12.06.2016 – AMICA

So heißt die neue Freundin von Anima mea. Seit wir sie in Bosa getroffen haben, segeln wir Seite an Seite mit ihr die Westküste hinunter. Amicas Crew – Wolfgang und Gisela – sind sehr nett. Sie kennen sich hier gut aus und zeigen uns die schönsten Plätzchen von Sardinien.

Nach Bosa geht es zunächst in den Golf von Oristano. Es ist ruhiges Wetter und wir legen uns an eine Boje am Capo San Marco. Dieses Cap liegt im Meeresschutzgebiet Halbinsel Sinis und Isola Mal di Ventre. Zum Schutz der Neptungrasfelder ist dort nämlich das Ankern verboten.

1.IMG_1373An der Boje im Golf von Oristano

An der Boje im Golf von Oristano

Außer der Amica und der Anima mea liegt kein Schiff im Bojenfeld. Wir haben das glasklare Wasser und den Blick auf die Ruinen der punisch-romanischen Siedlung Tharros und dem sich darüber erhebenden Turm ganz für uns allein und müssen für diesen romantischen Liegeplatz keinen Euro bezahlen.

2.IMG_1402Blick auf das Capo San Marco

Blick auf das Capo San Marco

Während ich mit Gisela an Bord ein Schwätzchen halte, verschwinden unsere Männer mit dem Dinghy. Heinz kann es kaum abwarten, den Boden der Ende des achten Jahrhunderts vor Christus von den Phöniziern gegründeten Stadt zu betreten. Begeistert und mit zwei „antiken“ roten Steinen in der Hosentasche kehrt er nach einer Weile zurück.

Am nächsten Morgen bringt er mich in der Nähe des kleinen Ortes San Giovanni di Sinis an Land. Das Dinghy der Amica ist bereits an dem kleinen Steg am Strand festgebunden. Ich bestehe darauf, den Außenborder und den Benzinkanister mit einem Stahlseil zu sichern. Die Sarden gelten zwar als ehrliche Menschen, doch Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Ich möchte keine unliebsame Überraschung erleben, wenn wir von unserem Landgang zurückkehren.

3.IMG_1400Von links nach rechts blickt man auf San Giovanni di Sinis, die Lagune die Mistras u. den Golf von Oristano

Von links nach rechts blickt man auf San Giovanni di Sinis, die Lagune die Mistras und den Golf von Oristano

Nach einem kurzen Fußmarsch über den staubigen Pfad haben wir die Siedlung erreicht. Am Ortseingang steht die aus Sandsteinblöcken errichtete Kirche San Giovanni die Sinis. Das ursprüngliche Gebäude wurde im 6. Jahrhundert n. Chr. an der Stelle einer heidnischen Begräbnisstätte gebaut und zeigt sich heute so, wie es zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert n. Chr. gestaltet wurde.

4.IMG_1379Die Kirche San Giovanni di Sinis

Die Kirche San Giovanni di Sinis

Die Straße folgt der früheren römischen Straße, die von Tharros nach Carnus führte und nahe am Forum der römischen Stadt begann. Dorthin zieht es uns jetzt. Doch zuerst erklimmen wir den steilen Weg zum Turm. Auf den Stufen erwarten uns bereits Wolfgang und Gisela. Dann genießen sie ein erfrischendes Bad im blauen Mittelmeer und wir besichtigen die Ruinenstadt. Während der phönizischen Epoche befand sich hier unter freiem Himmel eine Kultstätte, wo man die sterblichen Überreste von eingeäscherten Kindern fand. Auch die Reste des „Großen Tempels“ mit den dorischen Halbsäulen stammen aus dieser Zeit.

5.IMG_1405Anima mea schwebt über einem Thermalbad

 Anima mea schwebt über den Resten eines Thermalbads

Zur Römerzeit wurden dann neue Straßen aus Basalt, Wasser- und Abwasserleitungen und Thermalbäder gebaut. Die ersten Christen bauten dann eines der Thermalbäder in eine Kirche und in eine Klosteranlage um, doch 1071 wurde die Stadt endgültig aufgegeben und der Bischofssitz nach Oristano verlegt.

6.IMG_1412Anima mea zwischen den Säulen des römischen Tempels

Ein göttlicher Anblick: Anima mea zwischen den Säulen des Tempels

Zum Abschluss unseres Landgangs treffen wir uns mit Wolfgang und Gisela in einer Trattoria zu einem kleinen Imbiss. Dann geht´s zurück an Bord. Immerhin liegt jetzt ein weiteres Schiff an einer Boje. Die untergehende Sonne lässt die Überreste von Tharros erglühen. Dann blicke ich von meinem Lager in der Vorkoje durch die geöffnete Luke in einen glitzernden Sternenhimmel.

