Vorbei: Der heftige Regen der letzten beiden Tage, der die Stromversorgung auf unserem Steg gekappt hatte, so dass wir uns während einer Regenpause an einen anderen Platz verlegen mussten.
Vorbei: Unsere Reise nach Mallorca, wo wir Tochter Susanne, Schwiegersohn Dirk und die Enkel Jakob und Nick nach vier Monaten wiedersehen konnten.
Zum Regen gibt es nicht viel zu sagen, außer, dass er jetzt immer häufiger vorkommt und wohl so langsam den Herbst ankündigt. Die dicken, dunklen Wolkenberge verwandeln das Meer und die Stadt Valencia in trübes Grau, der heftige Regen überschwemmt die Straßen und spült jede Menge Müll ins Wasser. Unser Einkauf gestern gestaltet sich zum Pfützenweitsprung, von dem wir nass bis auf die Haut an Bord zurückkehren.
Auch die Temperatur ist um mindestens zehn Grad gefallen, was uns aber am wenigsten stört. Zum Trocknen der Kleidung und der Rucksäcke muss allerdings nach langer Zeit wieder der Heizlüfter angeschlossen werden, sonst wird es im Schiff klamm und ungemütlich.
Als wir am Samstag, dem 28.August um 22:30 Uhr mit der Balearia-Fähre von Valencia nach Palma de Mallorca ablegen, ist es jedoch noch sehr warm draußen. Dafür ist es in der Cafeteria der Fähre kalt wie in einem Kühlschrank . Hier sollen wir laut Buchungsbestätigung einen „reservierten Sitzplatz“ haben. Okay, es gibt genügend Platz, aber die besten Plätze für die Nacht befinden sich auf den Sofas entlang der Wände. Die sesselartigen Plastikstühle mit den niedrigen Lehnen sind für die „Nachtruhe“ kaum geeignet.
Auf den Sofas haben sich bereits die vor uns Eingetroffenen breitgemacht. Anders kann man es leider nicht bezeichnen. Ausgestreckt, das Gepäck um sich verteilt, lümmeln sich die „Belagerer“ auf den begehrten „Schlafplätzen“ und beanspruchen dabei mindestens zwei Sitzplätze für sich. Darunter auch ein junger Mann. Angestrengt starrt er auf sein Laptop, als ich vor ihm stehe, ihn anlächle und mit einer Handbewegung andeute, er möge doch ein wenig zur Seite rücken. Zunächst will er wohl nicht verstehen, doch ich bin hartnäckig, und so macht er widerwillig etwas Platz für mich. Der Käpt´n steht daneben, was den jungen Mann überhaupt nicht stört. Wieder zeige ich per Handbewegung, dass auch mein Begleiter einen Platz benötigt. Endlich nimmt mein Nachbar den Rucksack von der Sitzbank und Heinz kann sich ebenfalls setzen.
Obwohl wir nun wenigstens den Kopf an die Wand hinter uns lehnen und die Beine auf ein Plastiksesselchen legen können, ist an Schlaf kaum zu denken. Rundum hängen an den Wänden mehrere Flachbildschirme, ein absolutes Muss in Spanien. Unser Blick fällt auf den Bildschirm mit den Fußballspielen, über uns dröhnen die Geräusche eines Actionfilms. Das gleißende Licht der Neonbeleuchtung wird die ganze Nacht über nicht gedimmt. Erfahrene Reisende haben sich längst die mitgebrachte Decke über den Kopf gezogen, wir dagegen sind Lärm und Licht schutzlos ausgeliefert und schlagen uns die lange Nacht um die Ohren. Auch wenn´s teurer ist: Beim nächsten Mal buchen wir eine Kabine oder mindestens einen Schlafsessel.
In Palma müssen wir nicht lange warten, bis Dirk uns gefunden hat. Wir fahren nach Porto Petro, wo die Familie eine Ferienwohnung bezogen hat und wir für eine Woche ein Hotel direkt am Hafen gebucht haben. Welche Freude, Susanne und die beiden Enkel so unverhofft wiederzusehen! Normalerweise wären wir ja jetzt irgendwo auf Sardinien oder Italien, doch unser Problem- Motor hat dieses unerwartete Familientreffen „erzwungen“.
