09.07.2015 – Von West nach Ost

Im „MasyMas“- Supermarkt in Villajoyosa sind die Kakerlaken- Köder  ausverkauft. Die kommen hier anscheinend reichlich zum Einsatz!

Rund um das Marinagelände geben die Marineros den braunen Plagegeistern keine Chance. Wenn sie nicht gerade beim Festmachen helfen, kehren sie penibel jedes Eckchen auf den Stegen und Wegen. Doch in der Damendusche „for owners only“ prangt ein Prachtexemplar von Schabe im offenen Mülleimer. Und das am helllichten Tag! Na ja, ich sollte diese Dusche ja eigentlich auch nicht benutzen und gehe nebenan beim „Transitvolk“ unter die Brause.

Am nächsten Morgen werfe ich einen neugierigen Blick in den Mülleimer der exklusiven  „Owner-Dusche“. Die Schabe thront  immer noch auf dem Papierhaufen! Wahrscheinlich ist sie inzwischen verendet. Es ist also offensichtlich nicht geputzt worden, obwohl  sich „Angela“  täglich mit Datum und Unterschrift in die Liste am Eingang einträgt.

Angewidert gehe ich nach nebenan. Doch was liegt denn da auf dem Boden? Beim Blick um die Ecke erkenne ich einen menschlichen Körper. Der Kopf ist für mich verdeckt, weil er in der Toilettenzelle liegt, der Rest der Person liegt ausgestreckt zwischen Toilettentür und Waschbecken im Vorraum. Ich stelle mich schon darauf ein, einer ohnmächtigen Spanierin Beistand leisten zu müssen, da erkenne ich, dass es sich um einen jungen Mann handelt. Nur mit einer Unterhose bekleidet liegt er auf dem nackten Fliesenboden, das Handtuch um den Hals. Er atmet ruhig. Nichts Erbrochenes, kein Blut, keine Verletzung! Doch er wacht auch nicht auf!

Draußen suche und finde ich einen Marinero. Er versteht, dass ich irgendwie  Hilfe brauche und folgt mir in die Damendusche. Verdutzt schaut er auf die Gestalt, die ihre Lage bisher nicht verändert hat. Dann spricht er den „Chico“ mehrmals laut an. Ganz langsam kommt dieser zu sich. „Was machst du hier?“ ist die Frage des Marineros. „Ich schlafe,“ murmelt der Chico. „Du liegst hier auf dem Boden in der Damendusche,“ herrscht ihn der Marinero an. El chico kann sich kaum aufrappeln. Mehrmals fordert der Marinero ihn lautstark auf, endlich aufzustehen. Schließlich schafft es der Junge, grinst mich verlegen an und verschwindet aus dem Gebäude. Der Marinero entschuldigt sich bei mir. „Schon gut!“, aber die Cucaracha im Mülleimer zeige ich ihm dann doch noch. Angeekelt packt  der Marinero sie mit einem Stück Klopapier und spült sie in der Toilettenschüssel hinunter.

Am nächsten Morgen liegt auch in der mir zugewiesenen Duschabteilung eine tote Küchenschabe auf dem Rücken. Hier halte ich es nicht mehr lange aus! Am Dienstag, dem 7. Juli haben sich Wind und Wellen endlich so weit abgeschwächt, dass wir in Richtung Moraira auslaufen können.

Der Motor klappert heute wieder sehr stark. Es geht uns durch Mark und Bein, aber leider haben wir nicht genug Wind zum Segeln. Unser Blick fällt auf einen Berg, der aussieht wie ein mit offenem Mund schlafender Riese.

Der schlafende Mann von Benidorm

Der ohnmächtige Riese von Benidorm

Hinter der nächsten Felsnase können wir uns dann auch erklären, was den steinernen Kerl aus den Socken gehauen hat. Benidorm alias „Klein Manhattan“ taucht auf! Das also ist der berühmte Ferienort, Inbegriff des spanischen Urlaubsvergnügens an der Costa Blanca!

