Die Seenomaden sind wieder zu Hause!
Das lange, graue Winterhalbjahr ist vorbei. Wir sind wieder im sonnigen Süden, haben unsere komfortable Wohnung gegen die geliebte Enge auf unserer Anima mea eingetauscht, kramen ständig das Unterste zu Oberst, wenn wir etwas in einer Schublade suchen, tragen in Listen ein, was sich in Schapps und Backskisten drängt , sortieren Altes aus und Neues ein….
Und wir wischen und waschen, streichen und polieren, scheuern und schrubben, bis die Haut an den Händen rau und rissig wird, während unser Schiff in neuem Glanz erstrahlt. Wir rennen wieder durch die Gegend , schleppen mit dem Rucksack auf dem Rücken, dazu in jeder Hand einen Beutel alles an Bord, was Schiff und Mannschaft benötigen. Wir fallen spät abends todmüde in die Koje und schlafen wie in Abrahams Schoß. Am nächsten Morgen ist wieder etwas von unserem Winterspeck geschmolzen, der Muskelkater verzieht sich langsam , und wir werden zunehmend beweglicher und entspannter.
Portugal nimmt uns freundlich auf. Am 11. April landen wir glücklich mit German Wings in Faro. Die Sonne scheint, das Meer ist blau, alles grünt und blüht. Vom Flughafen aus bringt uns ein Taxi zum Bahnhof. Der Fahrplan vom vorigen Jahr hat sich nicht verändert. Gerade ist der Zug nach Lagos abgefahren. Was soll´s! Wir setzen uns im Bahnhof auf eine Bank, genießen die Sonne, das Vogelgezwitscher und beobachten die Leute. Noch sind nicht viele Touristen hier und wenn ja, sind es meist Briten. Nach 1 ½ Stunden steigen wir in den Zug nach Lagos, zuckeln durch die altvertraute Landschaft und entdecken Altes neu. Der Zug hält an jeder Ecke, die Fahrt dauert 1 ¾ Stunden und es ist schon dunkel, als wir in Lagos ankommen. Die Uhr haben wir längst eine Stunde zurückgestellt. In Deutschland ist es jetzt bereits 21:18 Uhr.
Mit German Wings nach Faro
Bahnhof Faro
Um die Ecke, bei der Schiffswerft „Sopromar“ steht unser Schiff an Land. Was wird uns dort erwarten? Werden die Möwen unser gutes Stück belagert oder gar als Toilette missbraucht haben? Wird innen alles muffig und schimmlig sein? Womöglich haben sich diese ekligen Kakerlaken in unserem Bettzeug eingenistet! Oder hat der Sturm gar unsere alte Kuchenbude – die neue hatten wir natürlich wieder abgebaut- in Fetzen gerissen?
Noch müssen wir uns gedulden. Es ist Wochenende und wir können nicht auf das eingezäunte Sopromar-Gelände. Zunächst müssen wir unsere Ferienwohnung finden, die wir für die ersten neun Tage im Internet gebucht haben. Mit dem schweren Gepäck schieben wir los. Wir haben natürlich eine Wegbeschreibung, aber schon am zweiten Kreisverkehr biegen wir falsch ab. Müde und erschöpft irren wir durch fast menschenleere Straßen. Wie gut, dass es Hunde gibt, die noch spät abends Gassi gehen müssen. Herrchen und Frauchen (Briten natürlich) bringen uns auf den rechten Weg. Der ist leider sehr beschwerlich. Es geht steil bergauf zum „Vita Sol Park“, wo wir vor einer verlassenen Rezeption stehen. Wir sehen uns schon die Nacht auf der Wiese verbringen, da kommt eine Gestalt aus dem dunklen Rezeptionsgebäude und fragt nach unserem Namen. Man hat uns tatsächlich erwartet! Der gute Mann vom Sicherheitsdienst bringt uns zu unserem Block 10, Apartment 11 im ersten Stock.
