13.07.2016 – Salut, du Schöne!

IMG_2247Am Donnerstag, dem 07.07. verabschieden sich Wolfgang und Gisela von uns. Sie wollen die heißen Monate lieber in Deutschland verbringen und Ende August wieder zu ihrer Amica zurückkehren. Sie sind nicht die einzigen, die während der Hochsaison lieber die kühleren heimatlichen Gefilde aufsuchen, obwohl es ja mittlerweile auch in Deutschland ganz schön heiß werden kann. Während unsere beiden Segelfreunde im Flugzeug sitzen, erleben wir an unserem Stammplatz in der Hafenbar, wie Frankreich die deutsche Nationalelf mit 2:0 besiegt. Eine Gruppe französischer Segler grinst freudig zu uns hinüber. Es sei ihnen gegönnt! Unfair sind jedoch die Bemerkungen der Schweizer Touristen am Nebentisch. Mit Blick auf uns verleihen sie ihrer Genugtuung über die deutsche Niederlage laut und deutlich Ausdruck. Haben wir denen was getan? Na ja, nicht alle Schweizer Uhren ticken sauber! Am Samstag hält uns dann nichts mehr in Santa Teresa Gallura. Mal sehen, was auf der Abrechnung stehen wird! Doch, ich bin angenehm überrascht! Dank Wolfgang, der als Dauerlieger gute Konditionen für uns ausgehandelt hatte, müssen wir umgerechnet nur 30,50 Euro pro Tag bezahlen. Ein sehr guter Preis für die Hauptsaison! Vielen Dank an das nette Personal in der Marina und an die Amica-Crew, die uns als Insider viele schöne Ecken dieser Trauminsel gezeigt und dann auch noch zu dieser Kostenersparnis verholfen hat!!! Gegen halb zehn fahren wir hinaus auf die Straße von Bonifacio. In dieser Düse zwischen den Inseln Sardinien und Korsika verstärken sich die herrschenden Winde gerne mal um ein bis zwei Beaufort, doch heute haben wir damit kein Problem. Gemütlich segeln wir nur mit der Genua hinüber, während die weißen Kalkfelsen von Bonifacio an Backbord leuchten. Ganz in Ruhe kann dabei auch der Flaggenwechsel vorgenommen werden. Unter der französischen Trikolore flattert nun auch der korsische „Mohrenkopf“.

 

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Als wir die Wasserstraße überquert haben, ist auch der Wind eingeschlafen. Der Wetterbericht scheint also zu stimmen und ich suche in Rod Heikells Handbuch Französische Mittelmeerküste und Korsika nach einer Ankerbucht im Golfe de Porto-Vecchio. Um halb vier fällt der Anker in der Baie de Stagnolu. Neben uns ankert bereits ein einsamer Franzose. Ungestört sind wir allerdings nicht. Es ist halt Ferienzeit und die Franzosen frönen ihren verschiedenen Hobbys auf dem Wasser: Wasserski laufen, Jetski fahren, mit dem Motorboot durch die Buchten brausen, sich im Gummiboot mit Affenzahn vom Motorboot durch die Bucht ziehen lassen und dabei kreischen wie bei der Achterbahnfahrt auf dem Hamburger Dom.

IMG_2265Baie de Stagnolu

Ankern in der Baie de Stagnolu

Wir lassen uns davon aber nicht die Laune verderben! Ist ja auch ganz lustig, dabei zuzusehen, wie sich der Wasserskianfänger immer wieder abmüht, nach dem Absturz auf die Beine zu kommen. Und als die Sonne hinter den Bergen verschwindet, wird es schnell still in der Bucht. Ich zaubere ein schönes Abendessen auf den Cockpittisch und bei einem Glas Wein genießen wir die zauberhafte Umgebung zum Nulltarif.
Auch das Frühstück am nächsten Morgen ist ein Genuss beim Anblick der Bergketten ringsherum. Die 18 Meilen bis Solzenara an der Ostküste gestalten sich abwechslungsreich. Wer hat wohl den schöneren Ausblick? Wir oder derjenige, der da an seinem bunten Ballon über den Punta di a Chiappa fliegt?

