Portugal ist umrundet!
Am Freitag, d. 05.09. segelten wir bei ordentlich Wind und Welle in den Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien und liegen seitdem in der portugiesischen Marina von Vila Real de Santo Antonio.
Nach Portimao ging es zunächst an der bizarren Küste der Felsalgarve entlang zur Touristenhochburg Vilamoura.
Fotomotive ohne Ende: Die Algarveküste östlich von Portimao
Dieser Ort mit der größten Marina der Algarve wurde 20 Seemeilen östlich von Portimao auf dem freien Feld aus dem Boden gestampft. Schon bei der Annäherung an diesen künstlichen Ort hatten wir sehr gemischte Gefühle hinsichtlich dessen, was uns dort wohl erwarten würde.
Touristenhochburg Vilamoura
Die Marina Vilamoura – www.marinadevilamoura.com – feiert in diesem Jahr ihr 40jähriges Bestehen und weist in ihrem Hochglanzprospekt darauf hin, Jahr für Jahr bei den Preisverleihungen Publituris Portugal Trade Awards als „Der Beste“ prämiert zu werden. So liefen wir mit hohen Erwartungen den Besuchersteg an. Hinter dem Tresen der Rezeption saßen drei schick zurechtgemachte Damen am Computer. Wir bekamen einen Platz an Steg L, ganz tief im Hafenbecken. Hier lagen wir hautnah an allem, was offensichtlich alle Vilamoura-Liebhaber schätzen: Teure Restaurants, teure Geschäfte, teure Cafes und Bars in der ersten Reihe. In der zweiten Reihe Apartmenthäuser und Hotels: Hoch, höher, am höchsten. Trotz Hafenplan hatten wir Mühe, im Labyrinth der Lokale die Sanitäranlagen zu finden. Diese waren allerdings Spitzenklasse! Die Motor- und Segelyachten um uns herum: Groß, größer, am größten. Das Publikum, das durch die Gastronomie- und Shoppingmeile flanierte, war dem „edlen Ambiente“ angepasst. Am Abend wurde bis in die späte Nacht gefeiert. Laserpointer tanzten über Masten und Mauern, Discorhythmen erfüllten das moderne Amphitheater. An Ruhe war nicht zu denken. Doch wer kommt schon nach Vilamoura um zu schlafen! Wir jedenfalls suchten am nächsten Morgen das Weite. Überflüssig zu sagen, dass diese Marina auch die teuerste in ganz Portugal war.
Bei drei bis vier Bfd segelten wir mit halbem Wind und wenig Welle der erhofften Ruhe entgegen, denn unser nächstes Ziel war eine Lagune, in der wir ankern wollten. Bereits in unserem Handbuch „Atlantikküste-von Lissabon bis zur Straße von Gibraltar“ von Volker Lipps , 1. Auflage 2000, DSV Verlag (Nochmals vielen Dank für diesen wertvollen Revierführer, liebe Elke!) hatten wir den Ankerplatz in der Ria Formosa zwischen Faro und Olhao entdeckt. Auch in Lagos war er uns von Seglern empfohlen worden. Und so freuten wir uns schon auf die Stille und Einsamkeit dieser „einzigartigen Salzlagunenlandschaft, wie sie in Europa ihresgleichen sucht“. Nach 17 Seemeilen war der Segelspaß (leider) schon beendet und wir steuerten vorsichtig zwischen den Untiefen hindurch in die Lagune bis zum Ankerplatz „Praca Larga“ vor der Insel Ilha da Culatra. Hier lagen bereits um die 40 Yachten aus aller Herren Länder, und es war schwer, noch ein gutes Plätzchen zu finden.
Die Ria Formosa zwischen Faro und Olhao
Das Ankerfeld – Unser Fiffi (Windgenerator) füllt die Batterien tüchtig bei 5 -6 Bfd
Den Fischern schienen die Ankerlieger ein Dorn im Auge zu sein. Jedenfalls steuerten sie mit hohem Tempo und sogar in der Dunkelheit zwischen den Yachten hindurch, fischten sogar zwischen ihnen! Das störte mehr als die Flugzeuge, die im Landeanflug auf Faro über uns hinweg flogen. Abends setzte dann auch noch der übliche Nachmittagswind mit fünf bis sechs Bfd ein und brachte Anima mea ordentlich zum Schaukeln. Doch der Anker hielt der Belastungsprobe stand und abends war der Spuk wieder vorbei, so dass wir eine ruhige Nacht verbrachten. Auch den nächsten Tag blieben wir noch. Morgens war es praktisch windstill und ein unangenehmer Geruch Marke Kloake zog durch den offenen Niedergang in den Salon. War das etwa der Preis, den die Lagune für die Ankerlieger zahlen musste? Jedenfalls mochten wir hier nicht baden und ein bisschen Verständnis für die Fischer entwickelten wir auch.