Da wir erst um 14:00 Uhr ins Hotel können, wandern wir nach dem Frühstück mit dem faltbaren „Bollerwagen“ an den Strand einer kleinen Bucht in Porto Petro. Jakob, der vor unserer Abreise in Hamburg noch Probleme bei der Aufnahme in die „Pinguin-Schwimmschule“ hatte, weil er den Kopf nicht unter Wasser tauchen wollte, nimmt mich an die Hand und stürzt sich in die Wellen. Er macht schon richtige Schwimmbewegungen, trägt aber sicherheitshalber noch seine Schwimmflügel. Nick sitzt in seinem Plastikbötchen und hat ebenfalls Spaß im Wasser. Als ich ihn frage, ob ich auch ins Boot darf, meint er: „ Ja, aber erst, wenn du kleiner bist!“
Mit dem Plastikbötchen im Wasser
Dann beziehen wir unser Hotelzimmer. Wir haben zwar keinen Balkon, und das Fenster liegt zu einem Hinterhof, doch wir sind ja ohnehin kaum im „Hotel de Luxe Varadero Portopetro Adults Only“.
Für die folgenden sechs Nächte sind wir mit dem kleinen Bad und dem großen Bett zum Preis von 380 Euro, gebucht bei www.booking.com , völlig zufrieden.
Den Abend beschließen wir in einem Restaurant am Hafen, später lese ich Jakob und Nick nach langer Zeit mal wieder aus den geliebten „Lurchi“-Büchern vor. Als die Jungs schlafen, stoßen wir auf der Terrasse mit Rotwein aus dem Priorat auf den siebten Hochzeitstag der Eltern an.
Auch am nächsten Tag ziehen wir wieder mit Sack und Pack in die Badebucht. Mit den Wasserpistolen werden wilde Schlachten geschlagen, danach schmecken im Schatten der großen Pinie Butterbrote und Ensaimadas besonders köstlich.
Die Ensaimada ist ein typisch mallorquinisches Gebäck mit „geschützter geografischer Angabe“. Die luftige Köstlichkeit wird in verschiedenen Größen ungefüllt oder mit „cabell dángel“ (Engelshaar) gefüllt angeboten. Dieses Engelshaar besteht aus Kürbiskonfitüre, während der Ensaimadateig nach alter Tradition aus Weizenstärkemehl, Wasser oder Milch, Zucker, Eiern, Schweineschmalz und etwas altem Enzaimadateig – ähnlich wie beim „Wanderkuchen Herbert“ – hergestellt wird.
Ensaimada im typischen Verpackungskarton
Getrübt wird dieser schöne Badetag einzig durch meinen Zusammenstoß mit einem mehr oder weniger spitzen Stein im aufgewühlten Wasser der Bucht. Ob der Zeh nun gebrochen, angebrochen oder schwer geprellt ist, weiß ich nicht. Er tut jedenfalls noch immer lausig weh und muss regelmäßig mit „Voltaren forte“, dass in Spanien „Voltadol Forte“ heißt, behandelt werden.
Zum Leidwesen von Jakob gehen wir am Dienstag nicht gleich an den Strand. Dafür freut sich Nick auf den ersehnten Ausflug mit dem „Starfish – Glasbodenboot“ in die Calas.
Doch vorher chauffiert uns Dirk noch nach Cala D´Or, wo wir unseren Mietwagen bei www.hiperrentacar.com übernehmen müssen. Im Gegensatz zu dem Theater in Sant Carles de La Rapita verläuft die Übergabe des Fiat Panda schnell und unkompliziert. Wir drehen eine Runde durch Cala D´Or und finden einen Parkplatz. Dann suchen wir die Cala Gran. Hier wollen wir um 14:10 Uhr in das Starfish-Boot zusteigen, das in Cala Ferrera startet. An der nächsten Station „Es Forti“ will dann die Familie dazukommen.
Unterwegs fragen wir nach dem Weg. Das freundliche Ehepaar kommt aus Manchester. Hilfsbereit begleiten sie uns bis fast zum Ziel, während sich gleich eine angeregte Unterhaltung entwickelt. Wieder einmal stellen wir fest, wie nett und locker die Briten sind. Hi, we love you, Nicks, Marjories and all the others!
In der Cala Gran liegen die Badegäste am Strand wie die Sardinen in der Büchse. Wir finden den Starfish-Kartenverkäufer und kaufen unsere Tickets zu 20 Euro das Stück. Dann ist noch Zeit für ein kühles „Tonica“ im Strandrestaurant. Gegen halb zwei brauen sich dunkle Wolken zusammen. Es donnert und blitzt. Wind, nein, Sturm kommt auf. Es beginnt zu tröpfeln, dann schüttet es wie aus Eimern. Alles drängt sich unter den Sonnenschirmen zusammen. Der Regen peitscht über den Strand. Rette sich, wer kann! Wasser und Land verschmelzen zu einer dunkelgrauen Einheit. Wie ein Geisterschiff taucht in der Bucht das Starfish-Boot auf. Die Wassermassen stürzen die Abhänge hinunter, der schmale Weg zum Anleger wird zum reißenden Wildbach. Dann legt das Boot tatsächlich an. Menschen rennen zum Anleger. Sollen wir die 40 Euro sausen lassen? Der Kartenverkäufer ist längst über alle Berge, eine Erstattung unwahrscheinlich! Und schließlich will ja die Familie an der nächsten Station einsteigen! Also fassen wir uns ein Herz und springen über die glitschigen Steine zum Ausflugsboot, während das Handy in meiner Handtasche klingelt. Unmöglich, es jetzt herauszunehmen!
