24.06.2017- Griechisches Weinen

Es stürmt heftig in Crotone. Eine ganze Woche bleiben wir hier, bis sich Wind und Wellen beruhigt haben. Dafür gibt es auch noch einen Preisnachlass beim Hafengeld. Obwohl 30 Euro pro Nacht veranschlagt waren, muss ich am Ende für sieben Nächte nur 185 Euro bezahlen. „Aggressive Ormeggiatori“, von denen in Rod Heikells Küstenhandbuch Italien die Rede ist, haben wir überhaupt nicht angetroffen. Im Gegenteil: Hier waren alle besonders freundlich und entgegenkommend. Nach Vorlage eines Clubausweises – in unserem Falle Club der Kreuzer Abteilung – wurde uns sogar die Mehrwertsteuer erlassen!

Den letzten Abend verbringen wir mit den Crews der WOKINI (Cornel und Evelyne aus der Schweiz) und der TOSCAD´EAU (KLaus und Moni aus Bremen) bei „Zio Emilio“ in der Via M. Nicoletta. Mit „Specialita Tipiche Crotonesi Carne & Pesce“ (Typische Fleisch- und Fischspezialitäten aus Crotone) wirbt dieses Restaurant mitten in der Stadt für sein schmackhaftes Essen. Es gibt keine Speisekarte, sondern das, was gerade in der Küche vorhanden ist.

In unserem Falle kommen gegrillter Kalbsbraten, Spaghetti mit Meeresfrüchten und Nudeln mit Gemüse auf den Tisch. Den Durst löscht unsere fröhliche Runde mit jeder Menge Wasser, Bier und Vino della Casa. Am Ende sind wir alle pappsatt und bezahlen für uns sechs 75 Euro. Da kann man wirklich nicht meckern.

Auf dem Heimweg durch die Gassen von Crotone: vorne stehen Moni (links) und Evelyne (rechts), rechts außen der Käptn, links Cornel und hinten in der Mitte Klaus

Am nächsten Tag ist Kalendarischer Sommeranfang. Wir sind die ersten von uns drei Crews, die Crotone verlassen. Um fünf Uhr wird es nach der kürzesten Nacht des Jahres langsam hell und wir können „mit Sicht“ ablegen. Draußen auf dem Meer begrüßt uns die Sommersonne, die bei ihrem Aufgang ein farbenprächtiges Schauspiel inszeniert.

Sommeranfangs-Sonne

Die folgenden 71,3 Seemeilen über den Golfo di Taranto verlaufen ereignislos und eher langweilig. Mangels Wind müssen wir die gesamte Strecke motoren. Kein Land, kein Delfin, nur Wasser, soweit das Auge reicht. Und heiß ist es, dass der Schweiß aus allen Poren tropft!

Wir sind froh, als wir um 18:30 Uhr endlich die Marina in Santa Maria di Leuca erreichen. Ich melde uns über Funk an und bekomme auch eine Antwort. Doch ich kann nur unseren Schiffsnamen verstehen, der „geknödelte“ Rest, der Englisch sein soll, bleibt trotz Wiederholung unverständlich.

Wir fahren jedenfalls erstmal in den Hafen und suchen die Tankstelle. Auch unser Volvo hat während der Golfüberquerung ordentlich Flüssigkeit geschluckt und braucht dringend Nachschub.

Auf dem Hafenplan ist die Tankstelle ganz am Ende des Hafens eingezeichnet. Doch dort ist sie nicht. Wir rufen einem Mann, der an Land sein Unterwasserschiff streicht zu, wo die Fuel Station ist und er zeigt zum Hafeneingang. Dort finden wir sie dann auch direkt neben dem Molenkopf an Backbord (in den Hafen einlaufend).

Doch der Weg ist zunächst versperrt. Ein großes französisches Holzschiff rangiert gerade schwerfällig vor der Tanke und legt dann mit dem Heck dort an. Als wir uns nähern, macht der Tankwart wilde Abwehrbewegungen, während ein Besatzungsmitglied der Franzosen uns auf Deutsch „Bitte zehn Minuten warten!“ zuruft.

Also kreisen wir durch das Hafenbecken und entschließen uns während unserer Hafenrundfahrt, die Nacht vor Anker vor dem Hafen zu verbringen.