Am Freitag, d. 05.09. verließen wir etwas enttäuscht die Ria Formosa und segelten wieder mit dem passenden Wind weiter zum östlichen Ende von Portugal. Bei der Einfahrt in den Grenzfluss Rio Guadiana frischte der Wind ordentlich auf und es war gar nicht so einfach, bei der starken Strömung des Flusses den vielen Flachs neben dem betonnten Fahrwasser auszuweichen. Kurz vor der Marina von Vila Real de Santo Antonio am portugiesischen Ufer wurden die Segel geborgen. An der Einfahrt zum Hafen winkte uns schon ein Mitglied des Hafenpersonals an einen Platz an der Innenseite der Außenmole. Und dann die Überraschung! „Black Butterfly“ war auch hier, die „Ausies“ sprangen von Bord und halfen gleich beim Festmachen. Sie waren bereits in Gibraltar und sind jetzt auf dem Rückweg nach Lissabon, wo eine Crew an Bord kommt, die mit dem Eigner, der bereits bei der ARC angemeldet ist, über den Atlantik in die Karibik segeln wird.
Eine alte Bekannte: Die Black Butterfly
Bemerkenswert ist das „Möwenabwehrsystem“ auf dem Steg. Es besteht aus zickzackartig gespannten Drähten mit Silberfolienstreifen und Mobiles, die sich im Wind drehen. Auf einigen Elektrosäulen sitzen Eulenattrappen, die mit dem Kopf wackeln und die Möwen erschrecken sollen. Aus anderen Elektrosäulen ertönen als Warnung an die lebendigen Artgenossen immer wieder herzzerreißende Schmerz- und Warnschreie von Möwen. Doch Möwen sind ja nicht blöd! Sie haben längst kapiert, dass alles nur Show ist. So hilft letztendlich nur das Abspritzen der Stege mit viel Wasser, um die Spuren der Vögel zu beseitigen.
Möwenabwehrsystem mit Glitzerfolien und Mobiles
Eulen als „Möwenschreck“
Nach der Anmeldung in der Rezeption schauten wir uns den Ort an. Schachbrettartig angelegt, erinnert er an die Lissaboner Baixa. Kein Wunder, denn nach dem großen Erdbeben von 1774 wurde die Stadt ebenfalls nach Plänen des Bauministers Marques de Pombal neu errichtet. Da auf der anderen Seite des Flusses Spanien beginnt, konnte der portugiesische Politiker dem potentiellen Gegner mal so richtig zeigen, was ´ne Harke ist. In nur fünf Monaten wurde der schmucke Ort komplett neu errichtet. Der Platz in der Mitte des Schachbretts ist natürlich dem Bauminister gewidmet.
Der Markplatz
Entlang der schnurgeraden schmalen Straßen reihen sich die Häuser mit Restaurants, Cafes und Geschäften, in denen überwiegend preisgünstige Textilerzeugnisse angeboten werden. Eine gemütliche Kleinstadt, die überwiegend von Spaniern besucht wird, um hier preisgünstige Schnäppchen zu machen.
Textiltempel
Nach dem Kulturschock in Vilamoura gefiel uns dieses urige Städtchen richtig gut. Und Glück hatten wir auch noch, denn ausgerechnet an diesem Wochenende sollte eine typische portugiesische „Festa“ stattfinden. Das Fest zu Ehren „Nossa Senhora da Encarnacao“ startete am Samstag mit einer Flamencoshow auf der Bühne auf dem Marktplatz. Kleine und große Tänzerinnen und ein Tänzer zeigten, dass sie Pfeffer im Blut und Rhythmus in den Beinen hatten. Wirklich Klasse! Danach spielte eine Zwei-Mann-Band Rock und Pop. Auf dem Markt wurde geschwoft, wir schwoften mit.