Am nächsten Morgen geht es früh los. Wir wollen nach Buggerru. Ein bisschen mulmig ist uns schon bei dem Gedanken an den kleinen Hafen in der großen Bucht zwischen Punta San Nicolo und Capo Pecora. Unser Hafenführer warnt vor der Gefahr durch Versandung in der Hafeneinfahrt, aber die Amica-Crew will vorausfahren und die Lage peilen, denn sie haben nur 1,35 m Tiefgang.

7.IMG_1422Sonnenaufgang

Amica – eine Bavaria 34 -im Sonnenaufgang

Schon die Fahrt entlang der wunderschönen Küste ist ein Genuss!

8.IMG_1431Amica vor beeindruckender Bergkulisse

Die Amica vor der beeindruckenden Bergkulisse zwischen Oristano und Buggerru

Dann tauchen auch noch zwei große Delfine an Backbord auf. Sie schwimmen vorneweg und scheinen auszuprobieren, ob sie schneller sind als wir. Immerhin laufen wir gut fünf Knoten, aber die beiden bleiben an der Spitze. Sie können sogar locker unter uns durchtauchen und erscheinen dann wieder am Bug, wo sie übermütig herumtoben. Die beiden „Glücksbringer“ vertreiben ein wenig das mulmige Gefühl in Bezug auf Buggerru.

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Delfine

Bei der Einfahrt in den Hafen beobachtet der Käptn den Tiefenmesser sehr genau. Ich stehe vorne an Deck und versuche die Wassertiefe zu beurteilen, während Wolfgang und Gisela vom Steg aus per Handzeichen Anweisung zum Einsteuern geben. Doch dann sitzen wir doch im Sand fest. Sofort wird „volle Pulle“ gegeben, das klare Wasser am Heck färbt sich gelb vom aufgewirbelten Sand und nach einer kleinen Ewigkeit bewegt sich der Schiffsrumpf wieder weiter in Richtung Stegkopf, wo wir im „Minipäckchen“ an der Amica festmachen.

12.IMG_1456Buggerru

Buggerru13.IMG_1462Minipäckchen

Minipäckchen

Info zum Hafen Buggerru: Der Hafen und der Ort liegen malerisch am Fuße steiler Hänge. Es gibt einen Supermarkt und Restaurants, davon eins mit Wifi. Die leckere und preiswerte Pizza dort hat die Ausmaße von Wagenrädern! Leider scheint man im Hafen kein Interesse an Besuchern zu haben. Weder war jemand im Hafenbüro zu erreichen noch gab es eine Dusche und Toilette. Auch Wasser konnten wir nicht bunkern. Immerhin hatten wir Landstrom an Bord. Die Fischer wissen genau, wo sie im Hafenbecken längsfahren müssen, um nicht aufzulaufen. Mit mehr als 1,50 m Tiefgang sollte man diesen Hafen lieber meiden. Am nächsten Morgen wurden auf dem Steg 15 Euro für unseren Aufenthalt kassiert. Die schöne Lage war es wert!

Da für die nächsten Tage viel Wind angesagt wird, verlassen wir Buggerru schon am nächsten Morgen. Wolfgang meint, wir hätten mit unserem Befreiungsmanöver die Hafenrinne ausgebaggert, denn wir schleichen ohne erneutes Aufsitzen hinaus ins tiefe Wasser.

Auch der Weg nach Carloforte auf der Isloa di San Pietro führt an einer faszinierenden Küste vorbei. Der Höhepunkt ist die kleine Insel Scoglio Pan di Zucchero.

14.IMG_1502Zuckerhut 1

15.IMG_1505Zuckerhut 2

Sieht wirklich aus wie ein Zuckerhut!

Dahinter erkennen wir dann in einer Felswand Porto Flavia. Es ist ein ehemaliges Bergwerk, in dem – wie früher in Buggerru – Eisenerz abgebaut wurde. Der verantwortliche Ingenieur Cesare Vecelli benannte es nach seiner Tochter Flavia. Heute steht es unter Denkmalschutz und kann von Land her besichtigt werden.