Klitschnass stürzen wir unter Deck. Mit Klopapier trockne ich mir Gesicht und Hände ab, dann schaue ich auf´s Handy: „Haben abgebrochen und fahren nach Hause. Man hat uns gesagt, das Boot fährt heute nicht“, hat mir Susanne gesimst.
Doch das Boot fährt sehr wohl! Mit ordentlichen Bocksprüngen über die aufgewühlte See geht es nach Es Forti und dann zur Anlegestelle Cala Egos. Schließlich hört es auf zu regnen. In der malerischen Cala Figuera sind unsere Kleider einigermaßen getrocknet. Nach einem kurzen Landgang durch den Fischerort geht es zurück zur Cala Mondrago. Sie liegt im Mondrago Naturpark und ist gesäumt von grünen Kiefern. Das Schiff legt hier einen Badestopp ein. Während die große Wasserrutsche aufgeblasen wird, ziehen sich die meisten Passagiere für das folgende Badevergnügen im glasklaren Wasser der Cala um.
Gegen Wind und Welle geht es dann weiter nach Porto Petro, zur Cala Esmeralda und schließlich zur Cala Gran. Erstaunlich: Alle Passagiere erweisen sich während der wilden Fahrt als seefest. Vielen Segelbooten scheint es auf den Ankerplätzen in den Calas zu unsicher geworden zu sein. Nun kreuzen sie auf dem offenen Wasser , wo die vom Winde verwehten Luftmatratzen und Wasserbälle Purzelbäume schlagen.
Am nächsten Tag kann die Familie ihren verpassten Bootsausflug nachholen, während wir eine Tour in die Serra de Tramutana machen. Doch zunächst schauen wir uns den riesigen Naturhafen Puerto de Andratx an. Der Hafen liegt nur 55 sm von Ibiza entfernt und wird daher wahrscheinlich auch von uns angesteuert werden, sofern wir es im nächsten Jahr schaffen, zu den Balearen zu segeln.
Wir machen einen Hafenrundgang durch die vollgestopfte Marina. Auch die Bojen in der Bucht sind fast alle besetzt. Kein Wunder, es ist ja noch Hochsaison. Da ist Mallorca voll und teuer.
Vielleicht liegt es am grauen Wetter, vielleicht an der dichten Bebauung der Hügel rundum, dass sich unsere Begeisterung bezüglich dieses Ortes in Grenzen hält. Jedenfalls locken uns jetzt die Berge der Serra mit ihren malerischen Bergdörfern. Vor einigen Jahren verbrachte ich allein ein Kurzurlaub in Cala Ratjada. Von dort fuhr ich mit dem Bus ins berühmte Valdemossa. Ich war beeindruckt von dem Kloster „Cartuja de Valdemossa“, in dem im Winter 1838/39 der lungenkranke Frederic Chopin mit seiner Geliebten George Sand eine katastrophale Zeit erlebte, die Madame Sand in ihrer Geschichte „Ein Winter auf Mallorca“ verewigte. Das nasskalte Klima machte dem genialen Komponisten schwer zu schaffen, doch immerhin entstand in der kleinen Klosterzelle mit dem Gärtchen davor und dem herrlichen Ausblick auf´s Tal auch das bekannte „Regentropfen-Prälude“.
Dieses Kloster, in dem einst die schweigsamen Kartäusermönche lebten und das schöne Dorf möchte ich Heinz unbedingt zeigen.
Boote in Andratx vor den Bergen
Es stimmt, was im Reiseführer steht: „… die Straße verläuft auf den Klippen mit schwindelerregender Aussicht.“ Auf den terrassierten Hängen wachsen die knorrigsten Olivenbäume, die ich je gesehen habe. Und das sind mittlerweile sehr viele! Die Häuser der Dörfer sind aus dem braunen Gestein der Berge gebaut und fügen sich nahtlos in die Landschaft ein. Der Himmel wird zunehmend blauer und gibt den Blick auf die hohen Gipfel frei.
