Das Herbstlaub der Ahornbäume und Platanen setzt hellgelbe Tupfer in die sattgrünen Berghänge. Auf den Obstterrassen stehen Apfelbäume mit prallen roten und gelben Früchten Spalier. Blaue Reben leuchten im Weinlaub unter der Pergola. An den Olivenbäumen biegen sich die Äste: Auf jedes Blatt kommt mindestens eine Frucht. Und ein Heer von kleinen grünen Igeln sitzt in den Kronen der mächtigen Esskastanienbäume und sonnt sich im goldenen Licht. Es ist Herbst im Pilion!
Esskastanien
Wir sind gut 300 km nördlich von Athen und haben die Hafenstadt Volos am Pagasitikos Golf erreicht. Nun winden wir uns mit unserem Mietwagen durch die enge, kurvenreiche Straße hinauf in das waldreiche Piliongebirge. Vom silberglänzenden, dampfenden Meer umgeben erhebt es sich auf einer schmalen Halbinsel. Hier ist die Heimat der Zentauren.
Trotz Herbst zeigt das Außenthermometer unseres Wagens im Tal noch 37 Grad, auf dem 1616 m hohen Gipfel des Mount Pilion ist es nicht viel weniger. Das ändert sich ab November, wenn es zu schneien beginnt und im Wintersportzentrum Chania die Skisaison eingeläutet wird.
Jetzt ist aber erst einmal Erntezeit im Pilion. Überall stehen bunte Bienenkästen. Es summt und brummt in den rosa Erikabüschen und am Straßenrand stehen Verkaufsstände, an denen die Imker Heideblüten-, Kastanien- und Orangenhonig anbieten.
Auch die Obstbauern packen schon fleißig ihre Äpfel und Birnen in bunte Plastikkisten und die Bäuerinnen warten mit selbstgemachten Marmeladen und frischem Obst am Straßenrand auf Kundschaft.
Von der Sonne verwöhnt
Wir kommen mal wieder nicht weiter, weil eine Straße im Pilion wegen einer Geröll-Lawine gesperrt ist. Also frage ich an einem der Stände nach dem Weg und kaufe gleich drei Gläser Heideblütenhonig zum Spottpreis von je drei Euro.
Dann müssen wir den gleichen Weg zurück! So kommen wir wieder hinunter an den von Strand Agios Ioannis, wo die dicken Kieselscheine durch das glasklare Wasser schimmern. Nur noch wenige Urlauber liegen am Strand oder nehmen ein erfrischendes Bad. Die Hauptsaison ist eindeutig vorbei und die Athener, die hier gerne Urlaub machen, müssen wieder arbeiten.
Die Sonne blinzelt durch das schüttere Blätterdach der mächtigen Nuss- und Kastanienbäume, blendet uns, wenn es durch eine Rechtskurve bergauf geht.
Wasser ist allgegenwärtig. Es sprudelt aus unzähligen Quellen und Brunnen und läuft durch die Rinnen am Wegesrand zu den Obstterrassen und Gärten.
Weiter oben dünnt sich der Wald aus. Nun schweift der Blick wieder ungehindert über das endlose Meer und die weißen Häuser der Industrie- und Hafenstadt Volos, die sich aus dieser Perspektive von einem hässlichen Entlein in einen wunderschönen Schwan verwandelt.
Blick auf Volos
Wir können uns nicht sattsehen an der Schönheit dieser Landschaft! Da macht es gar nichts, eine Straße auch zweimal hintereinander hoch und runter fahren zu müssen.
Irgendwann erreichen wir unseren Zielort Portaria. In dem schmucken Bergdorf suchen wir nach unserem Hotel. Ich habe das Designhotel Despotiko bei http://www.booking.com für die erste Übernachtung unserer fünftägigen Tour durchs zentrale Griechenland ausgewählt und damit einen Volltreffer gelandet.
An der Rezeption des stilvoll eingerichteten, alten Herrenhauses empfängt mich Tilemechos Veitsis. Er überrascht mich mit einem „Upgrade“ und führt uns in eine komfortable, gemütliche Familiensuite mit Empore, Kamin und einem großzügigen, edlen Bad.
