Im vorletzten Blog habe ich geschrieben, dass es unmöglich ist, Rom an einem Wochenende „abzuhaken“. Es sei denn, man nimmt sich nur die Vatikanischen Museen vor!
Dort waren wir am vergangenen Freitag. Schon auf dem Weg von der Metro zu den Museen versuchten uns die „Mitschnacker“ auszubremsen, die überall auf den Gehwegen stehen und Tickets für dieses und jenes verkaufen wollen. Um halb zwölf Uhr mittags reihten wir uns dann in der Besucherschlange ein, die sich unterhalb der mächtigen Vatikanstaatmauer aufgebaut hatte. Durch einen Mauervorsprung konnten wir das Ende der Schlange nicht absehen. Und schon kamen neue „Mitschnacker“! Ihr Versprechen: Karten ohne Wartezeit. „Nur“ 33 Euro pro Person! Alternative: 1 1/2 Stunden Schlange stehen…
Aber schon machte die Schlange einen ordentlichen Ruck nach vorne. Ich fragte, was denn die Karten mit Wartezeit kosten. Antwort des „Mitschnackers“: „20 Euro!“ – „Nein danke, dann wir warten lieber!“ sagte ich und im gleichen Moment machte die Schlange den zweiten Ruck nach vorne. Nun konnten wir schon um die Ecke des Mauervorsprungs schauen und hatten bisher gerade mal eine Viertelstunde gewartet, während neben uns in der „Überholspur“ hoch erhobenen Hauptes die Besucher mit ihren teuren Tickets vorbeizogen. Nach einer weiteren Viertelstunde standen auch wir am Ticketschalter und bezahlten 16 Euro Eintritt pro Person. Also hatte der „Mitschnacker“ nicht nur bei der angeblichen Wartezeit, sondern auch noch beim regulären Eintrittspreis geschummelt.
Sehr zufrieden, so viel Geld gespart zu haben, betraten wir eine der größten kunsthistorischen Sammlungen der Welt. Sechs Stunden hatten wir jetzt Zeit für 15 einzelne Museen und rund 30 Sammlungen, die sich über eine Strecke von sieben Kilometern aneinanderreihen. Klar, dass wir nicht alles schaffen konnten! Ein ganzes Wochenende hätte spielend gefüllt werden können mit ägyptischen Mumien, etruskischen Bronzen, griechischen und römischen Skulpturen sowie Gemälden der Neuzeit und einer Pinakothek.
Fruchtbarkeitsgott
Nachdem wir uns schon in den ersten Museen viel zu lange aufgehalten hatten, gelangten wir zum Museo Pio-Clementino. Es wurde 1771 von Papst Clemens XIV. gegründet und von Pius VI. bis 1793 fortgesetzt. Es umfasst 12 Räume, z.B. den Sala a croce greca, dessen Grundriss einem griechischen Kreuz entspricht. Für uns besonders beeindruckend: Die sich gegenüberstehenden Porphyr-Sarkophage der Mutter und der Tochter von Kaiser Konstantin dem Großen.
Sarg der Helena, Mutter von Konstantin dem Großen
Viel zu entdecken gab es auch in dem kuriosen Sala degli Animali. In diesem Saal der Tiere stehen ausschließlich Skulpturen des Bildhauers Francesco Franzoni (1734-1818).
Das gibt´s doch gar nicht: Hund melkt Kuh.
Dann folgte die Galleria dei Candelabri. Die verschiedenen, marmornen Kandelaber-Paare aus der römischen Kaiserzeit gliedern diesen Saal in sechs Abteilungen mit Skulpturen.
Mein Navigator-Herz ging auf, als ich in der Vatikanischen Bibliothek die Galleria delle carte geografiche (Galerie der Landkarten) betrat!
Es handelt sich um eine 120 m lange, strahlende Prunkhalle mit einer unglaublich schönen Decke und großen topografischen Fresken italienischer Landschaften an den Wänden.
Unter der Leitung von Girolamo Muziano gestalteten Maler und Stuckateure bis 1590 die Deckenmalereien und Ornamente der Prunkhalle
Die Karten wurden 1580-1583 von Antonio Panti entworfen.
Das Ausmalen der Karten erfolgte durch Giorgio Vasari und Federico Zuccai
Ich habe mich vor vielen Jahren längere Zeit mit dem Bilderweben beschäftigt und weiß daher, wie mühsam es ist, ein solches Werk anzufertigen. Unglaublich, was die flämischen Webkünstler in der folgenden Galleria degli Arazzi mit den Gobelins aus dem 15. und 16. Jahrhundert an die Wände gezaubert haben!
Katzenköpfchen am Strumpf
Hauptanziehungspunkt innerhalb der Vatikanischen Museen sind jedoch für alle Besucher die Stanzen (stanza=Zimmer), Sale (Säle) und Kapellen im Papstpalast. Ab 1508 hatte Papst Julius II. die berühmten Fresken für seine privaten Gemächer in Auftrag gegeben. Diese wurden von Raffael Santi und seinen Mitarbeitern unter Papst Leo X. (1513-1521) bis zum Jahre 1524 ausgeführt.
Stanza della Segnatura: In der „Schule von Athen“ wird die Wiege der europäischen Kultur und der Wissenschaften gefeiert. Ihre Vertreter: der rotgewandete Platon, rechts neben ihm Aristoteles und drumherum eine Vielzahl von Mathematikern, Künstlern und Philosophen. Am Steinblock sitzt Heraklit und schreibt. Er trägt die Züge von Michelangelo, den Raffael hier verewigte und der sich keine 50 m entfernt mit dem berühmtesten Deckengemälde der Welt abmühte.
Bis hierher durfte ganz offiziell fotografiert werden, was das Herz begehrt. Doch in der Sixtinischen Kapelle wachen strenge Wärter über das Knipsverbot und mahnen zum „Silenzio!“ Hier drängen sich die Besucher wie die Ölsardinen und recken die Köpfe nach oben zu dem grandiosen Freskenzyklus zur Schöpfungsgeschichte. Im Liegen mühte sich Michelangelo vier beschwerliche Jahre lang mutterselenallein damit ab, die 40 m lange und 13 m breite Decke zu bemalen. Etwas leichter war es dann wohl, das „Jüngste Gericht“ an einer der Wände eindringlich darzustellen. Da kann es der eine oder andere doch nicht lassen, im Schutz des Gedränges ein Foto mit dem Handy zu schießen! Ich trau mich nicht, meine Kamera zu zücken und präsentiere hier für alle, die vielleicht noch nicht wissen, um welches berühmte Meisterwerk es geht, eine Postkartenversion:
Die Erschaffung Adams
Nun ist es auch nicht schwer, den Titel dieses Bildes mit der Überschrift „Senza titolo“ (Ohne Titel) von Tano Festa (1938-1988) herauszubekommen!
Senza titolo (1976) hängt in der Collezione d´Arte Religiosa Moderne in den Vatikanischen Museen
Es ist unmöglich, die Vielfalt dieser Museen und die Pracht ihrer Räume in Worte zu fassen bzw. durch meine kleine Bildauswahl zu vermitteln. Wie alles in Rom, sind auch die Vatikanischen Museen unglaublich beeindruckend und gehören ganz oben auf die „To do Liste“ eines Rombesuchs. Und wenn man Schwerpunkte setzt, muss es auch nicht ein ganzes Wochenende sein.