Hinter der Pistazienplantage liegt die Werft
Auf dem Werftgelände summt und brummt es inzwischen wie in einem Bienenstock. Immer mehr Eigner kommen aus der Heimat zurück, werkeln an ihren Schiffen und machen sie klar für das Kranen.
Auch FRANZ aus Niederbayern ist wieder da. Er hat seinen Sohn mitgebracht, der ihm bei der Arbeit hilft und ihn auf seinem ersten Törn zu den Kykladen begleiten wird. Wim aus der Containerwerkstatt hat im Winter einige Arbeiten an seinem Schiff erledigt und so freut es uns zu hören, dass er sehr zufrieden mit dem holländischen Allrounder ist.
Franz erzählt uns auch, dass bei seiner Ankunft in Piräus die Fähren wegen Streiks nicht fuhren. Nach einem Anruf bei KANONIS organisierte dieser ein Wassertaxi. Auch den Mietwagen bestellte Jordan Kanonis für 25 Euro pro Tag, während wir – wie bereits im Vorjahr – 30 Euro am Tag berappen müssen.
Als wir gestern unseren Mietwagenvertrag verlängern wollen, nehme ich mir vor, den Preis neu zu verhandeln.
Noch vor unserem letzten Frühstück im Hotel treffen wir uns mit Herrn SPARRIS am Pool. Er freut sich, dass wir verlängern wollen und wir kommen ins Gespräch. Beim Thema Unfälle erfahren wir von dem Inhaber der Mietwagenfirma eine traurige Geschichte.
Jahrelang machte er als begeisterter Motorradfahrer Touren durch die ganze Welt. Nie hatte er einen Unfall. Dann passierte es vor zwei Jahren!
Es war ein ungewöhnlich heißer Novembertag auf Aegina. Herr Sparris war mit seiner Frau auf dem Motorrad unterwegs. Weil ihn die Sonne so sehr blendete, hielt er an, um seine Sonnenbrille aufzusetzen. Plötzlich ein Knall und er und seine Frau flogen durch die Luft, landeten viele Meter weiter auf dem Asphalt. Frau Sparris, nach Herrn Sparris Worten „wie eine Katze mit sieben Leben“ hatte „nur“ eine Schulterverletzung, er selbst jedoch erlitt am ganzen Körper schwerste Brüche und Wunden. Allein im linken Bein erinnern 23 Schrauben an die komplizierten Knochenbrüche. Die Narben rund um das linke Auge zeugen bis heute von der schweren Gesichtsverletzung, bei der das Auge erblindete. Viele Operationen waren nötig und mussten überwiegend privat bezahlt werden. Schließlich beliefen sich die Behandlungskosten auf 37 000 Euro!
Da der Unfallverursacher nicht versichert war, musste Herr Sparris in Vorleistung treten. Vor kurzem erhielt er schlappe 8 000 Euro vom schuldig gesprochenen Unfallgegner, der zu allem Unglück kein Vermögen besitzt und nun seine Schulden Monat für Monat abstottern soll (wenn er kann).
„Aber Hauptsache, meine Frau und ich leben,“ erklärt Herr Sparris lächelnd am Ende seiner Geschichte. Ich muss wirklich schlucken, als ich das alles höre und verzichte darauf, den Mietpreis um läppische 25 Euro runterzuhandeln.
Nach dem Frühstück verabschieden wir uns vom Hotelinhaber und seinen fleißigen Helferinnen am Tresen und in der Küche. Jeden Wunsch haben sie uns von den Augen abgelesen und so manchen Drink spendiert, wenn wir abends vom Schiff zurückkehrten. Als wir einmal zu müde waren, um noch mal hinunter in die Stadt zum Essen zu gehen, brutzelten sie extra für uns „ein paar Kleinigkeiten“ zum Abendbrot! So viel griechische Gastfreundschaft muss natürlich mit einem ordentlichen Trinkgeld belohnt werden, was für die „Küchenfee“ am Frühstücksbüfett offensichtlich nicht selbstverständlich ist und mir eine herzliche Umarmung beschert.
Das Frühstück im Wintergarten mit dem traumhaften Blick auf den Apollotempel wird uns ein bisschen fehlen.
Auf dem Werftgelände treffe ich MAGDA wieder. Sie ist Italienerin, neun Jahre jünger als ich und lebt seit 18 Jahren mit ihrem Mann auf einem Boot (kleiner als unseres) in Griechenland. Frustriert erzählen sie uns, wie sie damals alles verkauft haben und Bella Italia den Rücken kehrten. Magdas Mann hatte bis dahin gutes Geld als Musiker verdient, tourte durch ganz Europa (auch in Hamburg trommelte er in einer Band), aber der Staat schröpfte ihn bis zum Geht-nicht-mehr. Was inzwischen aus Italien geworden ist, findet Magda zum Heulen. Nun pendeln sie nur noch zwischen Griechenland und Thailand hin und her, wo der Drummer im europäischen Winter bei Studioaufnahmen regelmäßig seine Rente aufbessert. Was wird wohl aus ihnen, wenn sie zu alt und/oder zu krank für diesen Lebensstil werden? – Ich wage nicht, Magda danach zu fragen.