47 Liter fließen in den Tank. Dazu füllen wir noch einen Reservekanister voll. Dann fahren wir zum Ankerplatz, wo schon eine Menge Yachten in der Sonne braten.

Der Ankergrund – man kann es durch das glasklare Wasser sehen – besteht aus Sand und vielen dicken Steinen. Wir müssen mehrere Manöver fahren, bis der Anker endlich um 20:15 Uhr hinter einem dicken Stein im Sand Halt findet. Der längste Tag des Jahres geht nun auch endlich für uns zu Ende. Trotz reichlich Schwell schlafen wir tief und fest, als sich die Luft endlich etwas abgekühlt hat.

Am nächsten Morgen sind zwei neue Ankerlieger dazugekommen. Vor uns entdecken wir die TOSCAD´EAU, hinter uns die WOKINI. Sie müssen spät in der Nacht eingetrudelt sein und die Crews schlafen wohl noch. Also werden wir sie heute nicht mehr sehen, denn sie wollen beide an der italienischen Adriaküste hoch. Doch die Welt ist klein und man trifft sich mindestens zweimal!

Gute Reise Evelyne und Cornel und eine schöne „Sommerpause“ in der Schweiz.

Die WOKINI vor Anker in Santa Maria di Leuca

Und ebenfalls gute Reise Moni und Klaus auf eurem Weg in kroatische Gewässer!

Am Hafen von Santa Maria di Leuca ließ einst Mussolini eine gewaltige Steintreppe bauen und nannte sie „Tor nach Italien„. Für uns ist hier aber eher das Tor nach Griechenland!

Leuchtturm Santa Maria di Leuca

Um sieben Uhr gehen wir „Anker auf“ und steuern mit Ostkurs fast 50 Seemeilen über die Straße von Otranto mit dem Ziel Insel Errikousa nördlich von Korfu.

Während wir ab zehn Uhr endlich segeln können, macht Heinz unsere Windfahnensteuerung klar. Wie von Geisterhand steuert unser „Jago“ die Anima mea durch die Wellen.

Unser Jago steuert 

Da habe ich beide Hände frei, um den Flaggenwechsel aus nächster Nähe zu fotografieren.

Gastflaggenwechsel

Nach knapp 14 Seemeilen bzw. nach drei Stunden ist Schluss mit der Faulenzerei. Der Wind verabschiedet sich und wieder muss der Motor angeschmissen werden.

Um 16 Uhr liegt unsere erste griechische Insel querab. Hier fegt der Wind mit Böen bis fünf Bft. die Steilküste herunter und wir können wieder Segel setzen. So rauschen wir an Othonoi vorbei Richtung Errikousa, das bessere Ankerbedingungen bieten soll. Im Hintergrund erheben sich die Berge Albaniens. In der Hitze hat sie ein dicker Dunstschleier fast unsichtbar gemacht.

Othonoi

Bis zum Ankerplatz der Insel Errikousa hält der Wind nicht durch. Wieder muss unser „Oscar“ gestartet werden. Den Hafen von Errikousa dürfen wir nicht anlaufen, denn er ist kein „Port of Entry„. Aber ankern neben dem Hafen ist erlaubt. Im Sandgrund vor dem idyllischen Ufer sitzt der Anker auf Anhieb. Dann springt der Käptn gleich ins glasklare Wasser. Brrr! Ganz schön kühl, aber nach kurzer Zeit herrlich erfrischend.

Errikousa

Der kleine Tintenfisch hätte auch besser in seinem Element bleiben sollen. Seine Reise als blinder Passagier ist ihm nicht gut bekommen. Während mich seine traurigen Augen anstarren, kratze ich seinen Glibberkörper vom Deck und mache eine Seebestattung.

Tintenfische gehören ins Wasser

Mit sizilianischem Wein stoßen wir auf unsere Ankunft in Griechenland an. Die untergehende Sonne verzaubert den Himmel und das Wasser mit ihrem feurigen Farbenspiel. Die Nacht senkt sich über die grüne, kleine Insel und es wird ganz still.

Wir schlafen wunderbar während unserer ersten Nacht in Griechenland, obwohl ich einmal wach werde und gleich mal draußen nach dem Rechten schaue. Aber kein Lüftchen weht und die Ankerlichter der Ankerlieger schaukeln nur sachte im Masttop.

Am nächsten Morgen wollen wir gleich nach Korfu weiter. Während der 28 Seemeilen dorthin ist genug Zeit zum Waschen, Anziehen und Frühstücken.

