18.06.2018 – Peleponnes, adieu, ich muss gehn…

Irgendwann ist Schluss mit Sicherheit und Bequemlichkeit! Wir bekommen nämlich wieder das „Kribbeln“ in den Seebeinen ….

Am Montag verabreden wir uns mit Günther und Ilona von der „Anna Gisa“ zu einem gemeinsamen Abschieds-Abendessen in der Marina Kalamata. „Da Francesco“ hat heute leider Ruhetag, aber gleich nebenan gibt es ja noch das „Pasta und Pizza„. Günther und Ilona, die mit ihrem Schiff bereits seit acht Jahren in der Kalamata Marina liegen, sind nicht begeistert, als ich dort bereits am Tisch sitze, um den neuesten Blog einzustellen. Sie haben nämlich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit diesem Restaurant gemacht, doch wo ich schon hier sitze, geben sie dem griechischen Restaurant mit italienischem Namen eine zweite Chance.

Der junge Kellner ist sehr bemüht, spricht aber leider so gut wie kein Englisch. Als es Unklarheiten beim Servieren der Vorspeisen gibt („Haben wir – und wenn – hat wer, was bestellt?) greift die Wirtin sichtlich genervt ein. Resolut wie eine Jugendherbergsmutter setzt sie dem Käptn den „Insalata Caprese“, der sich auftürmt wie ein deftiger griechischer Bauernsalat, vor die Nase. Dann bekomme ich meine „Melanzane“: in Öl ertränkte Auberginen aus dem Backofen. Ilona und Günther dürfen zuschauen, denn ihr bestelltes Seafood und die Pizza werden von der Wirtin zum Hauptgang erklärt.

Doch die Stimmung am Tisch erholt sich wieder.

Nachdem auch der Hauptgang auf dem Tisch steht, werden wir weitgehend ignoriert, auch, als die Teller und Gläser längst leer sind. Schließlich geht Ilona ins Restaurant und bittet um die Rechnung. Getrennt für beide Paare, bitte!

Der Wirt kommt nach geraumer Zeit an den Tisch. Er hat alles auf Griechisch und obendrein sehr unleserlich auf einen Zettel gekritzelt, und wir haben Probleme herauszufinden, was jetzt wer gegessen und getrunken hat.

Als Ilona schließlich ins Restaurant geht und dort um eine Speisekarte bittet, um die Preise auf dem Zettel den Gerichten im „Menu“ zuzuordnen, ist der Wirt offensichtlich beleidigt. Er lässt wieder lange auf sich warten und kassiert endlich bei mir die Gesamtsumme, verweigert aber das Trinkgeld. Dabei habe ich bisher noch kein Wort der Kritik fallen gelassen und bin auch freundlich geblieben. Ich muss sagen: Ein guter Geschäftsmann ist er nicht. Und dafür, dass man hier ein bisschen „Schickimicki“ raushängen lässt, hat er auch keine guten Manieren.

Wir verlassen das Lokal ohne Abschiedsgruß und das übliche „Dankeschön“ der Wirtsleute. Weder uns noch Günther und Ilona werden sie je wiedersehen!

Am nächsten Morgen werden wir früh wach. Die „Seebeine“ kribbeln halt und wir sind richtig erleichtert, als wir schon um sieben Uhr die Marina verlassen.

Es geht 15 Meilen quer über den Messenischen Golf nach Koroni.

Wie Günther es uns empfohlen hat, steuern wir auf das flache Gebäude der Schule zu und werfen den Anker auf etwa sieben Meter Wassertiefe.

Bis zum Nachmittag haben wir die Bucht mit dem Ausblick auf die hübsche Stadt und die venezianische Festung ganz für uns allein. Dann steuern plötzlich auch Joyce und Brian in die Bucht.

Die beiden Engländer lagen in Kalamata mehrere Tage neben uns. Brian entpuppte sich als sehr „zurückgezogen“, während Joyce gerne mit mir plauderte. Sie ist gebürtige Irin, lebt aber schon lange in der Heimat ihres Londoner Ehemanns, allerdings nicht in der Hauptstadt, sondern in der Nähe von Limington, wo wir zu Beginn unserer Reise auch schon einmal waren.

Als sie die Marina ein paar Tage vor uns verlassen, wirft mir Joyce zum Abschied Kußhändchen zu, doch Brian schaut angestrengt in Fahrtrichtung Hafenausfahrt. Nun verkrümeln sie sich in eine andere Ecke der Bucht. Wahrscheinlich hat Brian mal wieder keine Lust auf Smalltalk….

Abend in Koroni: Die venezianische Festung und die Stadt im Lichterglanz

Als wir am nächsten Morgen den Anker bergen, kommt vor uns ein kleiner, kugelrunder Kopf aus dem Wasser. Es ist eine Meeresschildkröte, die uns neugierig beobachtet und nach einem weiteren Auftauchen endgültig im blauen Wasser verschwindet.

Nun geht es bei sehr ruhigem Wetter unter Motor weiter nach Methoni, das bereits an der Süd-Westseite des Peleponnes liegt. Hier werfen wir den Anker im Schutz des Wellenbrechers mit Blick auf die venezianische Festung und den „Bourtzi“ (einem Turm, der von den türkischen Eroberern erbaut wurde).