IMG_2284 Schenk mir einen bunten Luftballon…..
Wie auf Sardinien wurden auch auf Korsika in regelmäßigen Abständen Wachtürme an der Küste errichtet. Wir finden, der zweite wirkt durch seine schmale Taille schon so richtig elegant. Wie es sich für eine französisch geprägte Insel gehört!

IMG_2291 Wachturm 1

IMG_2296 Wachturm 2

Auch in der Marina Solzenara ist die französische Lebensart deutlich zu spüren. Alles ein Tick feiner als auf Sardinien: Die Einrichtung der Restaurants, das Outfit der meist grazilen Urlauberinnen und das farbenfrohe Bojen-Ensemble im Hafenbecken.
Info zur Marina Solzenara: Die große Marina befindet sich an der Mündung des gleichnamigen Flusses in reizvoller Landschaft. Die Dusche haben wir nicht gesehen bzw. benutzt, da sie sich sehr weit entfernt von unserem Liegeplatz befand. Duschen kostet 2,50 Euro! Im Gebäude der Capitainerie sind aber glücklicherweise Toiletten untergebracht. Gleich hinter der Hafeneinfahrt ist die Tankstelle. Diesel ist hier deutlich preiswerter als in Italien! Sehr gutes WIFI an Bord. Zivile Preise: 33,40 Euro pro Nacht

IMG_2299Solenzara Abendstimmung in Solzenara

IMG_2302                                                                                   Bunte Bojen
Ganz entspannt – wir haben ja nichts mehr zu verlieren – bestellen wir uns beim Glacier ein Sorbet und ein Crepe mit Vanilleeis und schauen das Europapokal-Endspiel Frankreich gegen Portugal. Köstlich! Ich meine nicht, dass Ronaldo sehr früh das Spielfeld verlassen muss und auch nicht, dass Portugal in den letzten Sekunden der Verlängerung das entscheidende Tor schießt, sondern unsere Leckereien auf dem Tisch. Mit dem Spielergebnis sind wir allerdings auch voll einverstanden. Das kleine, gastfreundliche Land am südwestlichen Ende Europas hat den Titel verdient.

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Außer den französischen Touristen ist kaum jemand traurig über den Ausgang des Spiels. Als wir an Bord zurückkehren, durchdringt lautes Autohupen die Stille und Böller werden abgefeuert. Korsische Schadenfreude über die schmähliche Niederlage der Franzosen!
Wir wären gerne noch einen Tag länger geblieben, aber der Wetterbericht treibt uns vorwärts. Für Mittwoch ist Libeccio angesagt. Der warme West- bis Südwestwind kann mit einer Stärke von 7 bis 8 Bft wehen, wird meist von einer geschlossenen Wolkendecke oder gar Regen begleitet und hält drei bis sieben Tage an.
Noch ist davon wenig zu spüren. Der Himmel ist blau, das Wasser noch blauer. Die Hitze lässt die beeindruckenden Berge im Dunst versinken und unser eisernes Segel muss mangels Wind seinen Dienst versehen. Ich verziehe mich in den Schatten des stabilisierenden Großsegels auf mein Lieblingsplätzchen und schwitze 34,3 Seemeilen vor mich hin.

IMG_2313 Mein schattiges Plätzchen

Bei der Einfahrt in den Port de Taverna in Campoloro kommen uns schon die Marineros im Schlauchboot entgegen. Sie warnen uns vor den Gefahren in der Hafeneinfahrt. Wegen der ständig drohenden Versandung muss man hier sehr vorsichtig sein.
Auch hier hat man sich mit der Ausstattung der Marina viel Mühe gegeben. Alles ist sehr gepflegt und sauber. Der kleine Supermarkt, von dem im Hafenhandbuch die Rede ist, hat allerdings letztes Jahr dicht gemacht. Auch eines der drei Restaurants hat aufgegeben, obwohl der Hafen voller Schiffe ist. Vielleicht liegt es daran, dass sich hier eher Leute mit kleinerem Geldbeutel aufhalten, vielleicht ist es auch die Konkurrenz zum nur 23 Seemeilen entfernten Bastia, dass hier die Crepes einen Euro billiger als in Solzenara sind. Aber die Dame in der Capitainerie des ruhigen Hafens ist ausgesprochen freundlich und spricht sogar englisch. Sie bestätigt die Wetterprognose „Libeccio im Anmarsch“ und so legen wir am nächsten Morgen ab in Richtung Bastia.