Der Käptn dreht den Schalter der Starterbatterie. Nanu? War der aus oder nicht?

Er war nicht aus! Und ich habe es „verbrochen“. Er muss aber immer ausgeschaltet werden, damit sich unsere schwächelnde Starterbatterie nicht entläd.

Mit angehaltenem Atem drückt der Käptn den Motorstartknopf. Es rattert ganz kurz, doch das reicht nicht zum Start. Und das vor Anker, bei Windstille in einem neuen Land vor einer kleinen Insel, wo uns wahrscheinlich keiner helfen kann. Wut über mich selbst und Verzweiflung über die Situation überwältigen mich und ich heule los.

Aber es gibt einen Trick, wie man den Motor starten kann, ohne den Anlasser zu betätigen. Das probiert der Käptn jetzt. Doch auch jetzt wieder: Es rattert kurz, dann ist Totenstille.

Ich heule jetzt im Bad weiter, damit sich der Käptn konzentrieren kann und vielleicht eine andere Lösung findet.

Und er findet sie! Er kramt das Überbrückungskabel aus der Backskiste („Was? So was haben wir auch?“) und verbindet die Starterbatterie mit der vollsten der beiden Versorgungsbatterien, während unsere Solarpanele – der ewig scheinenden Sonne sei Dank – die Batterien langsam aufladen. Dann halten wir wieder die Luft (und die Tränen) an und der Startknopf wird gedrückt. Rattata, rattata…..Was für ein wunderbares Geräusch durchbricht die morgendliche Stille! Im Nachthemd stehe ich an der Pinne, der Käptn zieht den Anker hoch und nix wie weg!

Die kahlen Albanischen Berge haben ihr Dunstkleid abgelegt und das grüne Korfu – es heißt auch Kerkyra – kommt immer näher. Als wir durch die Meerenge zwischen Griechenland und Albanien fahren, ist die albanische Küste weniger als eine Seemeile entfernt.

Wir passieren wunderschöne Ankerbuchten und erreichen schließlich die Marina Gouvia kurz vor Korfu Stadt. Die Marina gehört der K & G Med. Marinas Gesellschaft, die auch die Zea-Marina in Piraeus und eine Marina auf Lefkas betreibt.

Traumhafte Ankerbuchten

Die „Edel-Marina“ ist voll in deutscher und englischer Hand. Ein Swimmingpool, ein Cricket Feld, Shops, Restaurants und Bars sowie ein kleiner (teurer) Supermarkt mit touristischen „Spezialitäten“ wie deutscher Bockwurst, Schwarzbrot und Kühne-Fassgurken lassen den ausländischen Segler nichts vermissen.

Was uns aber vor allen Dingen hierher treibt, ist die „Port Authority“. Wir müssen uns nämlich polizeilich anmelden und eine Gebühr bezahlen. Diese beträgt (neuerdings, den griechischen „Miesen“ geschuldet) 50 Euro für das sogenannte D.E.K.P.A.. Es ist ein Traffic Document in Heftform, das für ein Jahr gilt und auf Verlangen der Hafenpolizei vorgelegt werden muss. Wenn man es vor Ablauf des Ausstellungsdatums verlängern lässt, kostet es nichts. Sollten wir vor dem 24.06.2018 nicht daran denken, wird die Gebühr erneut fällig.

Um dieses Dokument zu bekommen, müssen wir den Pass des Eigners, den Versicherungsnachweis und das Flaggenzertifikat vorlegen. Eine Crewliste wird nicht verlangt, obwohl das im Küstenhandbuch Griechische Küsten, Rod & Lucinda Heikell steht.

Dann werden nochmals 15 Euro „für den Staat“ als Einreisegebühr fällig. Übrigens alles in cash! Und der freundliche Polizeibeamte und seine Kollegin entlassen uns per Handschlag.

Morgen müssen wir noch zweimal 49,60 Euro Hafengebühr bezahlen, dann können wir die kostenlosen Ankerplätze oder billigen Häfen Griechenlands anlaufen.

Eine passende Starterbatterie war beim hiesigen Schiffshändler leider nicht aufzutreiben. Also immer schön den Schalter umlegen! (Habe mir aber schon ein „Merkzettelchen“ drunter geklebt, damit es statt Tränen nur noch griechischen Wein gibt!).

 

 

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