Auch hier treffen wir „alte Bekannte“ wieder. Es ist die Hallberg-Rassy „Timpe Te„, die in Monemvasia hinter uns an der Mauer festgemacht hatte. In Kalamata entdeckten wir sie wieder, doch ihre Crew war nicht an Bord. Nun hat das Ehepaar aus Rees am Niederrhein Sohn, Tochter und Enkelkind zu Besuch an Bord. Erst am feinen Sandstrand von Methoni sagen wir uns guten Tag und berichten von unseren Erlebnissen seit unserem ersten Treffen.

In Methoni besichtigen wir die große Festungsanlage, die so viele tolle Fotomotive bietet. Besonders der Bourtzi hat es uns angetan.

Die Disteln machen mit ihrer Farbe Himmel und Meer Konkurrenz.

Der Bourtzi

Nicht so begeistert von ihm war sicher der spanische Schriftsteller Cervantes („Don Quixote„), der hier als Gefangener schmachten musste.

Koroni und Methoni mit ihren beiden venezianischen Kastellen wurden früher auch „die Augen der Republik“ genannt, da sie die Schifffahrtsroute um den Peleponnes bewachten.

Schon Homer erwähnte Methoni als „reich an Weinen“ und die Venezianer machten die Weine und Schinken der Region berühmt.

Heute ist Methoni ein guter Ort, um Urlaub zu machen.

Die Straßen des Ortes werden von blühenden Malvenbäumchen gesäumt. Aus dem gelben, feinen Sand am Strand können die Kinder prima Kuchen backen, während sich die Eltern auf einer blauen Liege unter Palmenschirmen hautschonend bräunen. Das Wasser ist klar und schillert in den schönsten Blautönen und auf der Terrasse des kleinen Strandhotels ( www.methonibeachhotel.gr ) kann man bei einem erfrischenden Softdrink auf die sanft schaukelnden Boote in der Bucht hinunterschauen.

Wer findet die Anima mea?

Wenn allerdings die Gewitter über den Balkan bis hinunter nach Methoni ziehen, kann das Schaukeln unangenehm heftig werden. Deren Entwicklung beobachten wir besorgt bis zum Samstag auf unserer App http://blitzortung.org .

Gewitterwolken über Methoni

Dann wagen wir morgens um 8:40 Uhr den Absprung nach Kyparissia, der zunächst einmal Herzklopfen verursacht.

Unser Motor startet nämlich nicht! Grund: Die Starterbatterie hat nicht genug Saft.

Die Versorgerbatterien sind aber dank unserer neu aufgerüsteten Solaranlage prall voll und so gelingt der Start per Überbrückungskabel.

Mit uns verlässt auch ein Charteryacht mit österreichischer Crew die Bucht. Gemeinsam schwanken wir mit gutem Abstand zum Riff um den Bourtzi hinaus aufs Meer, wo uns nur schwacher Wind, aber riesige Wellenberge erwarten. Die in der Ferne tobenden Gewitter haben wohl die See so sehr aufgewühlt, dass der Rumpf der Yacht neben uns immer wieder fast ganz in den Wellen verschwindet.

Laut „Windy„, unsere Wetter-App, sollten die Wellen heute nur 70 cm hoch sein, aber Wind und Wasser sorgen halt immer wieder für Überraschungen. 32 Meilen wollen wir das nicht aushalten, ändern unseren Plan und beenden den Schlingerkurs nach acht Meilen zwischen der kleinen Insel Pylos an Backbord und dem venezianischen Fort der Stadt Pylos an Steuerbord.

Felsentor in der Insel Pylos

Dahinter öffnet sich der berühmte Ormos Navarino, eine große Bucht (3 sm lang und 2 sm breit), in der zwei bedeutende Seeschlachten stattfanden.

425 v. Chr. besiegte hier Athen im zweiten Peleponnesischen Krieg die als unbezwingbar geltenden Spartaner.

1827 besiegte eine Flotte britischer, französischer und russischer Schiffe eine große osmanische Flotte. Es war die letzte große Seeschlacht der Geschichte, die mit Segelschiffen ausgeführt wurde und bahnte Griechenland den Weg zur Selbstständigkeit.

Die Stadt Pylos liegt im Südosten der Navarino-Bucht und besitzt einen Stadthafen und eine Marina. Der Stadthafen unterliegt mehr oder weniger starkem Schwell, weshalb wir die geschützte Marina anlaufen.

Die Plätze entlang der äußeren Pier sind schon alle besetzt und an fast jedem Schiff hat noch ein weiteres festgemacht. Die italienische Yacht direkt hinter der Hafeneinfahrt hat noch keinen Nachbarn und wir fragen, ob wir längsseits festmachen dürfen.

Während des Festmachens prasselt ein ordentlicher Regenschauer auf uns nieder. Schnell verschwinden wir in den Salon, wo der Käptn umgehend in einen Tiefschlaf fällt. Als er wieder wach wird, überspannt ein leuchtender Regenbogen den Himmel.