IMG_2314Campoloro-Port de Taverna Campoloro – Port de Taverna

Info zum Port de Taverna/Campoloro: Saubere Sanitäranlagen. Duschen kostet auch hier 2,50 Euro. Leider ist die Wassertemperatur nicht regelbar und das Wasser kann auch nicht abgestellt werden. Sehr gutes WIFI an Bord (gleicher Anbieter wie in Solzenara).Keine Einkaufsmöglichkeit, aber guter Supermarkt ein Kilometer entfernt. Preis pro Nacht: 37,40 Euro
Während wir die 23 Seemeilen zurücklegen, werden Erinnerungen wach. Vor 37 Jahren waren wir als junges Paar schon einmal auf Korsika. Es war ebenfalls im heißen Juli und wir hatten uns vorgenommen, die Insel mit dem Fahrrad zu umrunden. Damals hatte mir der Käptn von der Schönheit der Insel und ihren einsamen Buchten vorgeschwärmt, die er als junger Spund durch eine Reise mit den Pfadfindern kennengelernt hatte.
Unsere Radtour war ein einziges Abenteuer, doch am Ende stand die Erkenntnis, dass Korsika den Beinamen „Die Schöne“ voll verdient. Die gemeinsamen Erlebnisse waren so intensiv, dass uns heute noch ganz warm ums Herz wird, wenn wir uns daran erinnern. Mit dem Zug ging es von Aachen über Paris nach Marseille, dann mit der Fähre nach Bastia. Nach einer sehr bewegten Überfahrt starteten wir voll bepackt in Richtung Süden, meist vom Scirocco ausgebremst. Porto Vecchio und Bonifacio waren erste Höhepunkte. An der Westseite strampelten wir die Berge hoch. Wenn ich an den wahnsinnigen Durst denke, bekomme ich sofort einen trockenen Hals. Doch auch den Duft des Eukalyptusbaums, unter dem wir nächtigten, habe ich nie vergessen. Auf dem Weg nach Sartene bezwangen wir eine Passstraße. Zwischen Ajaccio und Calvi lagen traumhafte Buchten mit einsam ankernden Schiffen. Damals war nicht daran zu denken, dass wir hierher mit dem eigenen Schiff gelangen könnten! Doch Träume können wahr werden, wenn man einen langen Atem und ganz viel Glück hat.
Nun sind wir also in Bastia. Den Port Toga gab es damals noch nicht. Es ist auch viel gebaut worden seitdem und die ehemals farblosen, abgeschrappten Altstadtäuser sind überwiegend hübsch gestrichen. Im Handelshafen liegen noch immer die Fähren und vom Bahnhof aus startet der berühmte Zug, der quer durchs Gebirge über Corte nach Ajaccio fährt. Das nächste Abenteuer, das wir uns vorgenommen haben, wenn der Himmel wieder blau wird. Denn jetzt fetzen die Böen des Libeccio über uns hinweg und aus der grauen Wolkendecke fallen manchmal ein paar warme Regentropfen.

IMG_2331                                                                                                  Der Fährhafen

 

 

 

Info zum Port Toga: Die neue Marina liegt einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Der internationale Flughafen ist 20 Kilometer entfernt und mit einem Bus vom Bahnhof aus zu erreichen. Ordentliche Sanitäranlagen. Für die Zugangskarte zum Sanitärgebäude müssen einmalig fünf Euro bezahlt werden. WIFI an Bord. Beste Einkaufsmöglichkeiten direkt gegenüber der Marina. Tankstelle. Pro Nacht 43,31 Euro

IMG_2328Bastia: Altstadt und Vieux-Port

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