Es gibt kleine, romantische Häfen mit Fischerbooten im engen Hafenbecken und einer trutzigen Burg über dem malerischen Städtchen. Leider kriegt man es in diesen pittoresken Örtchen oft nicht hin, saubere Toiletten in erreichbarer Nähe zur Verfügung zu stellen. Von warmen Duschen ganz zu schweigen! Hat man ja auch nicht nötig, denn die Leute kommen trotzdem und akzeptieren astronomische Preise „for nothing“.
Und es gibt große, moderne Marinas mit viel Platz zum Manövrieren und reichlich Liegeplätzen in der Nähe von touristischen Bettenburgen. Ein bisschen steril, aber meist sehr ruhig und mit bester Ausstattung.
Die zweite Beschreibung passt auf die Marina di San Rocco, in der wir die Nacht vom 25. auf den 26. September verbringen. Auch, wenn es hier nicht gerade „schön“ ist, fühlen wir uns ausgesprochen wohl. Dafür sorgen sowohl das hilfsbereite, freundliche Hafenpersonal als auch auch die gute Ausstattung der Marina (pieksaubere Sanitäranlagen, Waschmaschine). 38 Euro sind dafür angemessen. Die Marina liegt am Canal San Rocco in der Nähe des Ferienortes Marina di Grosseto. Dort ist nur noch wenig los, denn die sonnenhungrigen Urlauber sitzen mittlerweile wieder an ihren Schreibtischen in Italien oder Frankreich. Für wenige Euro serviert man uns in einem der noch geöffneten Restaurants eine leckere Pizza und sehr guten Vino de la Casa. Auf dem Rückweg kehren wir noch in der kleinen Hafenbar ganz in der Nähe unseres Liegeplatzes ein. Hier sitzen ein paar Einheimische vor dem großen Flachbildschirm und schauen das Fußballspiel Florenz gegen Mailand. Der Käptn schaut mit, während ich bei bestem WIFI ein Blog ins Netz stelle. Nach dem gehaltvollen Aperol Spritz für 5 Euro haben wir die nötige Bettschwere und freuen uns auf den nächsten Tag.
Am Morgen steuern wir nach Elba die zweite Insel des toskanischen Archipels an. Von den 21 Seemeilen können wir die letzten fünf sogar segeln. So nähern wir uns auf perfekte Weise der gebirgigen Insel Giglio.
Fast jeder kennt Giglio vom Namen her. Es erlangte im Jahre 2012 traurige Berühmtheit, als ein verantwortungsloser Kapitän das Kreuzfahrtschiff COSTA CONCORDIA viel zu nah an der Küste vorbei steuern ließ und dabei einen Felsen rammte. Vor Giglio Porto kenterte das Schiff, lief voll Wasser und 32 Menschen, darunter viele Deutsche, ertranken.
Opfer des Schiffsunglücks
Schon von weitem erkennt man vor der Hafeneinfahrt einen riesigen Kran. Ob er etwas mit der Schiffskatastrophe zu tun hat? Jedenfalls steuern wir sorgfältig ins Hafenbecken hinein. Unser Anruf auf Kanal 16 blieb ohne Reaktion. Aber auf der Hafenmauer winkt uns ein hochgewachsener, drahtiger „Ormeggiatori“ zu und zeigt uns die Lücke, in die wir einparken sollen. Dabei gibt er energisch Anweisungen in italienischer Sprache.
Noch während wir uns in die enge Lücke an der Mauer hineinzwängen, denken wir darüber nach, ob wir hier je wieder herauskommen werden.
Anima mea in ihrer engen Lücke links hinter dem großen Motorboot
Doch unser Ormeggiatori- er heißt Roberto -wischt all unsere Bedenken mit einem sehr bestimmten „PERFECTO“ vom Tisch. Wir sollen erst mal entspannen, bezahlen können wir später. Kostet auch „nur“ 40 Euro die Nacht. Das ist der Nachsaisonpreis auf Giglio, wo im Sommer die Schiffe im Hafen gestapelt werden und Menschenmassen die kleine Insel überrollen.
Auf Giglio passt die erste Hafenbeschreibung am Eingang dieses Blogs. In goldenes Herbstlicht getaucht verzaubert uns dieser verwinkelte Ort mit den pastellfarbenen Häusern, dem Sarazenenturm und den vielen kleinen Fischerbooten auf Anhieb. Duschen gibt es „natürlich“ nicht. „Auch kein Klo!“ bedauert Roberto. „Aber ihr könnt ja in der Bar da drüben auf die Toilette, die hat von morgens um sieben bis abends spät geöffnet.“
Am nächsten Morgen gibt es zum ersten Frühstück einen exquisiten Capuccino in der Bar mit der winzigen, aber sauberen Toilette. Danach folgt das zweite Frühstück an Bord.
Nun sind wir gut gerüstet für einen Ausflug nach Castello Giglio. Mit dem Linienbus fahren wir den steilen Berghang hinauf in den 400 m hoch gelegenen Ort, in den sich die Insulaner einst bei Piratenüberfällen zurückzogen.
Castello Giglio
Von hier oben bieten sie herrliche Ausblick auf den Leuchtturm Punta del Fenaio im Norden der Insel und auf den Badeort Campese, der ebenfalls per Bus erreichbar ist.
Punta del Fenaio
Campese im Westen von Giglio
Ein wenig erinnert uns Castello an Valdemossa auf Mallorca, doch die Gassen sind hier noch enger, die Treppchen steiler und die Schutzmauern höher.
Überall entdecken wir kleine Stillleben:
bunte Wäschestücke, die im Wind flattern und die grau-braunen Mauern beleben,
Fischschwänze an Wäscheleinen,
Gemälde an Wartungstürchen
und dazwischen süße Kätzchen, die freundlich in die Linse zwinkern.
In der Kirche San Pietro steht das Portal offen. Sie beherbergt eine Reliquie des Heiligen Mamiliano, Schutzpatron von Giglio und andere Kirchenschätze.
Der Armknochen des Inselheiligen
Unterwegs belauschen wir dann noch die deutschsprachige Führung einer kleinen Touristengruppe. Laut Rod Heikell/Küstenhandbuch Italien befinden wir uns hier auf der Insel der Lilien. Nun muss ich als ausgemachter Blumennarr zur Kenntnis nehmen, dass der Name aus dem Griechischen kommt und Insel der Ziegen bedeutet!
Da trösten mich wenigstens die wilden Alpenveilchen, die ich im Pinienwald entdecke:
Alpenveilchen statt Lilien
Wir haben und um rund einen Monat in der Gegend um Großeltern verpasst… 😢.
Trotzdem weiterhin gute Fahrt…
WoMolix und WoMoline
Schade! Viele Grüße aus Rom von Christine und Heinz