Regenbogen über Pylos

Auch die Marina in Pylos ist wieder ein trauriges Beispiel für den Zustand vieler Marinas in Griechenland.

Einst wurden hier 180 Liegeplätze inclusive Strom- und Wasseranschlüsse sowie ein Sanitärgebäude im Bereich zwischen der Marina und dem Stadthafen angelegt. Doch heute schauen nur noch Kabelreste aus der Betonpier, an der die meisten Gastlieger festgemacht haben. Wasseranschlüsse gibt es hier schon gar nicht! Da muss man mit dem Kanister zum Sanitärgebäude – natürlich verschlossen – wo sich außen ein Wasserhahn befindet. Auf dem Weg dorthin findet man auch die stinkenden Müllcontainer, deren Deckel wie gewöhnlich offen stehen, so dass sich Katzen und Vögel an den Essensresten bedienen können. Hier wird schon lange kein Hafengeld mehr kassiert und nichts wird instandgehalten. Und kein Mensch kann einem erklären, warum das so ist. Als ich an einem alten Fischer vorbei gehe und auf die Kabelstümpfe deute, zuckt er nur mit den Achseln und macht eine wegwerfende Handbewegung. „Aus und vorbei!“ soll das wohl bedeuten.

Wie die meisten Yachties nutzen auch wir die Gelegenheit und füllen unsere Wasserkanister am verschlossenen Sanitärgebäude. Die netten Italiener, an deren Jeanneau wir festgemacht haben, leihen uns sogar ihr Transportwägelchen, so dass die mühsame Schlepperei entfällt.

Am nächsten Morgen sind wir früh wach. Reisefieber!

Doch schon wieder quellen dicke, graue Wolken am Himmel, aus denen der Donner grollt. Also frühstücken wir erstmal gemütlich und warten ab. Um 9:15 Uhr sieht die Luft rein aus und wir machen einen zweiten Anlauf nach Kyparissia. Die Italiener verabschieden uns herzlich. Sie wollen sich heute die Navarino-Bucht ansehen und erst morgen nach Kyparissia aufbrechen. Dort soll es oft voll sein. „Dann könnt ihr bei uns anlegen!“, versprechen wir und machen uns auf den Weg.

Zuerst kämpfen wir noch mit einer ungemütlichen See, doch je näher wir Kyparissia kommen, je ruhiger wird das Wasser. Um 14:15 Uhr steuern wir in das große Hafenbecken und drehen eine Runde, um nach einer Lücke am Nord-Ostkai zu schauen. Plötzlich entdecke ich direkt vor dem Bug einen Stein!

Während ich einen Warnschrei ausstoße, taucht der Stein ab. Es war nur eine große Schildkröte, die mir den Schrecken eingejagt hat.

Immerhin ist jetzt eine Engländerin aufmerksam auf uns geworden und hilft beim Anlegen an der Mauer hinter einem großen, rostenden Fischerboot. Ein Schild aus „uralten“ Zeiten verbietet das Festmachen an dieser Stelle, weil hier angeblich weitere Fischer ihren Platz haben. Doch später folgt noch eine österreichische Crew, die hier schon mehrmals war. Der Skipper legt direkt vor uns „römisch-katholisch“ an. Da ist endgültig klar, dass uns hier keiner mehr wegjagen wird.

Wieder brauen sich dunkle Gewitterwolken zusammen!

Sie hüllen den Gipfel des Psychrou (1350 m) ein, an dessen Fuß die Stadt Kyparissia liegt.

Gut, dass wir es heute hierher geschafft haben, denn so haben wir vielleicht eine Chance, das erste WM – Spiel der deutschen Nationalmannschaft zu sehen.

Wir versuchen es im Hotel Kyparissia Beach, wo man uns sofort den großen Flachbildschirm im Frühstücksraum neben der Gartenterrasse einschaltet. Bei Mythos, Wein und einem Eisbecher erleben wir gemeinsam mit ein paar emotionslosen Griechen die deutsche Pleite gegen Mexiko.

Am nächsten Tag scheint wieder die Sonne vom blauen Himmel und wir gehen zunächst zum Supermarkt. Der Weg ist steil und es ist fast windstill und sehr heiß. Dann mache ich eine kleine Handwäsche an Bord, denn der Wasserhahn ist hier im Gegensatz zu Pylos nahe bei.

Kaum ist die Wäsche getrocknet, donnert es über dem Psychrou. Dann beginnt es zu regnen. Auf der Gewitter-App leuchtet der Balkan in weiß bis rot, je nach Anzahl der registrierten Blitzeinschläge.

Dunkle Wolken über Kyparissia

Ob wir morgen nach Katakolon können?

Dieser Hafen liegt gut 28 Seemeilen nördlich von Kyparissia und wäre unser Absprunghafen zur Insel Zakynthos und die letzte Gelegenheit, peleponnesischen Boden zu betreten.

Wenn wir es dort überhaupt noch einmal machen, denn dort werden wir voraussichtlich nur eine Nacht ankern. Und das Beiboot soll eigentlich fest verzurrt an Deck liegen bleiben, bevor wir der liebgewonnenen griechischen Hand „Adieu“ sagen.

 

 

 

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