16.IMG_1512Porto Flavia

Porto Flavia

Es ist inzwischen ganz schön heiß geworden. Gisela und Wolfgang baden gern. Etwa fünf Meilen vor Carloforte schlagen sie einen Ankerstopp vor der Isla Piana vor. Also ankern wir zum ersten Mal in sardischen Gewässern vor der kleinen Privatinsel mit eigenem Hafen.

17.IMG_1523Ankerplatz Isla Piana

Ankern vor der Isla Piana

Nach einer Stunde geht es weiter. Kurz vor Carloforte braust ein Schlauchboot mit zwei Ormeggiatori aus der Marina Sifredi heran. Ich verweise sie an den Käptn der Amica, der einen guten Preis für uns alle aushandelt. Dann sind wir auch schon in der Marina, wo die Ormeggiatori beim Festmachen helfen.

Info zum Hafen Carloforte: Es gibt mehrere Marinas. Da Wolfgang ein alter Kunde bei Sifredi ist und mittlerweile Sonderkonditionen bekommt, waren wir in dieser Marina. Es gibt vier zweckmäßig eingerichtete kleine Bäder mit Dusche, Toilette und Waschbecken. Unter dem überdachten Vorplatz befinden sich eine Waschmaschine und ein Trockner. Waschen kostet sechs Euro, Trockner vier Euro. Normalerweise hätten wir 27 Euro Liegegeld pro Nacht bezahlt. Man kann in Italien jedoch über die Preise verhandeln. So waren nur 20 Euro fällig für den bisher besten Hafen auf Sardinien, der natürlich Wasser und Strom am Steg sowie gutes Wifi bietet. Direkt bei der Marina sind zwei Autotankstellen, an denen man mit dem Kanister Treibstoff besorgen kann.

18.IMG_1525Carloforte

Straße in Carloforte. Der Fähnchenschmuck hängt schon seit dem letzten Wochenende. Da feierte man hier groß das traditionelle „Thunfischfest“.

In Carloforte müssen wir erstmal eine Windpause einlegen. Doch es gibt nette Lokale mit großen Flachbildfernsehern. Da kann man bei Wein und Antipasti prima Fußball-Europameisterschaft gucken!

6 responses

  1. Eine herrliche Tour; und wenn man so etwas dann noch mit „Gesinnungsgenossen“ gemeinsam erleben darf… Solche Menschen nenne ich: Glückspilze.
    Weiterhin genügend Wasser unterm Kiel.
    LG WoMolix

    • Ja, wir denken schon lange, dass wir Glückspilze sind. Die guten Wünsche können wir gut gebrauchen, denn wir sind gerade in sehr flachen Gewässern. Die Amica ist heute schon aufgelaufen, war aber auch ein Glückspilz, weil sie ohne Schaden frei kam.
      Liebe Grüße
      Christine und Heinz

      • Auf der Straße ist alles weitgehend geregelt und man sieht, außer bei Sturm mit Regen oder Schnee oder dichtestem Nebel, wo man hinfährt. Bei euch scheint das eher ein „tastendes“ Abenteuer mit Reparaturoption zu sein. 😉

      • Na ja, wir haben ja auch zuverlässige Seekarten. Wenn aber Häfen oder Fahrrinnen versanden, weil sie nicht mehr ausgebaggert werden, kann die Seekarte auch nichts dafür. Die Straßenkarte zeigt ja auch nicht den wirklichen Zustand der Fahrbahn. Da können Frostschäden, Steinschlag, Lawinenabgänge usw. auch schon mal Probleme machen. Man muss halt immer vorsichtig sein, sonst hat man überall Probleme.
        Liebe Grüße von der Anima mea, die noch im sicheren Hafen von Sant Antioco liegt

  2. Moin Christine, moin Heinz,
    viel Spaß auf Sardinien. Ist eine traumhafte Insel. Wir waren 2014 in Arzachena. Dort besuchten wir auch die Isola Maddalena Sardinia mit ihren mehr als 62 Inseln. Diese Inseln sind ein Traum. Kleine Buchten, kristallklares Wasser…
    Viel Spaß und genießt die Zeit. Hier in Kiel ist wieder Schafskälte angesagt. Aber das kennen wir ja: „Am Samstag beginnt die Kieler Woche“
    Liebe Grüße,
    Dirk, Anna & Pelle

  3. Hallo, ihr drei Kieler Sprotten!
    Im Moment haben wir den Süden von Sardinien erreicht, werden aber sicher noch den Norden erkunden. Es ist wirklich eine sehr schöne Insel! – Wenn Kieler Woche ist, muss ja schlechtes Wetter sein. Das ist Tradition!
    Liebe Grüße
    Heinz und Christine

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