Wir sind in Plymouth and we are not amused!
Am Montag verließen wir das wunderschöne Dartmouth. Es war schwach windig, trotzdem versuchten wir zu segeln. Beim Setzen der Genua merkte Heinz, dass etwas nicht stimmt. Tatsächlich: Das Segel ließ sich zwar ausrollen, ab er nicht wieder einrollen. Der Kapitän turnte nach vorne und versuchte, das Problem zu lösen, doch da entdeckte er, dass an der Trommel etwas abgebrochen war. Es gelang ihm schließlich, die Genua in Handarbeit einzurollen, so dass wir mit gesetztem Großsegel und Motor Richtung Plymouth fuhren. Als wir Saltcombe – da, wo die Millionäre wohnen – passiert hatten, wurde es immer dunstiger. Man konnte die nahe Küste kaum erkennen. Der Wind schlief völlig ein, aber der mitlaufende Strom unterstützte die Motorfahrt, so dass wir nach einem VHF Anruf beim Hafenmeister gegen 19.00 Uhr in Plymouth außen am Pontoon des Plymouth Yacht Haven festmachten. Hier war es recht „schwellig“ und nachdem ich zum Hafenmeister persönlich gegangen war, starteten wir unseren Motor noch einmal, um zu einem ruhigen Platz im Innenhafen zu fahren. Bald entdeckten wir ein deutsches Schiff mit einem jungen Paar und ein schwedisches Schiff mit einem ebenso jungen Paar. Beide Crews hatten das Gleiche vor wie wir: Während der derzeit günstigen Wetterlage über die Biskaya segeln.
Am nächsten Morgen machte Heinz seine übliche Motorkontrolle. Im Motorraum alles trocken. Dann startete er den Motor. Qualvoll versuchte dieser in Gang zu kommen, doch schließlich gab er seinen Geist auf. Wir konnten es nicht glauben! Glücklicherweise waren wir hier in einem Hafen mit diversen Fachbetrieben. Es kam auch gleich ein Monteur, um sich den Motor anzuschauen bzw. anzuhören. Bald schien das Übel erkannt zu sein: Der Grobfilter war völlig verdreckt, der Feinfilter zwar nicht ganz so schlimm, aber schlimm genug. Dabei hatte Heinz erst vor vier Wochen beide Filter erneuert . Nun wurde die Prozedur wiederholt. Leider mit wenig Erfolg. Der Monteur prüfte weiter, doch schließlich – es war bereits Feierabend – brach er seine Bemühungen ab mit der Erklärung, leider habe er bisher noch nie einen marinisierten Mercedesmotor vor sich gehabt, er müsse sich erst kundig machen und werde morgen wiederkommen.
Er kam. Seine Erkenntnis: Es könnte an den Einspritzdüsen oder an der Einspritzpumpe liegen, die durch verschmutzten Diesel verstopft wurden. Fazit: Die Einspritzpumpe wird ausgebaut und in einem Fachbetrieb für Mercedesmotoren abgedrückt. Falls es an ihr liegt, wird sie repariert oder gegen eine neue ausgetauscht. Wenn das allerdings nicht hilft, müsste die Dieselfördelpumpe untersucht werden. Außerdem muss der Dieseltank ausgepumpt und gereinigt werden. Wahrscheinlich haben wir irgendwo verschmutzten Diesel getankt. Zwischendurch kam der Rigger und reparierte die Rollfock für 254,64 Pfund. Wie gesagt: We are not amused!
Ich habe gleich eine E-Mail an unsere Kasko-Versicherung geschrieben, bis heute leider keine Antwort erhalten. Dann habe ich für eine Woche Hafengeld bezahlt, weil das billiger ist, als täglich 30 Pfund zu berappen. Danach habe ich ein Brot gebacken, weil mir die englischen Gummibrötchen nicht mehr munden und ich etwas Ablenkung brauchte. Wir haben das deutsche und dann das schwedische Pärchen verabschiedet. Die Schwedin war so nett, sie hat unsere Barbados-Flagge geschenkt bekommen.
Wir wünschen beiden Crews viel Glück bei der Überfahrt und für die weitere Reise!
Gerne wären wir mitgefahren. Nun sind wir weit und breit die einzigen Ausländer hier. Unsere Gefühle sind heute ganz schön Achterbahn gefahren. Ich habe dann noch eine Pizza gebacken, doch als sie auf dem Teller lag, hat Heinz einen leichten Schwächeanfall bekommen und ich habe sie wieder weggepackt.
Wir müssen unsere Pläne ändern.
Zunächst muss der Motor in Ordnung kommen. Das kann noch dauern, denn wir sind nicht die einzige Baustelle der Firma „Dicky B Marine-Traditional Shipwrights with 30 Years Experience“.
Es wird langsam zu spät, um den Sprung über die Biskaya zu wagen. Deshalb kümmern wir uns um einen Winterliegeplatz, der hier im Vergleich zu Deutschland relativ teuer ist. Aber wir nehmen uns noch einen Monat Zeit, um alles zu regeln. Bis dahin werde ich noch einige Brote und Pizzas backen, um die Vorräte zu reduzieren. Sicher werden wir uns wieder berappeln und dieses schöne Land weiter genießen. Dann werden wir im Oktober nach Hause fliegen und uns wieder an unseren Enkeln erfreuen. Und im nächsten Frühjahr kommen wir wieder hierher und machen weiter. So ist Segeln eben: Freud und Leid liegen nah beieinander.