Benidorm alias Klein Manhattan

                                                                                                          Benidorm alias „Klein Manhattan“

„Da legst di nieder!“ rufe ich dem Riesen zu und fotografiere schnell noch die schwimmende Käseecke „Isla de Benidorm“ an Steuerbord. Die ist einfach zu klein, als dass man darauf auch noch ein Hochhaus hätte bauen können.

Isla de Benidorm

Isla de Benidorm

Die steil aufragenden  Felswände, an denen der Blick  jetzt  hochwandert, sind allerdings viel imposanter als jedes Hochhaus.  Karg und knochentrocken ragen sie aus dem Wasser, unterbrochen von einer einzigen grünen Stelle. Dort, wo ein kleiner Wasserfall ins Meer hinunter stürzt,  finden wenige Büsche und  Bäume einen Überlebensraum in dieser braunen Wüste.

Zwischen Benidorm und Calpe

                                                                                                    Felswand zwischen Benidorm und Calpe

Wasserall

Wasserfall

Endlich kommt etwas Wind auf, und wir können segeln. So erreichen wir den Null-Meridian. An Backbord liegt die „Marina Greenwich-Luis Campomanes“. Doch wir wollen ja noch weiter! Aber ab sofort  müssen  wir wieder  das E für „Ost“ in unserem Standort notieren.

Auf dem Null-Meridian

Auf dem Null-Meridian

Ganze 35 Minuten dauert das Segelvergnügen, dann ist der Wind wieder „wie weggeblasen“. Segeln im Mittelmeer ist schon so eine Sache! Entweder haben wir zu wenig  Wind oder Wind aus nördlichen Richtungen (also von vorne)  und/oder zu starken Wind. Das größte Problem ist aber nicht der Wind, sondern die grobe See, die sich im Nu aufbaut.

Wir starten den Motor,  rollen die Genua ein und lassen das Groß stehen. Das verschafft uns eine stabilere Lage im elenden Wellengeschaukel. Um 14:00 Uhr kreisen wir im Hafenbecken des Club Nautico der Moraira. Auf dem Steg steht ein Marinero. Er ruft uns zu, dass wir über Funk nach einem freien Liegeplatz fragen müssen. Gesagt, getan! Um 14:10 Uhr machen wir an einem schönen Liegeplatz im Hafeninnern fest. Anima mea hat einen sehr hübschen Artgenossen an ihrer Seite.

Hübsche Nachbarschaft in Moraira

Hübsche Nachbarschaft in Moraira

Mit dem kann sie sich nett unterhalten, während der Käpt´n mit mir die versprochene Paella (gibt´s immer nur für mindestens zwei Personen) im Restaurant neben dem edlen Gebäude des Club Nautico verspeist.  Obwohl er Reis als essbares Styropor abtut, mundet ihm das spanische  Gericht mit Garnelen (für mich) und Hühnchen (für ihn) sehr gut!

Paella Mixta für zwei

Paella Mixta für zwei

Clubhaus des Club Nautico in Moraira

Clubhaus des Club Nautico in Moraira

Moraira entpuppt sich als sehr eleganter Ort. Die Hügel sind mit ansehnlichen Ferienhäusern bebaut. Dazwischen leuchtet viel gepflegtes Grün. In den einladenden Restaurants und Bars verkehrt betuchtes Publikum. In der Marina liegen die großen Yachten reicher Spanier und Ausländer, darunter meist Belgier, Briten und Deutsche. Entsprechend gesalzen ist die Hafengebühr. Erstmalig müssen wir in Spanien über 40 Euro pro Tag berappen. Dafür gibt es ein schönes Ambiente, doch die dringend benötigte Waschmaschine fehlt im Hafen. Der sehr entgegenkommende Hafenmeister erklärt mir auch, warum: „Unsere Kunden haben meist eigene Häuser in der näheren Umgebung. Sie kommen für zwei oder drei Tage zu uns und fahren dann wieder zurück. Gewaschen wird zu Hause.“ – Na, dann habe ich wenigstens Zeit, ein Bad im Mittelmeer zu nehmen! Gleich neben dem Hafen gibt es eine kleine Badebucht, in der sich nur wenige Menschen tummeln. Das Wasser ist kristallklar und 24 Grad warm. Durch den hohen Salzgehalt trägt es den Körper, ohne dass man sich beim Schwimmen groß anstrengen muss. Bei der Hitze ein herrliches Vergnügen!

