heißen bei uns in Norddeutschland manche Straßen. Hier in der Marina Salinas sitzen wir auch „hinterm Deich“ und sind gut geschützt gegen den Ostwind, der von weit her übers Mittelmeer heranstürmt. Riesige Steinblöcke türmen sich dort auf, so groß, dass irgendjemand einen von ihnen sogar zur Kletterwand umfunktioniert hat.
Kletterstein
Ein bunter Farbtupfer in dieser rotbraunen Steinwüste entlang des Paseo Dique de Levante.
Von Bord aus sehen wir ein Stück dieser einzigartigen Konstruktion aus Stahl und Holz. Auf hohen Stelzen beginnt diese Promenade auf dem Ostdeich am Paseo Maritimo Juan Aparicio, dort, wo die Mittelmeerwellen bei Starkwind wild ans Ufer branden und „La Bella Lola“ unaufhörlich mit Salzwasserkaskaden überschütten. Doch die hübsche „Deern“ verharrt ungerührt auf ihrer Bank, schaut sehnsüchtig aufs Meer hinaus und wartet auf die Heimkehr ihres Liebsten. Treue, in Bronze gegossen.
Die schöne Lola
Am Aufgang des Paseo Dique de Levante macht sich der Hombre Del Mar auf den Weg. Vielleicht muss er hinaus zum Fischen? Oder will er sein Frachtschiff mit Streusalz in nördliche Gefilde steuern, dort, wo es mittlerweile schon friert und schneit?
Über eine Rampe oder eine Treppe gelangt man hinauf auf den Panoramaweg. Über rohe Holzplanken flanieren, wandern, joggen, radeln Mensch und Hund bei jedem Wetter hoch über dem Wasser 1440 Meter weit bis zum Leuchtfeuer, das die Einfahrt zum Hafen weist.
Schweift der Blick nach links, sieht man ins endlose, mehr oder weniger bewegte Blau. Jetzt, im Herbst, taucht es der Himmel auch regelmäßig, aber immer nur kurz, in unfreundliches Grau. Rechts schaut man hinunter auf den Fischereihafen mit seinen Booten, den Fischhallen und all dem Krempel, den Fischer so brauchen.
Dann folgt „unsere“ Marina Salinas. Hier können wir über eine der Treppen vom Paseo hinuntersteigen, wenn wir aus der Stadt vom Einkaufen kommen.
Kurz dahinter eilt „La Mujer del Marinero“ zum Geländer, winkt ihrem Seemann ein letztes Mal, bevor sein Schiff am Horizont verschwindet. Sowohl diese junge Seemannsbraut als auch die schöne Lola kommen aus der Werkstatt der Bildhauerin Carmen Fraile.
La Mujer del Marinero
Am Ende der Marina ist vor kurzem ein neues Wassersportcentrum mit Restaurant entstanden. Wovon all die Restaurants in der Marina leben, ist uns schleierhaft. Der Hafen ist längst nicht voll und nur wenige Eigner leben auf ihren Schiffen. In den Hafenrestaurants herrscht meist gähnende Leere. Doch hier kann man sich immerhin an der „Surferseilbahn“ austoben. Mit hoher Geschwindigkeit zieht sie den Surfer über die Wasserbahn und über Hürden, von denen aus er Sprünge vollführen kann.
Hier beginnt auch schon der riesige Vorhafen mit dem angegliederten Industriehafen, wo Salzberge auf ihre Verschiffung warten. Am Ufer dahinter wachsen die allgegenwärtigen Hochhäuser aus dem Strand. Sie versperren den Blick auf die Rosa Lagune, doch dahinter erheben sich in der Ferne die Berge. Im heißen Sommer werden sie oft vom Dunst verschluckt, jetzt zeichnen sich ihre Linien klar am Horizont ab.
Die Hälfte der Strecke hat man hier geschafft, kann sich unter einer der Pergolen auf eine Bank setzen und ausruhen.
Oder man bleibt am Geländer stehen und schaut hinunter auf die Uferstraße. Dort versammelt sich das Katzenheer, sobald ein mildtätiger Tierfreund Brekkis und Wasser an der Fütterungsstation verteilt. Humpelnde, halbblinde, verstümmelte, aber auch ausgesprochen hübsche Tiere, die stark genug waren, allen Widrigkeiten zum Trotz zu überleben. Stark genug, Nachwuchs zu zeugen und zu gebären und so die endlose Kette des Katzenelends fortzusetzen.
An keinem anderen Ort unserer Reise haben wir so viele verwilderte Katzen gesehen! Torrevieja hat seit diesem Jahr eine „Grüne“ Regierung. Ob von ihr endlich einmal die Initiative ausgeht, der ungezügelten Katzenvermehrung entgegen zu wirken? Wäre ich hier „Resident“, ich würde alle Tierärzte abklappern, um sie zu Kastrationen zu überreden. Im Gedenken an „Gillimouse“, unserem letzten und liebsten Kater, würde ich keine Ruhe haben, bis hier im Gegensatz zu den verhätschelten „Schoßhündchen“ auch die herrenlosen Katzen mit Floh- und Wurmkuren versorgt wären.
Nun fällt noch ein Blick auf die Angler, deren Köder immer und immer wieder von den schlauen Fischen abgefressen werden. Wenn überhaupt, ziehen sie einen kleinen Barsch im Ringelhemd aus dem Wasser. Zu wenig für die Bratpfanne, aber groß genug, um ihn gleich vor Ort mit der Schere in mundgerechte Katzenhäppchen zu zerschneiden.
Hier hat man nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder man springt ins Wasser und schwimmt an Land. Oder man geht die knapp 1 ½ Kilometer zurück. Also, für uns ist es nur die Hälfte, denn hinter der wartenden Seemannsbraut geht’s die Treppe hinunter zum Eingang der Marina Salinas.