Die Wohnung ist groß, hat eine in den Wohnraum integrierte Küchenzeile, ein Schlafzimmer und ein Bad. Dazu ein großer, überdachter Balkon, den man rundum mit Markisen gegen den oft heftig blasenden Nordwind abschotten kann. Da fliegt der Wäscheständer auch nicht weg, denn der wird in den nächsten Tagen ständig in Gebrauch sein. Wie auch die Waschmaschine, das Bügelbrett und das Bügeleisen, die ebenfalls zur Wohnungsausstattung gehören. Wichtige Utensilien, wenn Segler ihr Boot nach dem Winterlager klar machen wollen! Ein Backofen findet sich ebenfalls in der Küchenzeile. Doch der wird von uns weniger zum Backen als vielmehr zum Heizen verwendet. Der Fliesenboden in der Wohnung strahlt nämlich eine Kälte wie im Eiskeller ab, so dass gleich morgens mangels Heizung der Backofen voll aufgedreht wird. Mit geöffneter Tür bewahrt er uns am Frühstückstisch vor dem sicheren Kältetod. Aber sonst gibt´s nichts zu meckern. Das Apartment ist sauber, die gesamte Anlage gepflegt. Es ist ruhig, da noch nicht viel los ist, und der Blick in die hügelige Landschaft ist jeden Tag eine Augenweide. Und nicht zu vergessen: Der günstige Preis und der kurze Weg zur Werft und zum Supermarkt, allerdings mit dem steilen Anstieg nach getaner Arbeit bzw. getätigtem Einkauf.
Vita Sol Park
Blick vom Balkon in die Hügellandschaft
Am Sonntag wandern wir zunächst hinunter zur Marina. Wir begrüßen Franz und Heidi von der Albatros. In den nächsten Tagen werden wir mit ihnen die beiden Spiele von Bayern München gegen Porto anschauen.
Am Montag können wir endlich zu unserem Schiff. Es hat sich viel getan auf dem Sopromar-Gelände. Das neue Firmengebäude ist fertig. Stolz führt uns die Chefin persönlich von der Rezeption aus durch den großen Schiffszubehör-Laden, zeigt uns die geschmackvollen neuen Gästewohnungen, die allerdings einen Tick teurer sind als unser Drei-Sterne-Apartment und präsentiert uns abschließend noch die neuen Sanitäranlagen. Sie stehen den Kunden zur Verfügung, die an ihren Schiffen arbeiten und währenddessen oft auch auf ihnen leben. Im Firmengebäude befindet sich sogar das sehr empfehlenswerte Restaurant „Tasca do Kiko“, in dem leckerste Tapas serviert werden. Ein blühendes Familienunternehmen, dieses „SOPROMAR“ (www.sopromar.com) mit einem Ableger in Portimao. Die freundlichen und kompetenten Mitarbeiter dieser Werft erledigen alle erforderlichen Arbeiten an den untergestellten Schiffen aus aller Welt. Man ist hier wirklich gut aufgehoben, was natürlich auch seinen Preis hat. Aber kein Vergleich zu England, wo ein Landliegeplatz für uns unerschwinglich war.
Im neuen Sanitärgebäude von Sopromar
Dann stehen wir endlich vor unserem Schiff! Sieht erstmal gut aus. Die Leiter vom letzten Jahr liegt auch noch neben dem Kiel. Wir klettern hinauf. Die Kuchenbude ist voller Möwenschiet. Der lässt sich aber abbürsten. Das olle Segel, das Heinz über das Vorschiff gespannt hatte, ist staubig und hat viel von dem Dreck abgehalten, der bei den Bauarbeiten auf dem Werftgelände aufgewirbelt wurde. Doch trotzdem ist das Deck ganz schön schmutzig. Wir kriechen in die Kuchenbude, öffnen das Schott. Kein Muff schlägt uns entgegen! Kein Ungeziefer krabbelt über das an kreuz und quer gespannten Leinen hängende Bettzeug.
Ich wurschtle mich zwischen den Bettdecken und Kissen hindurch ins Bad und zur Vorschiffkoje. Alle Schränke (wir hatten die Türen aufgelassen) sind trocken, obwohl wir keine Entsalzungsgefäße aufgestellt hatten. Noch nicht mal das Salz im Vorratsschrank ist klumpig! Allerdings hatten wir eine Lucke „auf Ritze“ gestellt offen gelassen, so dass die Luft zirkulieren konnte.
Endlich am Schiff!