Der hohe Preis und das volle Schmutzwäschefach veranlassen uns, am nächsten Tag nach Denia zu segeln. Von den Tücken der Kaps, die auf dem Weg dorthin zu umrunden sind, hatte mir der nette Hafenmeister schon bei der Anmeldung erzählt. Doch der Wetterbericht, den er mir gab, versprach für den Morgen kaum Wind und ruhige See. „Wenn Sie auf den richtigen Wind zum Segeln warten wollen, kann das lange dauern,“ hatte er mir gesagt und dabei noch geschildert, wie unterschiedlich  die Winde vor und hinter den Kaps wehen.

Um 9:00 Uhr verließen wir die schützende Bucht vor Moraira. Schon eine Viertelstunde später begann es aus Nordwest zu blasen. Schnell wurden die Segel hochgezogen und der Motor abgestellt. Es ging ab wie die Post! Aus den vier bis fünf Windstärken wurden ganz schnell sechs. Genua und Groß mussten gerefft werden. Trotzdem war noch zu viel Druck auf dem Ruder, und der Kurs auf Denia konnte auch nicht gehalten werden. Es war absehbar, dass Denia nur mittels Kreuzschlag gegen eine mächtig heranrollende See erreichbar würde. Dann steigerte sich der Wind auf sechs Bft und Reff zwei war fällig. Gefrustet wendeten wir und liefen nach Moraira zurück. Nun erhielten wir einen Platz an der neuen Hafenmauer. Ich hasse solche Plätze mittlerweile, weil sie nach Auskunft erfahrener Segler gute Einstiegsmöglichkeiten für Kakerlaken und Ratten bieten. Wir haben aus diesem Grunde auch den Verdacht, dass wir uns die Schaben in Cartagena an Bord geholt haben, wo wir auch an der Hafenmauer anlegen mussten. Also  starteten wir am nächsten Tag einen neuen Versuch. Der Käpt´n meinte zwar, es sei nicht sein Tag, weil er beim Einsteigen am Bugspriet ausrutschte und sich eine fiese Prellung in der Leistengegend zuzog. Doch der Hafenmeister reduzierte nach dem Prinzip „Jeden Tag eine gute Tat“ unseren Tagessatz um 4,39 Euro und entließ mich mit den Worten: „Heute geht es!“

11.IMG_1398

Am Donnerstag will mein Süßer mit mir segeln gehen, ….

Er sollte Recht behalten! Der Ostnordost drehte zunehmend über Ost auf Südost, verstärkte sich allmählich von drei auf fünf Bft, doch da er von Achtern drückte, war´s kein Problem. Cabo de la Nao und Cabo de San Antonio wurden ohne Schwierigkeiten gerundet.

Cabo de la Nao

Cabo de la Nao

In Denia, wo es mehrere Marinas gibt, erhielten wir über Funk beim Club Nautico  einem Liegeplatz , luftig am Ende des Steg 3 gelegen, mit bester Aussicht auf die hübsche Umgebung. Ich war auf alles gefasst, als ich an der Rezeption zwei Nächte buchte und traute meinen Augen kaum: 52,74 Euro….Für zwei Nächte wohlgemerkt!

Denia

                                                                                                                    Denia mit Abendwolke

Wer denkt sich hier in Spanien eigentlich die Preise aus? Senior Willkür vielleicht? Ich wette, der hat auch die Baugenehmigungen für die vielen Bauruinen erteilt, die oft genug die beeindruckende Landschaft verschandeln .

 

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