Flamenco
Tanz auf dem Marktplatz
In der Nacht regnete es zum ersten Mal seit langer Zeit. Doch schon am Morgen kam wieder die Sonne hervor und wir fuhren mit der Fähre für 1,75 Euro pro Person rüber nach Spanien in die hübsche Kleinstadt Ayamonte. Auch hier liefen die Vorbereitungen für eine Fiesta zu Ehren der „Virgen“, wie die Muttergottes hier genannt wird. Der Bummel durch die Gassen führte uns den Berg hinauf, wo wir abseits der Touristenwege in der Straße San Diego 29 das Restaurant „Meson El Picadero“ entdeckten, in dem wir vorzüglichen Tomatensalat, Thunfischsteak und „Patats fritas“ (Pommes) sowie jeweils zwei Gläser Weißwein und Bier inclusive einer obligatorischen Vorspeise aus Oliven und Brötchen für lächerliche 27,10 Euro aufgetischt bekamen.
Ayamonte/Spanien
Satt und zufrieden schlenderten wir zur Fähre zurück. Gerade rechtzeitig zur Prozession mit der Gottesmutter erreichten wir wieder portugiesischen Boden. Diese startete unter Böllerkrachen an der proppenvollen Kirche und ging durch den Ort über die Uferpromenade zurück zum Marktplatz.
Prozession
Danach machten auf dem Fluss einige geschmückte Boote ebenfalls eine kleine Prozession, allen voran eines mit dem Bild der Senhora am Mast.
Bootsprozession
Um Mitternacht beendete ein prächtiges Feuerwerk über dem Fluss das Fest.
Gleich neben der Marina befindet sich der Busbahnhof. Nur einmal täglich und nur während der Woche verkehrt ein Bus nach Beja, der Hauptstadt des Bezirks Alentejo-Baixo. Mit diesem Bus fuhren wir um neun Uhr 40 Kilometer nach Norden. 8,60 Euro hin und zurück kostete die Fahrt pro Kopf zum Grenzstädtchen Alcoutim. Die schmale Landstraße schlängelte sich bergab und bergauf über die braunen, rundkuppigen Hügel mit den grünen Tupfern aus Pinien, Olivenbäumen und Steineichen. Dazwischen die wie abgestorben wirkenden Mandelbäume, die im Frühjahr die Landschaft in ein blassrosa Blütenmeer verwandeln. Kaum zu glauben, dass dann die ausgedörrte Erde von einem bunten Blumenteppich überzogen sein wird. Doch wir haben es damals, in unserem ersten Portugalurlaub zur Osterzeit mit eigenen Augen gesehen.
Blick von der Burg in Alcoutim über den Rio Guadiana nach Sanlucar/Spanien
Alcoutin ist eine sehr alte Siedlung. Schon seit der Jungsteinzeit lebten hier Menschen. Auch die alten Römer interessierten sich für die Kupfer-, Eisen- und Manganvorkommen in der Gegend. Das abgebaute Erz wurde dann über den Fluss bis ins Mittelmeer und anschließend ins ganze Imperium transportiert. Dann kamen die Westgoten und Araber (5.-13. Jh.), schließlich eroberten die Spanier Alcoutim. Im 14. Jh. führte Kastilien mit Portugal mehrere Kriege, an deren Ende die Könige der beiden Länder auf einem im Fluss ankernden Schiff einen Friedensvertrag schlossen. Mittlerweile hat der Guadiana kaum noch wirtschaftliche Bedeutung. Im grünen Wasser ankern friedlich die Yachten, die bis hierher durch die schöne Landschaft schippern. Zwischen den beiden Orten verkehrt eine kleine Fähre, die es Portugiesen und Spaniern ermöglicht, sich in friedlicher Absicht zu besuchen. Die Festungen in Alcoutim und Sanlucar sind nur noch Touristenattraktion. Ansonsten sind es beschauliche Orte, mit einigen Kirchen und Kapellen bestückt, die leider allesamt geschlossen waren. Mit Bummeln durch die Gassen und über das Burggelände und einem Spaziergang zum Strandbad am Fluss verging der Tag. Pünktlich um 15:50 Uhr kam der Bus aus Beja zurück, die gleichen Fahrgäste, die mit uns hergefahren waren, traten die Rücktour an.
Das Strandbad am Fluss
Morgen verlassen wir das schöne Portugal erstmal und segeln weiter nach Andalusien. Unser Ziel ist die gut 30 Seemeilen entfernte Marina Magazon. Hier quollen in den letzten Tagen immer wieder Wolken am Himmel hoch, heute morgen war es neblig und trüb, doch es ist immer noch angenehm warm. Mal sehen, ob in Spanien die Sonne noch Tag und Nacht scheint. O viva, Espana!