Leider haben wir uns in Andratx zu lange aufgehalten und schaffen in Valdemossa nur die Klosterbesichtigung. Doch immerhin kommen wir gerade rechtzeitig zum kurzen Klavierkonzert, das täglich zur Erinnerung an den polnischen Komponisten dargeboten wird. Wenn es uns vergönnt ist, werde ich Heinz im nächsten Jahr auch die engen, blumengeschmückten Gassen von Valdemossa zeigen.
Talblick
Chopins Hand: Begnadete Hände
Als wir uns am Abend zum Abendessen versammeln, haben alle viel zu berichten. Jakob ist tatsächlich die Wasserrutsche hinunter gesaust und fand es toll! Nicky genügte die Bootsfahrt auf bewegter See, die er im Gegensatz zu einigen anderen Passagieren ohne Seekrankheit überstanden hat.
Noch einen Tag haben wir das Auto zur Verfügung. So können wir alle gemeinsam die Inselhauptstadt besuchen. Zuerst besichtigen wir die gotische Kathedrale La Seu, in der aber auch Antoni Gaudi seine Spuren hinterlassen hat.
Kathedrale von See
Jakob ist fasziniert von meinem Audio Guide. Leider kann er den hier beigesetzten Königen Jakob II. und Jakob III. nicht Buenos dias sagen, da ihre Gräber unzugänglich sind.
Nicky, unser Sängerknabe, möchte vor dem Sankt Martin Standbild das Martinslied hören. Im Flüsterton singe ich: „Sankt Martin, Sankt Martin, Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind…“.
Mit dem Bollerwagen geht es anschließend durch die verwinkelte Altstadt, zu den Arabischen Bädern und über die prächtige „La Rambla“. Begehrliche Blicke der uns begegnenden Familien folgen dem einzigen faltbaren Bollerwagen in La Palma.
Mit dem Bollerwagen über La Rambla
Am Freitagmorgen stehen wir in der Schlange bei „HIPER“, um den Mietwagen abzugeben. Plötzlich kommt ein Mitarbeiter, fragt, ob der Wagen vollgetankt ist und verschwindet mit dem Autoschlüssel. Kurz darauf erscheint eine Mitarbeiterin, fragt, wer einen Wagen zurückgeben will, schaut kurz in die Formulare, gibt sie uns zurück und sagt: „Alles okay!“ Ist es ja auch, aber dass sie noch nicht mal einen Blick auf den Wagen werfen will, erstaunt uns doch sehr nach dem Affentheater in Sant Carles de La Rapita.
Leider ist heute kein gutes Badewetter. Ein Ausflug wäre schön. Doch in der „Familienkutsche“ ist nur noch ein Platz frei. Großzügig überlässt mir Opa Heinz den Platz. Während wir uns auf der Rückbank mit „Köfferchen packen“ und „Ich sehe was, was du nicht siehst“ die Zeit vertreiben, steuert Dirk den Wagen nach Inca. Hier werden die bekannten „Camper Schuhe“ gefertigt. In einer großen Halle bietet die Firma die teilweise gewagten Kreationen zu reduzierten Preisen an. Für mich mit der gängigen Schuhgröße 39 ist nichts Passendes dabei.
Dann fahren wir in Mallorcas östlichste Ecke. In Arta machen wir einen Stadtbummel mit Eisdielenpause (Schlumpfeis), in Capdepera klettern wir die vielen Stufen hinauf zur Burg aus dem 13. Jahrhundert , wo Nicky die Drachen aus ihren Schlupfwinkeln vertreibt, bevor sie Mama und Oma gefährlich werden können.
Zurück in Porto Petro berichtet uns Opa Heinz, dass es hier und ganz besonders in Palma unwetterartige Regenfälle gegeben hat. Als wir nach dem letzten gemeinsamen Abendbrot noch einen Abschieds- Cocktail in der Dachterrassen-Bar genießen wollen, sind alle Stühle und Tische in der Mitte zusammengeschoben, die Kissenstapel regensicher abgedeckt. Also geht es ohne „Absacker“ ins Bett.
Am nächsten Morgen, es ist Samstag, der 5. September, bringt uns Dirk zur Fähre nach Palma. Der Himmel ist bedeckt, die Cafeteria kalt wie ein Kühlschrank. Mallorca verschwindet schnell im Kielwasser, irgendwann taucht Ibiza an Backbord auf. Um 19:30 Uhr sind wir wieder in Valencia, erwischen das einzige Taxi und begrüßen unsere Anima mea unversehrt am Ponton A.
Wir sind wieder zu Hause!