Ein flackerndes Feuer wollen wir bei diesen Temperaturen natürlich nicht entzünden! Stattdessen öffnen wir gleich das Fenster und genießen den herrlichen Blick hinunter ins Tal, wo allmählich die Lichter der Stadt Volos zu funkeln beginnen.
Volos am Abend
Es ist schon dunkel, als wir durch die steilen Kopfsteinpflaster-Gassen zum Ortszentrum hinaufwandern. Wir treffen keine Menschenseele und hören nur das Plätschern der Quelle, die aus einer Mauer sprudelt. Auf dem Platz hinter der Kirche fallen die Blätter der Kastanienbäume mit einem leisen Rascheln zu Boden, können uns aber auch nicht helfen, den Weg zum empfohlenen Restaurant Kritsa zu finden.
Wir nehmen zunächst den falschen Weg und fragen ein älteres Ehepaar, das in der ansonsten menschenleeren Straße vor der Haustür sitzt. Sie können kein Englisch, wir kein Griechisch, aber irgendwie verstehen wir, dass wir zum Kirchplatz zurückmüssen.
Dort führt ein junges griechisches Pärchen gerade seinen Deutschen Schäferhund Gassi. Von ihnen erfahren wir, wo es langgeht und finden nach kurzer Zeit ins Dorfzentrum, wo die Ladenbesitzer in ihren kleinen Geschäften auf die spärliche Kundschaft der Nachsaison warten.
Im Hotel-Restaurant Kritsa sind auf der Terrasse unter den mächtigen Bäumen allerdings fast alle Tische besetzt, doch der Wirt findet noch ein Plätzchen für uns.
Wie immer, bestellen wir typisch griechisches Essen. Während ich mich an den vegetarischen Produkten labe, hat sich der Käptn heute für „Schweinshaxe aus dem Tontopf“ entschieden. Der Duft der Fleischspeise lockt die armen, herrenlosen Hunde an, die niemanden haben, der sie abends Gassi führt. Gleich drei der tischhohen Genossen stehen mit treuem Blick um uns herum und schauen traurig zu, wie die Haxenstücke im Mund des Käptns verschwinden.
Plötzlich taucht ein wuscheliger, getigerter Kater auf! Ich befürchte schon das Schlimmste, doch keiner der Hunde tut ihm etwas! Der Kater schreitet stolz und selbstbewusst zwischen den Hunderiesen hindurch und legt sich zu unseren Füßen unter den Tisch. Sein Blick aus großen Kulleraugen ist so steinerweichend, dass ich den Käptn um ein Stückchen Fleisch anbettele.
Der süßeste Kater von Portaria
Der hat schon längst Mitleid mit den Hunden bekommen, schneidet sich die besten Bissen von der Haxe und verteilt den Rest inklusive Knochen an unseren Zoo.
Irgendwann verstehen die Hunde, dass bei uns nichts mehr zu holen ist und verschwinden in der Dunkelheit. Der Kater kuschelt noch ein bisschen zwischen unseren Füßen herum, und als der Wirt zum Nachtisch einen Teller mit zuckersüßen Trauben spendiert, marschiert auch er mit hoch erhobenem Schwanz davon.
Trotz unserer Spende sind wir rundum satt geworden. Wir wandern durch das stille Dorf zurück zum Hotel und versinken in den weißen Kissen unserer Luxusherberge.
Am nächsten Morgen frühstücken wir am Pool. Das Büfett bietet alles, was das Herz begehrt. Schade, dass wir schon abreisen müssen. Aber vielleicht steht ja im nächsten Hotel sogar die Götterspeise „Ambrosia“ auf dem Frühstückstisch?
Erwartungsvoll machen wir uns auf den Weg zum Olymp. Dort, wo Zeus und Co ihren Wohnsitz haben, werden wir im Auftrag unserer Enkel überprüfen, was aus den prächtigen Häusern der Götter geworden ist..
Auch der Lorbeer trägt jetzt Früchte