Wallfahrtskirche erbaute. Seit diesem Wunder stellt der Ort Leuca, der seinen Namen der Sirene Leucasia (Altgriechisch leukos=weiß, hell) verdankt, auch das „Santa Maria“ voran. Außerdem ging hier, das bezeugen Dokumente- der Heilige Petrus auf seiner Reise nach Rom an Land und hielt auf dem Kap eine Predigt, die den Minerva-Tempel dort oben zum Einsturz brachte, was allerdings eher in den Bereich der Legende zu verweisen ist.
Diese von Sagen und Legenden umwobene Stadt liegt am südlichsten Punkt von Apulien zwischen der Straße von Otranto in der Adria und dem Golf von Tarent im Ionischen Meer. Weil für die Römer das Land in Leuca endete, bekam die Kirche der Heiligen Maria auch den Zusatznamen Basilica De Finibus Terrae.
Seit dem frühen 19. Jahrhundert machten hier reiche Apulianer in ihren stolzen Jugendstil-Villen Ferien. Entsprechend der finanziellen Situation des Landes sind einige von ihnen dem Verfall preisgegeben und warten sehnsüchtig auf neue Besitzer. Andere erstrahlen in frischer Pracht und überziehen dieses alte Seebad mit dem Glanz der Vergangenheit.
Ein bisschen kitschig.
Klassisch schön!
Auf der schönen Promenade über dem Meer flanieren wie früher auch heute die lebenslustigen Italiener, die es wie kein anderes Volk am Mittelmeer verstehen, das Leben, den Sommer und die kulinarischen Genüsse jeden Tag in ihrer ansteckenden Art zu feiern, die dieses Land so liebenswert macht.
Sonntagsmarkt auf der Promenade
Hier gibt es die Super-Pizza von Santa Maria di Leuca: Supergroß und Superlecker!
Gerade läuft das WM-Endspiel Frankreich gegen Kroatien. Es steht 1:1 und auch die Italiener um uns herum im Caffe Redentore sind für Kroatien. Das hat jetzt wohl nichts mehr mit „Balkan“ zu tun, sondern eher damit, wie leidenschaftlich die Kroaten kämpfen. Und Leidenschaft ist eindeutig etwas Italienisches!