Nun ist es leider vorbei mit der Bequemlichkeit, die uns das Hotelzimmer geboten hat. Zwar haben wir auf dem Boot alles was wir brauchen, doch die Toilette können wir natürlich nicht benutzen, so lange wir an Land stehen. Leider ist jetzt auch noch eine der beiden Werfttoiletten (mit integrierter Dusche) gesperrt, was morgens ganz schön problematisch sein kann, wenn man dort Schlange stehen muss.
Warm kochen wäre auch schon eine schweißtreibende Angelegenheit. Nachts oder bei Nordwind ist es zwar kühl, bei Windstille wie heute steigen die Temperaturen im Salon bereits auf 29°C. Wie soll das erst im Sommer werden? – Ist aber ein guter Grund, sich abends in der Taverne verwöhnen zu lassen. Besonders, wenn diese Taverne KAVOURINA (deutsch: Krabbe) heißt.
Sie nennt sich zwar „Fisch Taverne“, hat aber auch Fleischgerichte und fleischlose Kost auf der Speisekarte.
Ich kann nur sagen: Wanderer, kommst du nach Aegina, dann gehe zu ANDREAS LEVENTOPOULOS und seiner deutschen Frau aus Darmstadt.
Lass dich verwöhnen von der ausgezeichneten Köchin, die dort bereits seit 18 Jahren am Herd steht und nicht nur griechischen Bauernsalat und Tzatziki gut kann, sondern gefüllte Auberginen, gebackenen Feta, Spinatpastete und gefüllte Paprika und Tomate so einmalig delikat zubereitet, wie wir es auf unserer gesamten Griechenlandreise noch nicht erlebt haben.
Wer möchte, kann auch frisch gefangenen Fisch beim Wirt oder seinem Sohn bestellen, denn Andreas kommt aus einer alten Fischerfamilie und besitzt zwei Boote: Ein kleines für ufernahes Fischen und ein großes für die offene See. Wenn er abends seine Taverne geschlossen hat, geht er nachts noch für ein paar Stunden auf Fischfang.
Wenn wir zum wiederholten Male anrücken, setzt Andreas sein typisch verschmitztes Lächeln auf, legt die Papierdecke mit Aegina-Landkarte über die karierte Stofftischdecke und holt die Speisekarte. Nicht alles, was darauf steht, ist immer zu haben. Aber es ist stets alles frisch und aus regionalen Zutaten hergestellt. Und wenn es heute keine Okra gibt, dann gibt es die halt morgen….
Als mir der Auberginensalat so gut geschmeckt hat, dass ich wünschte, ich hätte das Rezept, legt mir Andreas postwendend den handgeschriebenen Zettel seiner Frau auf den Tisch.
Ob ich das so gut hinkriege wie die Köchin in der Taverne?
Nach zwei Vorspeisen mit Brot, zwei Hauptganggerichten, einem Viertelliter Weißwein und einem halben Liter „Mythos“ sind wir dann satt und zufrieden, das Portiönchen Halvas vom Haus passt aber noch rein und auf der Rechnung stehen so um die 30 Euro. „Bis morgen!“ – „Bis morgen!“ sagt Andreas und lächelt verschmitzt.
Verhungern werden wir also nicht während unserer Wartezeit in der Werft. Unsere Rollfockanlage muss ja leider wieder in Gang gesetzt werden, was WIM hoffentlich schaffen wird.
Wie verabredet steht er am heute um zehn Uhr mit seinem Sohn und einem weiteren Helfer auf der Matte. Er lässt sich in seinem Heißgeschirr höchstpersönlich in den Masttopp hiefen, löst dort oben das Vorstag der Rollfock und der ganze Kram wird vorsichtig heruntergeholt.
Wims Helfer
Wim im Heißgeschirr
Wim im Mast
Das Vorstag ist unten
Nun heißt es erstmal warten, bis Wim zwischen seinen Arbeiten auf den verschiedenen Schiffsbaustellen wieder Zeit für uns hat.
Moin Ihr beiden,
na dann mal viel Spaß in Griechenland. Wir wünschen Euch eine schöne Segelsaison.
Ich habe am Wochenende Rolf in der Bootshalle getroffen. Er war, wie immer, fleißig bei der Arbeit.
Wir liegen ab diesem Sommer in Strande.
Liebe Grüße aus Kiel,
Anna, Dirk, Pelle und ?
Vielen Dank für die guten Wünsche. Euch auch eine schöne Segelsaison.
Alles Gute für euch drei und Fragezeichen 👍
Dann kann es ja bald losgehen…wünsche euch eine schöne Fahrt mit nur positiven Überraschungen und freue mich über viele tolle Berichte. Lieber Gruss vom Daheim gebliebenen Jürgen aus Hamburg
Am Mittwoch geht die Animation mea wieder zu Wasser. Dann nehmen wir dich zumindest virtuell mit auf die Reise. Deine gute alte Jeans solltest du aber gegen die abgeschnittene Hose tauschen. Es ist hier nämlich schon affig heiß 😥
Liebe Grüße aus der Werft in 🇬🇷ins geliebte Hamburg