Die Räuberhöhle
Doch bei der genaueren Inspektion zeigt sich, wie viel Arbeit uns in den nächsten Tagen erwartet. Hier eine Chronologie der Ereignisse:
Montag, 13.April: Deck mit Teakcleaner und Bürste gereinigt. Bettzeug zur Wohnung geschleppt und gewaschen.
Dienstag, 14. April: Rumpf gereinigt und poliert. Vorschiff in Ordnung gebracht (Stauraum unter den Kojen gesichtet, neu geordnet und auf einer Liste festgehalten, von der Decke bis zum Fußboden gereinigt.
Mittwoch, 15. April: Unterwasserschiff gestrichen. Bad gereinigt, neue Klobürste für fünf Euro im Chinaladen erstanden und eingebaut, Kleiderschrank ausgeräumt, gesäubert. Schmutzige Kleidung in der Wohnung gewaschen.
Donnerstag, 16. April: Salon rundum gereinigt. Schapps ausgewischt, neu eingeräumt. Bücherbord neu geordnet (alte Handbücher raus, neue rein). Alte Kuchenbude abgebaut, gesäubert, verstaut.
Mit einem Wisch ist noch lange nicht alles weg!
Im Chinaladen wartete die optimale Anima mea-Klobürste auf ihren Einsatz an Bord.
Strahlend und neu bestückt: Das Bücherbord
Freitag, 17. April: Motor startklar gemacht. Cockpit grob gereinigt. Alle Backskisten ausgeräumt und neu geordnet. Die alte Kuchenbude und der Segelsack mit dem Genacker fanden hier einen neuen Platz, dafür flog der sperrige Petroleumheizer von Niemeyer raus und beglückte einen netten Mitarbeiter von Sopromar.
Samstag, 18. April: Kartentisch neu eingeräumt, alle Schubladen aus- u. eingeräumt, Küche gereinigt. Teak-Deck mit UV-Schutz behandelt. Erste Reisetasche an Bord gehievt, Inhalt eingeräumt. Teppich mit Schaumreiniger behandelt.
Sonntag, 19. April: Zweite Reisetasche an Bord gehievt, Inhalt eingeräumt. Cockpit gesäubert. Fender gereinigt. Teppich abgesaugt, mit Klebeband fixiert, Tisch montiert.
Montag, 20. April: Krantermin um 11:00 Uhr. Wir fahren in die Marina und checken ein. Jetzt liegen wir an Steg B, Platz 7.
Vor dem Kranen werden noch schnell die letzten Stellen mit Unterwasserfarbe behandelt.
Wir schweben ins Wasser!
Bis heute haben wir noch eine Menge weiterer Dinge erledigt, z. B. Cockpit mit Teakcleaner behandelt, Gelcoat im Cockpit gewachst, elektronische Instrumente eingebaut usw, usw….
Währenddessen lässt draußen der Frühling sein blaues Band flattern durch die Lüfte.
Die Sonne ist schon sehr warm, doch der Nordwind weht kalt. Manchmal fallen ein paar Regentropfen aus dicken Wolken, die sich schnell verziehen. Die wenige Feuchtigkeit lässt die Natur explodieren.
Eine Storchenfamilie von vielen
Wilde Orchidee
Die Mandelbäume setzen Früchte an
Blumenmeer
Am Wegesrand gepflückt
Nun warten wir auf einen windstillen Tag. Dann werden noch die Segel aus ihren Säcken geholt und angebracht
Und dann schau´n wir mal, wie es weitergeht.
Vielen Dank für den tollen Bericht. Für die kommende Saison alles, alles Gute, vor allem Gesundheit, Kraft und Mut. Wir freuen uns schon auf die nächsten Berichte.
Viele schöne Erlebnisse, nette Leute und immer eine Hand breit Wasser unter dem Kiel.
Herzliche Grüße aus dem trüben Hamburg von
TBS Hütgens (vormals PMS Dose)
Jürgen Hütgens und Frau
Liebe Grüße zurück ins trübe Hamburg, unsere Perle!
Ich liebe diese Naturbilder …Wunderbar der STorch und die schönen Pflanzen und Blüten.
Sie entführen mal in eine andere Welt, weg von diesem dunklen Ruhrgebiet. ich schaue sehr gerne eure Fofos. Da lebe ich auch ein Stückchen Urlaub…………. liebe Grüße Sylvia
Liebe Grüße zurück!